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Flowertown - Die Sperrzone

Flowertown - Die Sperrzone

Titel: Flowertown - Die Sperrzone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.G. Redling
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zu landen? Lass michraten, steht der Name Carpenter irgendwo in meiner Akte? Er sieht in mir eine große Bedrohung.«
    »Du wirst das nicht bereinigen können, indem du dich aufregst, Ellie.« Guy faltete seine Hände über dem Aktenordner und schaute ihr in die Augen.
    »Aber ich rege mich auf!«
    »Ich weiß.«
    Er ließ die Worte eine Weile lang wirken, bis Ellie die furchtbare Gewissheit dämmerte, die ihre Wangen rot werden ließ. Er hatte ihre Akte gelesen. Er wusste alles. Ihr Hals schnürte sich wieder zusammen, dieses Mal so schnell, dass ihr der Atem pfeifend von den Lippen rauschte und es sich wieder so anfühlte, als würde sie im Boden versinken. Und jetzt wünschte sie sich, dass es so wäre. Ihr Blick wanderte im Zimmer umher. Sie wollte nicht das freundliche Mitleid auf Guys Gesicht sehen.
    »Fick dich.«
    »Ellie, du brauchst dich deshalb nicht zu schämen.«
    »Fick dich.« Ihre Stimme war leise und schnarrend, ihre Kehle zugeschnürt. »Du hast keine Ahnung, wie es damals war. Du und deine kleinen Armeekumpel, die ihr hier hereinrollt, mit euren Abwehrmedikamenten und Privatunterkünften … «
    »Das ist nicht der einzige Grund, warum du gekennzeichnet wurdest … «
    »Du hast nicht die Leichen gesehen. Du hast niemanden verloren.«
    »Ellie …« Er wollte nach ihrer Hand greifen, aber sie rückte mit ihrem Stuhl weg und umklammerte ihre Knie mit weißen Fingern. Durch ihre zusammengepressten Zähne spuckte sie die Worte aus.
    »Du weißt nicht, wie es war, andauernd zu kotzen und zu scheißen und zu beten, dass du sterben würdest. Und wenn die Person neben dir dann starb, dann hast du Gott gedankt,dass es nicht dich getroffen hat, und dann wolltest du wieder, es hätte dich doch getroffen. Und dabei haben uns die Feno-Hurensöhne die ganze Zeit mit Spritzen und Pillen vollgepumpt und uns verwirrt und immer schwächer werdend in unserem eigenen Siff dahinsiechen lassen, und niemand ist gekommen. Niemand hat sich um uns gekümmert. Wir lagen stundenlang nur da und haben versucht, uns gegenseitig zu helfen, wir alle kippten um und wurden ohnmächtig.«
    »Ich weiß, dass es eine furchtbare Zeit war …«
    »Einen Scheißdreck weißt du, Guy.« Ellie wollte sich bewegen, sie wollte rennen, aber ihre Beine erinnerten sich an die Schwäche und an die Krämpfe der frühen Tage der Verseuchung, und ihr Geist konnte diese Erinnerung nicht hinter sich lassen. »Als Mrs McClusky im Sterben lag, war sie ganz furchtbar am Ersticken. Sie konnte nicht schlucken, ihre Zunge war geschwollen und sie schrie vor Schmerzen, aber sie konnte keinen einzigen Ton hervorbringen. Und ich weiß noch, wie ich gedacht habe, wenn ich ihr nur ein Glas Wasser bringen könnte, nur einen Schluck Wasser, vielleicht würde sie dann mit diesem grauenhaften Japsen aufhören. Ich konnte nicht aufrecht stehen, mein Bauch war so geschwollen.« Sie griff sich an den Bauch und fühlte wieder den Schmerz. »Aber ich bin den ganzen Weg bis ans Ende des Medikamentenzeltes gegangen, durch Pfützen aus Kotze, tiefe Pfützen, aber ich habe den ganzen Weg bis zur Tür geschafft, dorthin, wo es Wasser gab. Es war nur eine Flasche Wasser, verfickt noch mal, und ich habe den Mann nicht einmal gesehen. Ich habe nur diesen Ellbogen gesehen, diesen Ellbogen in einem weißen Kittel, der mir ins Gesicht schlug. Er hätte mich mit einem gottverdammten Bleistift zu Fall bringen können, aber er musste mein Gesicht derart kaputtschlagen.«
    »Ellie, du brauchst nicht … «
    »Steht das auch in meiner Akte, Guy?« Zum ersten Mal, nachdem sie in ihre Erinnerungen abgetaucht war, blickte Ellie ihn direkt an. »Steht da, dass ich aus dem Medikamentenzelt gekrochen bin, um einer sterbenden Frau etwas Wasser zu bringen? Nein, ich wette, nichts davon steht darin. Ich wette, da stehen eine ganze Reihe netter Geschichten über meine Renitenz, zumindest ist das das Wort, das sie andauernd benutzt haben.«
    »Du hast jemanden umgebracht, Ellie.«
    »Nein, habe ich nicht«, sagte sie. »Er war schon tot. Wir waren alle schon tot.« Guy seufzte und schaute nach unten auf die Akte. Sie wusste, dass Feno für das hauseigene Sicherheitsteam den Sachverhalt anders dargestellt hatte. »Willst du wissen, was passiert ist?«
    »Ich habe gelesen, was passiert ist.«
    »Nein. Du hast ihre Version gelesen. Willst du wissen, was wirklich passiert ist? Wirst du mir glauben, wenn ich dir sage, dass ich dir die Wahrheit erzähle?«
    Guy dachte einen langen Moment nach und nickte

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