Flowertown - Die Sperrzone
Medikamenten-Runden positiv reagiert habe. Jedes Mal, wenn sie meine Dosis fein abgestimmt haben, hat sich mein Vergiftungsgrad verbessert. Ich bin also so etwas wie eine Einserschülerin.«
»Du Angeberin.«
»Ich weiß.« Rachel kicherte. »Und hier ist der Abschnitt, für dessen Entwicklung tatsächlich ich mit verantwortlich war. Der Abschnitt mit E plus. Ich habe dabei mitgeholfen, durch alle Akten zu gehen und sie danach zu organisieren.«
»E plus? Was bedeutet das? Extra-Intelligenzbestie?«
»Nein«, sagte Rachel. »Es bedeutet, dass ich eine große Familie außerhalb Flowertowns habe, extern. Wenn da nur ›E‹ stünde, dann hieße es, dass ich wenige Angehörige extern habe.›I‹ bedeutet, dass ich Angehörige intern habe, und ›I plus‹ bedeutet eine große Familie in Flowertown, und ›IE‹ bedeutet, dass man Familie sowohl intern als auch extern hat.«
»Aber haben nicht die meisten Leute Familienmitglieder außerhalb Flowertowns? Selbst Leute, die hier seit vielen Generationen wohnen? Fast jeder hat irgendwelche Cousins, oder?«
»Das galt für – wie haben sie die noch einmal genannt? Unmittelbar betroffene Familienmitglieder. Oder so ähnlich.« Rachel überflog Mr Delmuths Akte. »Sie haben nur Angehörige gezählt, die kontaktiert werden mussten, und mit denen man in Verbindung bleiben würde. Du weißt schon, nahestehende Verwandte und so weiter.«
»Was, wenn man keine Angehörigen hatte, mit denen man den Kontakt aufrechthielt?«
»Dann gibt es ein ›N‹ für negativ.« Rachel fand Mr Delmuths Zeile. »Hier. Mr Delmuth hatte CRnM dreiundsechzig I plus Schrägstrich minus minus minus. Schau, er hat nur drei Querstriche, vermutlich zeigte er negative Reaktionen auf die ersten drei Runden.« Sie fuhr mit dem Finger die Zeile entlang, als würde sie seine Hand lesen. »Das ist traurig. Er muss die ganze Zeit über sehr krank gewesen sein, aber er hat sich nichts anmerken lassen.«
Ellie versuchte, die Zeile zu entschlüsseln. »Also, I plus heißt, er hatte viele Angehörige hier in der Lagerzone. Was bedeutet CRn?«
»Das weiß ich nicht. Das ist alles geheim. Du kennst doch Feno. Sie würden uns vermutlich erschießen, wüssten sie, dass wir so viel verstehen«. Rachel stieß Ellie mit dem Ellbogen in die Seite und lachte. »Die Kombinationen am Zeilenende sind allerdings neu. Der Code wird anscheinend immer länger. Die bescheuerten Anzüge bemühen sich, alles immer noch komplizierter zu machen. Meine Informationen endeten auf der Zahlzwei, bis sie vor einem Jahr das ›gleich Q‹ hinzugefügt haben.«
»Hast du jemals gefragt, für was das steht?«
»Als ob sie es mir gesagt hätten. Ich wünschte, wir hätten deine Informationen hier. Wir könnten sehen, welche Gemeinsamkeiten wir haben.«
Ellie sprach lauter, um genauso aufgeregt zu klingen wie Rachel. »Wir könnten so etwas wie Medizincode-Zwillinge sein!«
»Das hättest du gerne.« Rachel stand vom Bett auf und warf das feuchte Haar über ihre Schulter. »Vergiss nicht, ich habe fünf Pluszeichen hintereinander. Du hast vermutlich den Code für ›verrückt‹.«
Ellie warf mit einem Kissen nach ihrer Mitbewohnerin, die sich geschickt duckte und dabei lachte. Es war nicht das erste Mal, dass Rachel Ellie wegen ihrer Nervenzusammenbrüche neckte. Ellie war sich sicher, dass die junge Frau wahrscheinlich die einzige Person auf der Welt war, die sich das herausnehmen durfte.
»Sprich nur weiter, du Zahnlücke. Vielleicht fallen dir dann auch noch deine anderen Zähne aus.«
Rachel ließ ihren Bademantel auf den Boden fallen und drehte sich nackt im Kreis.
»Ich werde immer noch hinreißend aussehen!«
»Ja, ja, ja.« Ellie lachte. »Zieh dich an, Schönheit, und lass uns zum Pflegezentrum gehen. Lass deinen Einfluss walten und hilf mir dabei, Big Martha zu finden.«
Das Pflegezentrum war in einem zweistöckigen Gebäude untergebracht, das einen ganzen Straßenblock am nordwestlichen Rand von Flowertown einnahm. Es sah aus wie ein Krankenhaus, und es roch auch so. Der einzige Unterschied bestand darin, dass ein schwer bewaffneter Wachmann am Eingang stand. Ellie zögerte, als sie sah, dass die Marken gescannt wurden. Sollte man sie tatsächlich wegen des Bombenattentats im Auge behalten, konnte es gut sein, dass man ihr den Zugang zuSicherheitszonen verwehrte. Sie hielt sich hinter Rachel und versuchte, sich eine Erklärung zurechtzulegen, während sie durch die verglasten Türen schritten.
»Da ist sie ja!«
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