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Fluch der 100 Pforten

Fluch der 100 Pforten

Titel: Fluch der 100 Pforten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Wilson
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Leute.«
    »Wie viele sind es genau?«, fragte Henrietta nach.
    »Ein paar hundert vielleicht«, sagte Eli. »Aber mehr ganz bestimmt nicht.«
    »Und die wollen Sie einfach sterben lassen?«
    Eli schnaubte. »Ich bin nicht derjenige, der sie sterben lässt. Man wird dazu nicht meine Erlaubnis einholen.«
    »Sie sind ein echtes Ekel!«, stellte Henrietta fest. »Wo wollen Sie jetzt hin?«
    »Ich kenne einen Ort an der Küste – im Grunde nicht mehr als ein stinkendes Fischernest.«

    Henrietta hatte aufgehört zu essen. Eli nahm ihren Teller.
    »Und warum wollen Sie dahin?«
    »Du meinst, warum wir dahin wollen? Ich habe doch gesagt, dass ich dir helfen werde. Wobei ich allerdings vergessen hatte, was für eine Nervensäge du bist. Auch wenn du noch so allein bist. Wir gehen dorthin, weil die Stadt an der Küste liegt. Und weil ich den Ort kenne – ich habe dort jahrelang eine Bibliothek geführt; dein Großvater war ein Stammkunde – und weil es in Küstenstädten Boote gibt.«
    Eli stand auf und holte aus einer Ecke einen verknautschten Sack hervor. Ohne die Sachen irgendwie sauber zu machen, steckte er die große Bratpfanne hinein und die beiden Holzteller ebenfalls. Henriettas Essensreste ließ er einfach auf den Boden fallen. Dann warf er sich den Sack über seine schmale Schulter.
    »Was haben Sie vor?«, fragte Henrietta.
    »Oh, du lieber Himmel!« Eli verdrehte die Augen. »Worüber haben wir denn gerade gesprochen? Deine endlose Fragerei wäre ja noch zu ertragen, wenn du wenigstens zuhören würdest, was man dir antwortet! Ich gehe. Ich versuche an einen Ort zu gelangen, der sicherer ist als dieses offene Grab von einem Land. Und da ich großmütig bin wie Saul, der erste König aller FitzFaeren, nehme ich dich mit.«
    Henrietta fiel die Kinnlade herunter.
    Eli bückte sich und sah sie an. Sein Bart kratzte an ihrem Kinn. »Soll ich dir vielleicht noch eine Einladung schicken und warten, bis du antwortest?«
    »Jetzt?«, fragte Henrietta. »Sie wollen auf der Stelle gehen?«

    »Ja. Jetzt. Und nicht später. Wir handeln sofort.«
    Henrietta beugte sich vor und rieb sich die Beine. »Aber ich bin schon die ganze Nacht gelaufen. Meine Beine bringen mich um.«
    »Stimmt nicht«, sagte Eli knapp. »Aber in fünf Stunden wird beides zutreffen. Komm jetzt mit – oder bleib hier, bis du schwarz wirst.«
    Eli riss die Decke vom Eingang und die Tücher von den Fenstern. Er stopfte alles in seinen Sack, trat ohne ein weiteres Wort aus dem kleinen Schuppen und stapfte in die Nacht hinaus.
    Augenblicklich sprang Henrietta auf und folgte ihm. Wolken hatten sich wieder vor den Mond geschoben. Sie konnte nichts sehen.
    »Haben Sie gerade einen König Saul erwähnt?«, rief sie. »Ihre Schwester hat gesagt, es gab immer nur Königinnen.«
    »Pah!«, antwortete eine Stimme aus der Dunkelheit. »Pah!« Henrietta versuchte der Stimme zu folgen. Sie rutschte auf dem taufeuchten Gras. »Ich habe schrecklichen Durst«, sagte sie.
    »Du stehst doch mitten in etwas zu trinken drin. Deine Füße hast du darin schon gewaschen. Und schön kalt ist es auch.«
    »Warten Sie auf mich, während ich trinke?«
    »Nein.«
    Henrietta befeuchtete ihre Lippen und schluckte ihren Durst herunter. Sie stieß mit den Zehen an einen Stein, stolperte im Gras und fiel hin. Der Himmel riss auf und der Mond trat hervor.

    Zehn Meter voraus sah sie das sanfte Licht auf Elis kahlem Schädel schimmern.
    Sie sprang auf und folgte ihm.
     
    Henry drückte sich mit seinem Rucksack an die Wand und sah zu, wie die Leute ihre Postfächer öffneten und ihre Briefe herausnahmen. Offensichtlich erhielten hier nur die wohlhabenden Leute Post. Männer in verschiedenartigsten Umhängen in Farben aller Art und mit hohen Stiefeln gingen an ihm vorüber. Und die Frauen waren noch beeindruckender. Die meisten hatten einen Diener dabei. Sie gingen zu ihren Fächern, gaben dem Diener den Schlüssel und ließen ihn aufschließen und die Post herausnehmen. Dann nahmen sie die Briefe in Empfang, sahen sie durch und gaben sie schließlich an den Diener zurück.
    Das alles wäre noch viel merkwürdiger für Henry gewesen, wenn er gewusst hätte, dass die meisten Frauen selbst Dienerinnen waren, denen untergeordnete Diener bei der verantwortungsvollen Aufgabe des Postabholens zur Hand gingen.
    Eine Tür öffnete sich in der Wand und Ron trat heraus. Er trug einen langen cremefarbenen Mantel, den Henry etwas übertrieben gefunden hatte, als sie zusammen losgegangen waren. Nun

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