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Fluch der Meere (Historischer Roman) (German Edition)

Fluch der Meere (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Fluch der Meere (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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damals. Diese Stimme würde sie unter tausend wiedererkennen, denn sie war unlöschbar in ihrem Gedächtnis haftengeblieben.
    Sie entspannte sich wieder und ging weiter. Niemand hatte ihr die kurze Anspannung anmerken können.
    "Sehr wohl, Mylord!", rief sie spöttisch. "Ehre, wem Ehre gebührt und einem Lord gebührt immer die höchste Ehre, deren ich fähig bin."
    "Was erdreistet Ihr euch, Weib!", schimpfte der Mann neben dem Lord.
    Jetzt war die Position zur Sonne für Jeannet günstiger: Sie sah, dass es sich um den Ersten Offizier der Kriegsgaleone handelte. Auch von dem Lord konnte sie jetzt mehr sehen - und das, was sie sah, war für sie überaus beeindruckend.
    Sie schaute trotzdem nicht mehr länger hin, sondern konzentrierte sich auf die direkte Umgebung und vor allem auf die Strecke, die sie noch zurückzulegen hatte. Dafür hatte sie sich spontan zu einem besonderen Auftritt entschieden, der sich beinahe nahtlos dem anschloss, mit dem sie an Bord des Schiffes gelangt war.
    Bevor die Männer in ihrer Begleitung es verhindern konnten, machte sie ein paar rasche Schritte in Richtung Kommandobrücke, sprang am Ende empor und fand mit den Händen Halt. Sie riss sich förmlich hinauf, griff blitzschnell nach, schwang herum - und flankte schließlich über die Abgrenzung, um direkt vor dem Lord auf beiden Beinen federnd zu landen.
    Sie deutete eine höfische Verbeugung an, die ihr nicht so gut gelang, dass es ihr das Wohlwollen von Marshal Rider eingebracht hätte. Gottlob brauchte er es nicht zu sehen.
    "Zu Diensten, Mylord!"
    "Das bezweifle ich sehr!", antwortete er ruhig und ließ Jeannet die Spitze seines Degens sehen.
    Sie war sicher, dass er diesen noch nicht gezogen hatte, so lange sie unten gewesen war. Daraus schloss sie, dass er mit der Waffe sehr wohl umzugehen wusste.
    Sie schaute in sein Gesicht. Er lächelte.
    "Ich mag es kaum glauben, dass Ihr wirklich der Kapitän und Anführer der Piraten sein wollt."
    "Hätte ich dafür Zeugen mitbringen sollen, Mylord?"
    "Nein, gewiss nicht, aber wie kann es sein, dass eine Frau...? Ach, lassen wir das. Ich habe gesehen, wozu Ihr fähig seid, und kann mir gut vorstellen, dass Ihr Euch an Bord eines Piratenschiffes gegen den rauen Männerhaufen durchaus durchzusetzen vermögt."
    Sie deutete erneut eine Verbeugung an.
    "Es ehrt mich sehr, solches aus Eurem Munde zu vernehmen."
    "Oh, was die Etikette betrifft, müssen wir allerdings noch reichlich üben, wenn Ihr mir die Bemerkung gestattet. Das kommt viel zu holprig daher und beweist, daß Ihr keineswegs von edlem Geblüt seid." Vielleicht hätte ich es damals von unseren Schauspielern in der Gauklertruppe rechtzeitig lernen sollen, so, wie ich alles andere gelernt habe. Dann würde es heute besser sitzen, dachte Jeannet, aber sie ließ
    sich durch die Worte des Lords keineswegs provozieren.
    Lächelnd richtete sie sich auf und schaute ihn aus sehr aufmerksamen Augen an.
    Jetzt erst wurde ihr bewusst, was für ungewöhnliche Augen der Lord besaß. Sie hatte das Gefühl, darin zu versinken. Prompt kamen Schwindel in ihr auf.
    Beinahe hätte sie denn Kopf geschüttelt, um ihrer plötzlich aufwallender Gefühle Herr zu werden, aber sie brachte nicht nur das Kunststück fertig, dieses zu unterdrücken, sondern sie erwiderte sogar scheinbar völlig gelassen den forschenden Blick.
    "Ich bin nicht Kapitän eines Piratenschiffes geworden, weil ich eine verwöhnte Dame am Hofe bin, Mylord. Ich wurde es, weil es niemanden gibt, der dafür besser geeignet wäre."
    "Das glaube ich Euch unbesehen. Und jetzt würde ich gern erfahren, was Euch zu uns führt - und auch noch allein!"
    "Die Prinzessin von Spanien. Um genauer zu sein: Die Lieblingstochter von Philipp II: Wir fanden sie auf der gekaperten Galeone, als Geisel für Lösegeld, wie ich vermute. Niemand überlebte unseren Angriff, außer ihr. Und jetzt befindet sie sich in unserer Obhut. Wenn Ihr also befehlt, mein Schiff anzugreifen, verurteilt Ihr sie zum Tode. Andererseits... Ich könnte mir vorstellen, dass die Gefangene für Euch von höchster Bedeutung wäre."
    "Und wieso?"
    "Man munkelt, dass die Spanier längst Verdacht schöpfen wegen den häufigen Angriffen auf ihre Handelsschiffe."
    "Man munkelt?"
    "Man nennt diese Freibeuter inzwischen 'Freibeuter der Königin', Mylord, um es deutlicher auszudrücken, und meint damit offensichtlich, dass sie im Auftrag der Königin von England handeln."
    "Und ihr glaubt, es wäre günstig, mit der Auslieferung der

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