Fluch der Nacht: Roman
ihn vor einem Schicksal bewahren würde, das nicht nur ihn, sondern auch seine Familie entehrt hätte.
Es war zu viel, um alles gleichzeitig verstehen zu wollen. Und die ganze Zeit war sein Körper so überaus empfindlich und erregt, sein Glied so heiß und hart, dass seine Kleider ihm schon fast zu eng und lästig wurden. Er begehrte diese Frau. Er brauchte sie und musste sie haben. Ihr Geschmack war mit nichts zu vergleichen, was er je zuvor erfahren hatte. Diese Frau war die Eine, nach der er ganze Kontinente abgesucht hatte; die Geliebte und Seelengefährtin, nach der er sich jahrhundertelang gesehnt hatte. Die einzige Frau, die ihm seine Gefühle wiedergeben konnte.
Nicolas öffnete die Augen und war wie geblendet von ihrem Haar. Hier im Dunkeln schimmerte es leuchtend rot, aber dann schienen seine Augen ihm plötzlich einen Streich zu spielen, denn jetzt sah er auch metallisch glänzende, kupferfarbene Strähnen darin. Er brachte einfach nicht die Willenskraft auf, von ihr abzulassen, dem süßen Feuer zu entsagen, das seine Kehle hinunterrann, und sie nach Brauch seines Volkes an sich zu binden. Wie aus weiter Ferne konnte er die lautstarken Proteste seines eigenen Bewusstseins hören, er habe den Verstand verloren, er habe sie zu spät gefunden und sei dabei, sie umzubringen , doch er konnte einfach nicht mehr aufhören ...
Bis ein jäher Schmerz ihn links durchzuckte und ihn aus seinem tranceähnlichen Zustand riss. Abrupt hob er den Kopf, ohne mit der Zunge über die beiden winzigen Einstiche an ihrem Puls zu fahren, um die Wunde zu verschließen. Blut rann ihren Nacken hinunter und in ihren erdfarbenen Pullover und hinterließ darin kleine rote Flecken.
Farben! Nach Jahrhunderten, in denen Nicolas nur Grau gesehen hatte, konnte er auf einmal Farben sehen. Verblüffend schöne Farben. Er blickte an sich herab zu der Stelle, von der der Schmerz ausging. Der Griff eines kleinen Messers steckte zwischen seinen Rippen. Die Frau trat blitzschnell einen Schritt zurück und fuhr zu ihm herum. Ihre Augen waren wie glitzernde Smaragde, nicht einfach nur grün, sondern wirklich und wahrhaftig wie Smaragde. Aber während Nicolas sie noch betrachtete, veränderte sich ihre Augenfarbe und wechselte von tiefem Grün zu arktisch kaltem Blau. Blau wie die Farbe der Eisgletscher, sauber, rein und eisig kalt, aber auch von brennender Intensität und Leidenschaft erfüllt.
Er lächelte sie an. » Te avio päläfertiilam. Entölam kuulua, avio päläfertiilam.«
Die Worte waren leise und verführerisch, eine dunkle Verlockung, die wie warmer Samt über Laras Sinne strich und sie betörte und erregte. Sie hatte diese Worte schon einmal gehört, vor langer, langer Zeit, als ihre Tanten sie in den Schlaf gesungen hatten. Damals hatten sie ihr mit ihrem Lied von einer großen Liebesgeschichte erzählt, von einem Mann, der dunkel wie die Sünde war – und einer Frau, die hell war wie das Licht. Nur diese Frau konnte ihn vor der schlimmsten Qual des ehrenvollen Todes bewahren oder dem noch schlimmeren Schicksal, zu einem Vampir zu werden. Sie hatte die Macht, ihm seine verlorenen Emotionen wiederzugeben und schöne, helle Farben in seine Welt zurückzubringen. Die Liebesgeschichte war das einzig Schöne in ihrer frühen Kindheit gewesen, und Lara hatte sich daran geklammert, weil sie in der Hölle, in der sie lebte, etwas brauchte, um sich Mut zu machen.
Te avio päläfertiilam. Entölam kuulua, avio päläfertiilam. Du bist meine Seelengefährtin. Ich beanspruche dich als meine Gefährtin. Die Worte waren so schön, so faszinierend, dass Lara sie in ihrem Herzen und ihrem Geist echoen hören konnte. Es waren die Worte aus jener Geschichte, von der sie so oft geträumt und die sie so romantisch gefunden hatte. Aber der Mann in ihrer Vorstellung war nicht so unwiderstehlich schön und außerordentlich gefährlich wie dieser hier gewesen. Und er hatte das Blut seiner Gefährtin bestimmt nicht unerlaubt genommen. Denn das war falsch. Ein Übergriff, den sie nicht dulden würde.
»Ted kuuluak, kacad, kojed.« Ich gehöre zu dir. »Elidamet andam.« Ich gebe mein Leben für dich. Während er mit sehr ruhiger, sanfter Stimme diese Worte sprach, packte er den Griff des Messers, das sie ihm zwischen die Rippen getrieben hatte, und zog es heraus. Blut schoss aus der Wunde, aber vollkommen ruhig und gelassen reichte er ihr das Messer mit dem Griff nach vorn zurück.
Lara schluckte und hob ihren Blick von seiner Wunde zu seinem
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