Fluch, Der: Roman
hineingezwängt. Zwei Autos weiter fand ich einen Hut, der aussah wie etwas, das von einer Nierentransplantation übriggeblieben ist. Den habe ich mir aufgesetzt.«
Er hätte wie einer der Zigeuner riechen wollen, erklärte er Billy, aber nicht, um sich gegen einen Haufen wertloser, an der Glut des Lagerfeuers vor sich hindösender Deppen abzusichern, nein, ihn interessierte eine ganz andere Meute.
Die wertvollen Hunde. Die Pit-Bulls.
Als er zu dreiviertel um den Kreis herumgeschlichen war, hatte er einen Laster entdeckt, dessen hinteres Rückfenster nicht mit Glas, sondern mit Maschendraht verschlossen war. Er hatte hineingespäht aber so gut wie nichts gesehen – der Laster war leer gewesen.
»Aber es hat nach Hund gerochen, William. Ich ging um den Wagen herum und riskierte einen kurzen Strahl mit der Stablampe, die ich mitgebracht hatte. Das hohe Gras war zusammengedrückt und zu einem Pfad zertrampelt, welcher von der Rückseite des Lasters wegführte. Man muß nicht Daniel Boone sein, um den zu finden. Sie hatten die Kampfhunde aus ihrem rollenden Käfig geholt und irgendwo versteckt, wo der Jagdaufseher oder die Leute vom Tierschutzverein sie nicht finden können. Könnte ja sein, daß jemand den Mund nicht halten kann. Nur, daß sie dabei einen Pfad getrampelt hatten, den sogar ein Stadtjunge durch ein sekundenschnelles Aufblitzen seiner Taschenlampe entdecken kann. Dämlich. In diesem Augenblick habe ich wirklich angefangen zu glauben, daß wir ihm tatsächlich einige massive Steine in den Weg legen können.«
Ginelli war dem Pfad über einen Hügel bis zum Rand eines weiteren Gehölzes gefolgt.
»Und da habe ich mich verlaufen«, gestand er. »Ich habe ein, zwei Minuten blöd dagestanden und mir überlegt, was ich jetzt tun soll, und dann hab ich's gehört, William.
Manchmal geben die Götter dir einen Hinweis.«
»Was hast du gehört?«
»Einen Hundefurz. Klang, wie wenn jemand Trompete mit Dämpfer bläst.«
Knapp zwanzig Meter weiter im Gehölz hatte er das Hundegehege gefunden. Es lag auf einer Lichtung. Einfach ein Kreis aus abgeholzten Ästen, die in den Boden gerammt und mit Stacheldraht verbunden worden waren. Drinnen lagen sieben Pit-Bulls. Fünf schliefen. Die beiden anderen blickten wie bekifft zu Ginelli hoch.
Sie sahen bekifft aus, weil sie bekifft waren.
»Ich hatte mir schon gedacht, daß sie gedopt sind, aber es wäre ein zu großes Risiko gewesen, sich darauf zu verlassen.
Wenn so ein Hund mal auf den Kampf abgerichtet ist, dann sucht er jede Gelegenheit, sich zu balgen. Sie sind die reine Pest und können deine ganzen Bemühungen zunichte machen, wenn du nicht aufpaßt. Du steckst sie entweder in Einzelkäfige, oder du setzt sie unter Drogen. Drogen sind billiger und leichter zu verbergen. Abgesehen davon, wenn die voll da gewesen wären, hätte so ein lächerlicher Drahtzaun sie nicht aufhalten können. Diejenigen, denen es im Kampf an den Kragen gegangen war, wären sofort durchgebrochen, selbst wenn sie damit in Kauf nehmen müßten, daß die Hälfte ihres Fells im Draht hängenbleibt. Man läßt sie nur vor dem Kampf ausnüchtern, und auch das nur, wenn die Wettliste lang genug ist, um das Risiko zu rechtfertigen. Erst die Drogen, dann die Show, dann wieder Drogen.« Ginelli lachte. »Siehst du? Pit-Bulls führen das aufreibende Leben eines Rockstars. Sie gehen ziemlich schnell daran kaputt, aber wenn du im Verborgenen arbeiten kannst, findest du überall wieder neue. Es hat nicht mal 'ne Wache bei ihnen gestanden.«
Ginelli hatte die Einkaufstüte aufgemacht und die Steaks herausgeholt. Schon vorher im Wagen auf dem Waldweg hatte er sie aus der Folie gewickelt und in jedes eine Dosis von einer Mixtur hineingespritzt, die er Ginellis Pit-Bull-Spezialcocktail nannte: braunes, mexikanisches Heroin und Strychnin. Er wedelte sie jetzt durch die Luft und beobachtete, wie langsam Leben in die schlafenden Hunde kam. Einer bellte heiser. Es klang wie das Schnarchen eines Mannes mit ernsthaften Nasenproblemen.
»Willst du wohl still sein!« hatte Ginelli ihn leise aufgefordert. »Sonst kriegst du kein Abendessen.« Der Hund setzte sich ruhig auf die Hinterpfoten, bekam plötzlich Schlagseite nach Steuerbord und schlief wieder ein.
Ginelli warf ein Steak in die Absperrung. Das zweite. Das dritte. Und das letzte. Die Hunde zankten sich um die Leckerbissen. Es gab noch mehr Gebell, aber auch das war so heiser und grunzend, daß Ginelli fand, er könne damit leben.
Außerdem
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