Fluch des Magiers
Gott geschworen, dass sich kein Eirun je wieder im Krieg auf die andere Seite begeben würde.
Gegen dieses Gesetz hatten sie mit ihrem Überfall auf die Barke bereits verstoßen. »Talien hilf! Sag mir, was ich tun soll«, flehte Reodendhor den gelben Gott in Gedanken an.
»Was ist los?«, fragte Arelinon und riss ihn aus seiner Konzentration.
»Lasst mich in Ruhe!«, flüsterte Reodendhor und wollte sich erneut auf die Suche machen. Da spürte er ein leichtes Rascheln unter sich und fuhr herum. Obwohl sein Pfeil so schnell wie noch nie auf der Sehne lag, kam er den Hauch eines Augenblicks zu spät.
Mit einem mächtigen Satz war N’ghar auf der Plattform, packte Arelinon, der ihm am nächsten stand, und setzte ihm den Dolch an die Kehle.
»Die Waffen runter, wenn euer Freund am Leben bleiben soll«, herrschte er die anderen Eirun an.
Reodendhor bestand nur noch aus Scham. Er, der Wächter Gilthonians und bester Magiespürer seines Volkes, hatte versagt. Für einen Augenblick erwog er, doch zu schießen, aber er wusste, dass der Katzenmann auch nach einem Treffer noch in der Lage war, seinem Kameraden die Kehle durchzuschneiden. Daher nahm er den Pfeil vom Bogen und steckte ihn wieder in den Köcher.
»Was willst du erreichen?«, fragte er mit vor Wut zitternder Stimme.
»Ihr werdet meine Freunde wieder auf den Boden hinabbringen und sie in eines eurer Boote setzen, welches sie und mich im Schutz eines Unsichtbarkeitszaubers ohne anzuhalten zum Großen Strom bringt. Dieser Mann hier wird uns zum Zeichen eurer guten Absichten bis dorthin begleiten.«
Das Gesetz der Ehre forderte von Reodendhor, auf diese Forderung einzugehen. Er wusste jedoch, dass Helesian ein Nachgeben niemals akzeptieren würde. Sie liebte ihren Bruder und wollte ihn aus der Gefangenschaft freipressen. Aber dies ging nur, wenn sie eine gleichwertige Geisel besaßen, die sie zum Austausch anbieten konnten.
Da Gewalt nicht half, musste er auf List vertrauen, sagte Reodendhor sich mit einem bitteren Gefühl. Auch er verschloss jetzt seinen Geist und nickte. »Du hast gewonnen, Katzenmann! Doch eines sage ich dir: Wage dich nie mehr auf diese Seite, wenn du nicht willst, dass ich dir den Balg abziehe und als Trophäe an die Wand hänge!«
Dies war zwar menschliches Handeln, weil kein Eirun so tief sinken würde, die Haut oder einen anderen Körperteil eines Lebewesens auf diese Weise zu schänden, doch seine Drohung erfüllte ihren Zweck. Der Katzenmensch fühlte sich nun sicher, das spürte Reodendhor. Er gab nun den vier anderen Gefährten den Befehl, die Gefangenen an Leinen zu binden und auf den Boden hinabzulassen. Die Blauen waren zwar erschreckt, hofften aber, den Gelben entkommen zu können, und gehorchten daher, ohne zu zögern.
»Jetzt werft Eure Waffen hinab!«, forderte N’ghar die Eirun auf.
Mit einer lässigen Handbewegung gehorchte Reodendhor. Auch seine Freunde ließen ihre Bögen und Dolche in die Tiefe fallen.
»Du wirst jetzt die anderen fesseln«, befahl N’ghar weiter. »Gib aber acht, dass die Knoten fest sitzen. Ich schaue mir jeden einzelnen an.«
Da es in Reodendhors Absicht lag, den Katzenmenschen in Sicherheit zu wiegen, verschnürte er seine vier Freunde und band schließlich auch Arelinon Beine und Arme zusammen.
»Nun werden wir drei uns abseilen. Du bleibst dabei immer auf gleicher Höhe mit mir und lässt jeden Unsinn sein!«
N’ghar musste sich zwingen, kühl zu bleiben. Das Gefühl, die Spitzohren an der Grenze ihres eigenen Reiches überlistet zu haben, ließ seinen Puls rascher schlagen. Dabei hatte er bisher nur einen Teilerfolg errungen.
Reodendhor holte zwei Leinen ein, band eine um den eigenen Leib, die andere um den seines Freundes, und wich dann zurück. »Du wirst dich an Arelinon festhalten müssen!«
»Das werde ich!« N’ghar wartete, bis Reodendhor die Plattform verlassen hatte, und folgte ihm dann. Bereits nach wenigen Mannslängen waren sie auf gleicher Höhe und schwebten langsam in die Tiefe.
Während Reodendhor so tat, als hätte er aufgegeben, lauerte er auf seine Chance. Von seinem Willen gelenkt, glitt eine weitere Leine im Rücken des Katzenmannes nach unten. Etwa zehn Mannslängen über dem Boden sah Reodendhor, dass N’ghars Klinge für einen Moment nicht an Arelinons Hals lag. Sofort gab er der anderen Leine den Befehl, sich um N’ghar zu schlingen, diesen von seinem Gefangenen wegzureißen und zu fesseln.
Das Manöver gelang. Doch der Katzenmann war zäher, als er
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