Flucht ins Glück: Das Geheimnis von Baxter Hall: Von den Eltern verstoßen (Frauenschicksale im 19. Jahrhundert) (German Edition)
mit Master David einnehmen. Und selbstverständlich erhalten Sie ein Zimmer in seiner Nähe." Er holte tief Luft. "Ich kann nur hoffen, daß sich mein Sohn nicht in Ihnen irrt und wir mit Ihrer Einstellung keinen Fehler machen."
"Ich bin überzeugt, Miss Coleman wird unseren Erwartungen voll und ganz entsprechen, Vater", meinte Andrew Baxter. "Wir sollten Damery bitten, David hinunterbringen zu lassen. Mal sehen, was David zu seiner neuen Nanny sagt." Er streifte Diana mit einem flüchtigen Blick. Es fiel ihm schwer, nicht zu zeigen, was er für sie empfand. Sie war Susans Schwester. Wie gern hätte er sie in die Arme genommen, allein schon, um dadurch Susan näher zu sein.
Dolly brachte David ins Arbeitszimmer. Der kleine Junge löste sich von ihrer Hand und rannte zu Sir Richard. "Liest du mir eine Geschichte vor, Großvater?" fragte er. "Bitte sag Miss Hadfield, daß sie wieder mehr Zeit für mich haben muß."
Sir Richard beugte sich zu seinem Enkel hinunter. "Miss Hadfield muß sich jetzt um deinen Cousin kümmern, David. Richard ist noch so klein und hilflos. Er bedarf ihrer Fürsorge mehr als du." Liebevoll drehte er den kleinen Jungen so, daß er mit dem Gesicht zu Diana stand. "Miss Coleman wird ab heute deine Nanny sein."
"Ich mag keine neue Nanny." David stapfte mit dem Fuß auf.
"David!" stieß Robert Baxter empört hervor. "Ich möchte so etwas nicht noch einmal erleben." Er wandte sich an die junge Frau: "Ich verlange, daß Master David für sein Verhalten bestraft wird, Diana. Du bist ab heute für seine Erziehung verantwortlich."
"Miss Coleman, Robert", bemerkte Andrew Baxter.
Diana mußte sich zwingen, nicht aufzulachen. Robert Baxter hob empört die Augenbrauen. Sein Gesicht wirkte, als hätte er in eine Zitrone gebissen. Sie wandte sich David zu. "Ich bin Ihre neue Nanny, Master David."
"Du?" David machte große Augen.
"Ab heute heißt das Miss Coleman und Sie, David", ermahnte ihn sein Großvater.
David gab ihm keine Antwort. Er rannte zu Diana und schlang die Arme um sie. "Dich habe ich fast genauso lieb wie Miss Hadfield, Diana", flüsterte er ihr verschwörerisch zu.
"Sie können Master David nach oben bringen, Miss Coleman", wies Sir Richard Diana an. "Miss Hadfield wird Ihnen alles sagen, was nötig ist, um Ihrem Posten gerecht zu werden."
"Und vergessen Sie nicht, Master David für sein Verhalten zu bestrafen", verlangte Robert Baxter, als sie mit dem Kind hinausging.
Lange nach dem Abendessen verließ Diana das Haus, um ein Stückchen spazierenzugehen. In den letzten Stunden hatte sich ihr Leben wieder einmal völlig verändert. Sie war froh, daß sich Mary Jones sehr zeitig zu Bett gelegt hatte.
Langsam folgte sie einem Weg, der um das Haus herum führte. Sie fühlte sich glücklich und frei wie schon lange nicht mehr. Die Last, die auf ihren Schultern gelegen hatte, war kleiner geworden. Sie stand nicht mehr allein. Andrew Baxter würde nicht eher ruhen, bis er eine Spur von Susan entdeckt hatte. Und sie war ihm von Herzen dankbar, daß er ihr den Posten als Kindermädchen seines Sohnes verschafft hatte. So konnte sie ein Auge auf David haben.
Diana blieb stehen und blickte nachdenklich zum Himmel hinauf. Es war ein warmer, fast heißer Tag gewesen. Trotz der späten Stunde hatte es kaum abgekühlt. Warum ist mir David so wichtig, fragte sie sich. Warum?
"Miss Coleman?"
Diana wandte sich um. Andrew Baxter kam ihr auf seinen Stock gestützt entgegen. "Guten Abend, Sir." Sie knickste.
"Guten Abend, Miss Coleman", antwortete er und blieb bei ihr stehen. "Na, wie haben Sie David für seinen Ungehorsam bestraft?" fragte er. "Ich nehme an, Sie sind sehr, sehr streng mit ihm gewesen."
Diana erkannte an dem Blitzen in seinen Augen, daß er seine Frage keineswegs ernst meinte. "Ich habe ihm verboten, sein Schaukelpferd mit ins Bett zu nehmen, Sir", antwortete sie scherzend.
Andrew lachte schallend auf. "Eine Strafe so recht nach meinem Herzen, Miss Coleman", sagte er. "Ich halte nichts davon, Kinder wie kleine Hunde zu dressieren." Er berührte ihre Wange. "Ich bin froh, Sie in meiner Nähe zu haben, Miss Coleman." Abrupt wandte er sich um und ging zur Freitreppe.
Diana setzte ihren Weg fort. Erst nach einer Weile, als sie vom Haus aus nicht mehr gesehen werden konnte, blieb sie stehen. Noch immer glaubte sie Andrews Berührung zu spüren. Zaghaft hob sie die Hand und legte ihre Fingerspitzen auf dieselbe Stelle, die auch er berührt hatte.
* * *
Der Kutscher lenkte den
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