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Fluegellos

Fluegellos

Titel: Fluegellos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Cardinal
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dazu abgeben«, erwiderte ich, warf einen letzten Blick auf die Karte und reichte sie Valentin. »Ich nehme einen Zombie.«
    Er nickte. »Gut, dass wir nicht mit dem Auto hier sind.«
    »Hattest du schon mal einen?«
    »Ja. Und sie heißen nicht umsonst so.«
    Während ich darauf wartete, dass er es genauer ausführte, fiel mein Blick auf eine Decke, die neben mir auf dem Stuhl gefaltet lag. Dankbar nahm ich sie und legte sie mir über den Schoß. Sofort wurde mir wärmer. »Wie meinst du das?«, fragte ich.
    Er klappte die Karte zu und legte sie zurück auf den Tisch. »Sagen wir es so, danach würde ich ganz sicher kein Auto mehr fahren. Und du auch nicht.«
    »Du weißt nicht, was ich würde.«
    »Nein, das weiß ich nicht.« Er faltete die Hände in der Mitte des Tisches und sah mir eindringlich in die grünen Augen. »Aber ich weiß, was du dann nicht mehr könntest . Autofahren zum Beispiel. Weil ich den Schlüssel schon lange einkassiert hätte.«
    »Was kümmere ich dich?«, fragte ich.
    »Du bist ein Mensch. Deswegen kümmerst du mich. Und wir sind noch nicht quitt.«
    Ich konnte ein genervtes Aufstöhnen nicht unterdrücken. »Psychospinner, Gentleman und jetzt auch noch der Papa der Menschheit?« Dennoch lächelte ich. Emilias Unzufriedenheit, was ihn betraf, schien bisher unbegründet. »Verschweigst du mir noch etwas?«
    »Eine Menge.« Er winkte einen jungen, asiatischen Kellner herbei, der gerade einer Gruppe Jugendlicher die bestellten Drinks brachte, und wandte sich dann wieder mir zu. »Und du?«
    »Eine Menge«, sagte ich nur. Ich war mir sicher, dass ich mehr verschwieg, als er.
    »Was darf es sein?«, ertönte plötzlich die sanfte Stimme des Kellners. Als ich aufsah, lächelte er mich an. Sie hat tolle Haare , hörte ich ihn sagen.
    »Was haben alle mit …« Ich verstummte, kaum, dass ich den Satz – etwas sehr laut – begonnen hatte. Normalerweise war es einfach, Gedachtes und Gesagtes zu unterscheiden. Gedanken klangen viel hohler, emotionsloser und leiser, während das Gesprochene viel kräftiger und voller wirkte.
    Aber jetzt war ich zu abgelenkt gewesen, als dass ich darauf geachtet hatte. »Tut mir leid«, fügte ich schnell hinzu, als ich sah, wie verwirrt der Kellner mich ansah. »Ich habe nur gerade laut an etwas gedacht. Einen Zombie bitte!«
    Valentins Blick war vergleichbar mit dem des Asiaten. »Für mich dasselbe.«
    Bevor er ging, sah mich der Kellner noch einmal nachdenklich an und schenkte mir ein angedeutetes Lächeln.
    »Was haben alle womit?«, fragte Valentin mich obligatorisch, als er weg war.
    »Ich habe mich gefragt, was alle an meinen Haaren so toll finden.«
    Er stutzte. Anscheinend hatte er etwas anderes erwartet. »Wie kommst du darauf?«
    Na toll. Er stellte genau die Frage, auf die ich keine Antwort kannte. »Geistesblitz«, antwortete ich nur.
    Er lächelte, was bedeutete, dass er mir nicht glaubte oder zumindest an mir zweifelte. Es begann prächtig. Wieso hatte ich mich noch gleich gegen meinen Fernsehabend entschieden? »Sie sind sehr hübsch«, sagte er dann.
    »Was?« Ich stand auf dem Schlauch.
    »Deine Haare.«
    »Achso. Danke.« Wie auf Kommando strich ich mir eine Strähne hinters Ohr.
    Dann herrschte Stille. Valentin fixierte mich, während er mit der Getränkekarte spielte und sie immer wieder auf dem Tisch aufschlagen ließ. Ich versuchte, seinem Blick zu entkommen, was mir eher schlecht als recht gelang. Irgendetwas suchte er in meinen Augen. Irgendeine Antwort. Aber worauf?
    »Was hat Emilia noch gesagt?«, fragte ich schließlich, um zu verhindern, dass die Stille unangenehmer wurde als ohnehin schon.
    »Nachdem sie dich weggeschickt hat?«
    Ich nickte.
    »Eigentlich gar nichts. Sie hat sich ihre Notizen genommen und ist im Büro verschwunden. Wo sie wahrscheinlich immer noch ist.«
    Ich seufzte. »Sie hat sich wirklich in diese Sache verrannt«, murmelte ich.
    Valentin nickte. »Was ist denn so toll an deiner Story? Bulimie ist es nicht, oder?«
    Ich verdrehte die Augen. Sofort wurde meine Körperhaltung angespannt. »Ich wusste es. Du hattest einen tiefer gehenden Plan bei der ganzen Sache.« Gleich kam das Interview. Ich bereitete mich schon einmal auf meine klassischen Ausreden vor.
    Er runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. »Eigentlich nicht. Wenn du es mir nicht erzählen willst, dann möchte ich dich nicht drängen. Es interessiert mich nur. Menschliche Neugier.« Er lächelte wieder.
    Ich hob die Schultern. Ich war mir nicht sicher,

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