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Flüstern in der Nacht

Flüstern in der Nacht

Titel: Flüstern in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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den Rücken laufen: Was wäre, wenn die Leiche sich jetzt auf dem Karren aufsetzte und das Laken wegriß?
    »Wir bringen Sie jetzt nach Hause«, meinte Clemenza. Sie verließ den Raum vor ihnen, fühlte sich elend, weil sie einen Menschen getötet hatte – war aber doch zugleich über alle Maßen erleichtert, ja sogar entzückt, daß dieser Mann tot war.
     
    Sie brachten sie mit dem neutral lackierten Polizeiwagen nach Hause. Frank fuhr, und Tony saß vorn neben ihm. Hilary Thomas saß hinten, die Schultern etwas in die Höhe gezogen und die Arme vor ihrem Körper verschränkt, als würde sie trotz der warmen Septembersonne frieren.
     
    Tony fand immer wieder einen Vorwand, sich umzudrehen und etwas zu ihr zu sagen. Er wollte sie immer wieder ansehen. Sie war so schön und erzeugte in ihm ein Gefühl, das er manchmal in Museen empfand, wenn er ein besonders schönes Gemälde eines alten Meisters betrachtete. Sie antwortete ihm, lächelte ihm sogar ein paarmal zu, war aber ganz und gar nicht auf leichte Konversation eingestellt. Sie hüllte sich in ihre Gedanken, starrte die meiste Zeit zum Fenster hinaus und sagte von sich aus nichts. Als sie in die kreisförmige Zufahrt ihres Haus einbogen und schließlich vor der Tür hielten, wandte sich Frank Howard um und meinte: »Miss Thomas ... ich ... äh ... ich sollte mich wohl bei Ihnen entschuldigen.«
    Tony überraschte das Eingeständnis nicht, wohl aber der Unterton echten Bedauerns in Franks Stimme und sein flehender Blick; Demut und Bescheidenheit schienen wohl nicht gerade Franks Stärke zu sein.
    Auch Hilary Thomas wirkte überrascht. »Oh ... nun ... Sie haben schließlich nur Ihre Pflicht getan.« »Nein«, entgegnete Frank, »das ist es ja. Zumindest habe ich meine Pflicht nicht sehr gut erledigt.« »Jetzt ist alles vorbei«, meinte sie. »Sie nehmen also meine Entschuldigung an?« »Nun ... natürlich«, erwiderte sie etwas unsicher. »So wie ich Sie behandelt habe – mir ist wirklich nicht wohl dabei.« »Frye wird mich jedenfalls nicht mehr belästigen«, sagte sie.
    »Darauf kommt es schließlich an.«
    Tony stieg aus dem Wagen und öffnete ihr die Tür. Sie konnte nicht selbst aussteigen, weil die hinteren Türen innen keine Griffe besaßen, um bei Festgenommenen die Flucht zu verhindern. Außerdem wollte er sie zum Haus begleiten. »Könnte sein, daß Sie noch bei einer gerichtlichen Voruntersuchung aussagen müssen«, erklärte er, während sie aufs Haus zugingen.
    »Warum? Als ich ihn niederstach, befand sich Frye in meinem Haus, gegen meinen Willen. Er hat mich bedroht, es war Notwehr.«
    »Oh, daß es Notwehr war, steht außer Zweifel«, antwortete Tony schnell. »Falls Sie beim Coroner aussagen müssen, wird es sich nur um eine Formalität handeln. Es besteht nicht die geringste Veranlassung, Sie in irgendeiner Weise unter Anklage zu stellen.«
    Sie sperrte die Haustür auf, öffnete sie, drehte sich nochmals um und lächelte strahlend. »Danke, daß Sie mir gestern nacht geglaubt haben, selbst nach dem, was der Sheriff von Napa County verkündet hat.«
    »Um den werden wir uns noch kümmern«, meinte Tony. »Er wird uns einiges erklären müssen. Falls es Sie interessiert, erzähle ich Ihnen, wie er sich da herausgeredet hat.« »Ich bin wirklich neugierig«, sagte sie. »Okay. Ich sage Ihnen Bescheid.« »Danke.«
    »Das ist doch keine Mühe.« Sie trat ins Haus. Er rührte sich nicht von der Stelle. Sie sah sich noch einmal um. Er lächelte dümmlich. »Gibt's noch was?« fragte sie. »Ja, eigentlich schon.« »Was?«
    »Eine Frage noch.« »Ja?«
    Tony fühlte sich bei einer Frau noch nie so verlegen. »Würden Sie am Samstag mit mir zu Abend essen?«
     
    »Oh«, meinte sie. »Nun ... ich glaube nicht, daß das möglich ist.« »Aha.«
     
    »Ich meine, ich würde gern.« »Wirklich?«
    »Aber ich habe im Augenblick nicht viel Zeit für mein Privatleben.« »Verstehe.«
    »Ich habe gerade diesen Vertrag mit Warner Brothers abgeschlossen, und er wird mich Tag und Nacht auf Trab halten.« »Verstehe«, wiederholte er.
    »Aber es war sehr nett von Ihnen, daß Sie mich eingeladen haben«, meinte sie.
    »Schon gut. Nun ... viel Glück bei Warner Brothers.« »Danke.«
    »Ich sag' Ihnen wegen Sheriff Laurenski Bescheid.« »Danke.«
    Er lächelte, und sie lächelte zurück.
    Er drehte sich um, ging zum Wagen und hörte, wie die Haustür ins Schloß fiel. Er blieb stehen und schaute sich noch mal um. Eine kleine Kröte hüpfte aus dem Gebüsch auf

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