Flug in Die Nacht
so unbeweglich dasaß, erinnerte er McLanahan irgendwie an das Washingtoner Lincoln-Denkmal.
Nun fixierte McLanahan ein spezielles Symbol in der rechten oberen Bildschirmecke. Als er »Aktivieren!« sagte, begann es zu blinken und zeigte damit an, daß es bereit war, Informationen zu liefern. »Ich hole mir jetzt Angaben übers Zielgebiet vom letzten NIRTSat-Überflug«, erklärte er Ormack.»In ein paar Minuten bekomme ich ein aktualisiertes Radarbild des Zielgebiets, das ich mit diesen Angaben kombinieren kann, um die SLAM für einen Volltreffer zu programmieren. Danach läuft der Angriff automatisch ab.«
An Bord der Jäger F-23 Wildcat
Die beiden F-23-Piloten, Oberstleutnant Mirisch und Hauptmann Ed Milo, hatten das Gefühl, ein Geisterschiff zu verfolgen – irgendwo dort draußen war ein Eindringling unterwegs, den alle ihre Sensoren jedoch kaum erfaßten.
Spürten sie ihn nicht innerhalb der nächsten fünf Minuten auf, riskierten sie, die Höchstpunktzahl für ein Abfangen außerhalb des Übungsgebiets abgezogen zu bekommen.
Trotzdem wußte Mirisch, daß dieses geheimnisvolle Flugzeug keine Chance gegen ihr Aufklärungssystem Nummer eins hatte – ihre Augen. Da Jarrels Air Battle Force nun auch B-1 und B-2 flog, konnte der Angreifer einer dieser Stealth-Bomber sein. Mirisch stellte fest, in welche Richtung die Schatten auf dem Erdboden fielen, und suchte dann kein Flugzeug, sondern einen großen Schatten: Der Schatten eines Bombers war viel größer als die Maschine selbst und ließ sich nicht tarnen …
Da!
»Horrido!« rief Mirisch. Er war so aufgeregt, daß er alle Funkdisziplin vergaß. «Jesus, ich hab’ einen B-2-Bomber, ein Uhr unter uns! Ein gottverdammter B-2-Bomber!« Deshalb hatten weder ihr Angriffsradar noch ihre Infrarotsensoren funktioniert: Der Radarquerschnitt der B-2 entsprach angeblich dem eines großen Vogels – und Vögel waren im Radar nicht sonderlich gut sichtbar. Mirisch hatte ein schwarzes Flugzeug erwartet, aber das fledermausähnliche Ungetüm hatte einen beige-grünen Tarnanstrich, der seine Konturen vor dem gleichfarbenen Gelände verschwimmen ließ. Obwohl es sehr tief flog, verriet es sich durch seinen am Spätnachmittag auffällig großen Schatten. »Raider, hier Raider Two-Zero, wir haben einen Bomber Bravo Zwo, wiederhole, Bravo Zwo im Tiefflug. Schließen auf, um … «
Plötzlich wurde die Einsatzfrequenz durch das schlimmste Heulen und Pfeifen gestört, das Mirisch jemals gehört hatte.
Dieser Störsender blockierte nicht nur sämtliche UHF-Kanäle, sondern auch ihren durch einen Scrambler abhörsicheren FM-Kanal. Die Störung war zwar lästig, aber sie konnte den Angriff nicht verhindern – sie hatten den Bomber in Sicht, keine B-2 war schneller, wendiger oder stärker bewaffnet als eine F-23. Dieser Kerl war praktisch geliefert. Der neu hinzugekommene Unbekannte spielte im Augenblick keine Rolle. Mirisch würde die B-2 abschießen und dann zurückfliegen, um sich den Neuankömmling mit dem starken Störsender vorzunehmen.
Da Mirisch der B-2 am nächsten war, übernahm er wieder die Führung und setzte sich hinter den Bomber. Die B-2 flog jetzt in Schlangenlinie und ging dabei tiefer und tiefer, bis ihr Schatten wirklich zu verschwinden schien. Mirisch mußte sich sehr konzentrieren, um den Bomber nicht aus den Augen zu verlieren, aber je näher er herankam, desto leichter wurde die Verfolgung. Als der Abstand sich auf sechs Kilometer verringert hatte, erfaßte endlich auch sein Angriffsradar die B-2. Die ECM-Sender des Bombers störten gewaltig, aber das Radar des Jägers wechselte rasch genug die Frequenzen, um in seiner Visierfunktion einsatzbereit zu bleiben. Kein Problem …
An Bord von Whisper One-Seven
Die Leistungshebel waren bis zum Anschlag nach vom geschoben, und Cobb hielt den hundertvierzig Tonnen schweren Bomber in dreihundert Fuß über Grund, wobei er manchmal schummelte und sogar noch etwas tiefer flog. Er wußte, daß seine wilden S-Kurven Fahrt kosteten, so daß die Jäger zu ihnen aufschließen konnten, aber die spezielle Tarnbemalung mit Wasserlack, die ihr Bomber für diesen Einsatz erhalten hatte, hatte den Vorteil, den einzigen Angriff zu erschweren, gegen den keine B-2 sich verteidigen konnte: einen Angriff aus geringer Entfernung mit Bordwaffen.
Solange das Angriffsradar der Jäger den Bomber nur gelegentlich erfaßte, war der wirkungsvollste Sensor der B-2 das digitale Heckwarnradar ALQ-158, das den Himmel hinter ihr absuchte und
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