Flug ins Feuer
absolut in der Lage gewesen wäre.
Zum ersten Mal in seinem Leben schämte er sich dafür,
dass er sein Studium zwar abgeschlossen, aber nichts daraus gemacht hatte, während andere, wie Nina, alles dafür täten, um an seiner Stelle zu sein.
Er hatte vergangene Nacht davon geträumt, von Nina und ihren Hoffnungen und Träumen, und er war aufgewacht auf einer Couch in Griffins Haus, wo er ganz für sich allein eine Dusche hatte und so viel heißes Wasser verbrauchen konnte, wie er wollte, wo er das Wasser direkt aus dem Wasserhahn trinken konnte, wenn er wollte.
Und dennoch wünschte er sich, in Mexiko zu sein, bei Nina.
In seinem Traum hatte er in einem rauschenden Fluss gestanden, irgendwo einsam im Copper Canyon, umgeben von alten Felsformationen und so viel Wildnis, dass er ewig hätte weitergehen können, ohne einer Menschenseele zu begegnen, wenn er gewollt hätte.
Aber er hatte nicht gewollt. Sogar seine Träume drehten sich um eine Frau, eine Frau mit dunklen, schmelzenden braunen Augen und einem Lächeln, das sein Herz erwärmte.
Nina.
Am nächsten Morgen kroch er aus dem Bett und griff sich das Telefon. Er wählte Hope International und weckte Sam Logan auf, einen Mann, der so engagiert war, dass er mit dem Geschäftstelefon direkt neben dem Kopfkissen schlief. »Sam, ich brauche die Nummer von Tom Farrell in San Puebla.«
»Warum, haben Sie was vergessen?« Sams Stimme klang ein wenig heiser, und Brody hörte im Hintergrund das sanfte Murmeln einer Frau.
Er zuckte zusammen und hoffte, dass er den Kerl nicht mittendrin gestört hatte. »Ja, habe ich.«
»Soll ich einen meiner Piloten bitten, es nächstes Mal für Sie mitzubringen?«
»Nein, weil ich ehrlich gesagt nicht etwas vergessen habe, sondern eine Person. Genau genommen eine Frau.«
»Toms Tochter«, sagte Sam. »Nina.«
»Woher wissen Sie …«
»Hören Sie, ich will nichts damit zu tun haben, nicht das Geringste. Aber hier ist die Nummer.«
Brody kritzelte sie auf und fragte sich, wie Sam das wohl gemeint hatte, und dann wählte er die Nummer des Rio Vista Inn so schnell er konnte.
Tom meldete sich. »Nina?«
»Nein, aber ich würde gern mit ihr sprechen. Hier ist Brody Moore. Griffins Bruder...«
»Ich weiß, wer du bist, zum Teufel«, knurrte Tom.
»Wo ist Nina?«
Langes Schweigen am anderen Ende der Leitung. »Deine Frage soll wohl heißen, dass sie nicht bei dir ist. Ich weiß wirklich nicht, ob ich das für ein gutes oder ein schlechtes Zeichen halten soll.«
Brodys Herzschlag setzte aus. »Wieso sollte sie bei mir sein? Wollen Sie damit sagen, dass sie …«
»Verschwunden ist«, sagte Tom lahm. »Und zwar seit Lyndie weggeflogen ist.«
Brody sank auf einen Stuhl, während seine Gedanken sich überschlugen. Sie hatte ihm gesagt, dass sie in die Staaten wollte, und er hatte sie nicht ernst genommen. »Hat sie angerufen?«
»Sie hat mir eine Notiz hinterlassen, dass ich mir keine Sorgen machen soll. Eine gottverdammte Notiz.«
Schuldgefühle überwältigten Brody. Wenn er doch nur...
»Hörst du mir zu, Junge?«
Er hatte nie richtig zugehört, das war immer schon sein Problem gewesen. »Ja, ich höre zu.«
»Gut, weil ich gerade beschlossen habe, mich auf dich zu verlassen bei der Suche nach ihr. Du hast ihr die Flausen in den Kopf gesetzt, was sie da drüben alles tun kann, und jetzt kannst du es wieder in Ordnung bringen.«
Nein, er hatte ihr nichts in den Kopf gesetzt, all die Hoffnungen und Träume hatte sie bereits gehabt. Er hatte sich einfach nur mit ihr vergnügt, sie genossen und angenommen, dass sie nie wirklich versuchen würde, diese Träume in die Tat umzusetzen, denn wie viele Menschen taten das schon?
Er hätte wissen müssen, dass Nina anders war als die meisten Menschen; dass sie sagte, was sie meinte, und jetzt hatte sie einen Weg gefunden, ihre Träume in die Tat umzusetzen.
Gequält schloss er die Augen. Er hatte sie nicht ernst genug genommen, mit dem Ergebnis, dass sie sich an jemand anderen um Hilfe gewandt hatte? An Lyndie?
Vielleicht. Nina hatte sehr viel Stolz. Sie dachte vielleicht, dass sie das allein durchziehen konnte, was bedeutete, dass sie irgendwo da draußen war, eine Wohnung suchen musste, eine Arbeitsstelle, und das alles ganz allein.
Alles Mögliche konnte ihr zustoßen. »Ich bringe das in Ordnung«, versprach er überstürzt.
»Tu das.«
25
Sam rief Lyndie jeden Tag an, nachdem sie aus San Puebla zurückgekehrt war, und wollte, dass sie für ihn flog, aber sie lehnte
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