Flut: Roman (German Edition)
eingetroffen. Manches andere nicht, aber in vielem hatte er Recht.«
»Und?«
»Er hat vorausgesagt, dass eines Tages der Papst auf nackten Füßen Rom in südlicher Richtung verlassen wird«, sagte De Ville leise. »Und dass damit das Ende der katholischen Kirche gekommen ist.«
Rachel blickte erschüttert auf Torben herab, aber in seinem Gesicht war nur Leere und die langsam verblassende Spur einer abgrundtiefen Verzweiflung und eines Schmerzes, der größer war, als irgendein Mensch ertragen konnte oder sollte.
»Und auch dieser Teil der Prophezeiung ist eingetroffen«, sagte Darkov. »Warum hören wir nicht endlich auf, uns zu bekämpfen, und fügen uns in unser Schicksal?«
»Das habe ich ja versucht«, sagte De Ville bitter.
Darkov seufzte tief und schüttelte mit geschlossenen Augen den Kopf. »Schade«, murmelte er. »Ich hätte es vorgezogen …«
Wieder zerriss ein greller, wie mit einem Messer in das Firmament geschnittener Blitz die falsche Dämmerung, aber diesmal explodierte er nicht in einer Lichtflut, um gleich darauf zu erlöschen, sondern fand in rasender Schnelligkeit seinen Weg bis zur Erde hinab und verschwand hinter dem schon zum größten Teil ausgebrannten Wrack des Busses. Im nächsten Sekundenbruchteil loderte eine grelle Flammensäule in die Höhe und Rachel und alle anderen fuhren erschrocken zusammen, als ein dumpfer Donnerschlag zu ihnen herüberwehte. Dann begann Feuer vom Himmel zu regnen.
Wie schon die Male zuvor, als sie diese Art von mörderischem Wunder erlebt hatte, ging es unglaublich schnell und beinahe ohne Vorwarnung. Plötzlich schien die Straße an zahllosen Stellen von winzigen, neu entstandenen Vulkankratern aufgerissen zu werden, aus denen Feuer und geschmolzenes Gestein in die Höhe schoss. Es mussten Dutzende, wenn nicht Hunderte Meteoriten sein, die um sie herum niederprasselten, und auch wenn sie aus purem Eis bestanden, explodierten sie doch mit der Wucht nuklearer Geschosse. Wohin sie auch blickten, war plötzlich nichts anderes aus Feuer und Staub, aber kein einziger der todbringenden Himmelsboten kam auch nur in ihre Nähe.
Dafür schlug eine ganze Salve von Meteoriten in die Häuser auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein.
Keiner der Männer drüben hatte eine Chance. Vermutlich begriffen sie nicht einmal mehr, was sie tötete. Wo gerade noch eine Reihe jahrhundertealter Gebäude gestanden hatte, erhob sich plötzlich eine brüllende Flammenwand zwanzig oder dreißig Meter weit in die Höhe, und was dem ersten verheerenden Einschlag vielleicht noch entgangen sein mochte, fiel der gewaltigen Druckwelle zum Opfer, die die Explosion auslöste. Rachel fand gerade noch Zeit, herumzuwirbeln und sich schützend vor Tanja zu stellen, ehe auch sie wie alle anderen von den Füßen gefegt wurde und hilflos davonrollte. Das weiche Gras dämpfte den Aufprall und die Hitze war hier zwar noch schlimm genug, um sie aufstöhnen zu lassen, aber nicht mehr wirklich gefährlich.
Benommen blieb sie einen Moment liegen. In ihren Ohren war ein quälendes Heulen und Dröhnen, aber das Geräusch verging nach wenigen Augenblicken und machte einer fast noch unheimlicheren Stille Platz. Sie blinzelte, stemmte sich auf Knie und Ellbogen hoch und sah sich ungläubig um.
Es war vorbei.
Die Häuser auf der gegenüberliegenden Straßenseite brannten auf einer Strecke von sicherlich zweihundert Metern und auch an zahllosen anderen Stellen leckten Flammen in die Höhe, aber das himmlische Bombardement hatte so schnell wieder aufgehört, wie es begonnen hatte.
Die Druckwelle hatte auch Darkov und seine Begleiter von den Füßen gerissen. Und selbstverständlich versuchte De Ville die Chance zu nutzen, die sich ihm bot. Er sprang in die Höhe und riss in der gleichen Bewegung die Waffe aus dem Gürtel, aber so unglaublich schnell er auch war, er war nicht schnell genug. Einer von Darkovs Begleitern legte im Liegen mit dem Gewehr auf ihn an und schoss. Die Kugel traf De Ville in den Oberarm und wirbelte ihn herum, und noch bevor er zu Boden fiel, drückte der Söldner ein zweites Mal ab und traf diesmal den Soldaten, der ebenfalls versucht hatte, seine Waffe zu ziehen. Der Mann brach lautlos zusammen und Torben sagte scharf: »Aufhören!«
Erstaunlicherweise gehorchte der Söldner. Er schwenkte seine Waffe zwar herum und zielte damit drohend in ihre Richtung, feuerte aber nicht noch einmal, sondern richtete sich nur vorsichtig auf ein Knie auf und stützte den Lauf des Gewehrs
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