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Flut und Boden: Roman einer Familie (German Edition)

Flut und Boden: Roman einer Familie (German Edition)

Titel: Flut und Boden: Roman einer Familie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Leo
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hätte sich wohl von jener, sein Metzer Dienststellenleiter, der Biologieprofessor Bruno K. Schultz, von dieser Charakterisierung angesprochen gefühlt. Zwei Typen der gleichen Art, die einander schnell schätzen lernen und sich über die Fortsetzung ihrer Zusammenarbeit freuen, als nach Erledigung des Jobs im Westen der gesamte Auslesestab nach Marburg an der Drau ins slowenische Grenzgebiet verlegt wird.
    Im Sommer 1941 ist ein Personalbericht über den Eignungsprüfer mit der Nummer 76 zu erstellen, dem Anschein nach routinemäßig. Vermutlich hätten das auch andere Vorgesetzte erledigen können. Aber diesen Fall nimmt der Leiter der Einsatzstelle Süd-Ost lieber persönlich in die Hände. Der zu Beurteilende ist gerade von den Folgen eines schweren Autounfalls genesen, und außerdem hat sein Chef etwas vor mit ihm.
    Rassisches Gesamtbild: nordisch-fälisch, schreibt er in freundlich runden Buchstaben, die sich angenehm von den zackigen Prätentionsbrocken anderer hoher SS-Führer unterscheiden (wenn er Bests Unterschrift sieht, muss er jedes Mal schmunzeln).
    Persönliche Haltung: soldatisch-tadellos.
    Auftreten und Benehmen in und außer Dienst: einwandfrei u. vorbildlich.
    Geldliche Verhältnisse: geordnet soweit bekannt.
    Familienverhältnisse: geordnet.
    Allgemeine Charaktereigenschaften: gerader, offener Charakter, stets einsatzbereit.
    Geistige Frische: sehr rege.
    Auffassungsvermögen: sehr gut.
    Willenskraft und persönliche Härte: ausgeprägt.
    Lebensauffassung und Urteilsvermögen: sauber und klar.
    Besondere Vorzüge und Fähigkeiten: großes Verständnis f. Rassen und Bevölkerungsbiologie, Naturfreund.
    Besondere Mängel und Schwächen: keine bekannt.
    Jeden dieser Einträge bringt er flüssig, ohne aufzuschauen, zu Papier. Er weiß genau, was er da tut. Nur einmal stockt diese kleine, ihm aber sehr wichtige Schreibarbeit. Punkt II, 5: Wissen und Bildung. Das weiß er nicht, da muss er fragen.
    »Schule?«
    »Gymnasium.«
    »Also Abitur.«
    »Nein, Standartenführer, kein Abitur. In der Sekunda bin ich raus.«
    »Was? Das gibt’s doch gar nicht.«
    »Doch. So was kommt in den besten Familien vor.«
    Der Vorgesetzte wirkt erstaunt und hält kurz inne. Dann gibt er sich einen Ruck.
    »Papperlapapp«, sagt er. »Wenn ich sage, Sie haben Abitur, dann haben Sie Abitur. Verstanden? Und lassen Sie mal den Standartenführer weg. Für Sie, mein Lieber: Schultz.«
    Der Obersturmführer fühlt das warme Wohlwollen, das ihm da entgegengebracht wird. Aber noch traut er ihm nicht, so was ist er nämlich nicht gewohnt. Will der andere ihn prüfen?
    »Danke, Herr«, sagt er, und erst nach einer Pause spricht er auch den Nachnamen aus; aus dem Bremer Munde klingt es wie: Schouz. »Aber ich weiß nicht recht. Wenn da Abitur steht und das rauskommt, wird das Konsequenzen haben. Das wissen Sie.«
    »Nun mal nicht so ängstlich«, sagt der Chef und lächelt aufmunternd, »ist doch sonst nicht Ihre Art. Wer hat das denn ausgefüllt und unterschrieben? Genau, der Standartenführer Schultz. Na, und der wird sich doch mal irren können. Alles, was er gehört hat, ist: Gymnasium. Alles, was er dabei gedacht hat, ist: eh klar bei dem. Und dann schreibt er halt aus Versehen hin: Abitur. Ich bitte Sie. Wo, sagten Sie, wurde Ihr verehrter Vater promoviert?«
    »In Leipzig, Herr Schultz.«
    »Bei Lamprecht?«
    »Ja, ich glaube. Mutter hat den Namen oft erwähnt.«
    »Meine Güte! Und dann so kleinlaut. Und der andere Historiker? Heinrich Leo, der alte Hegelfresser – auch einer von Ihnen?«
    »Ja, aber keine direkte Linie.«
    Der Professor schüttelt den Kopf, als könne er so viel selbstgewählte Unmündigkeit gar nicht fassen. Dann beugt er sich, um dem Folgenden Nachdruck zu verleihen, so weit über den Schreibtisch, dass er seinem kerzengerade sitzenden Gegenüber im Flüsterton kommen und zugleich ein wenig von unten in die Augen gucken kann. Es soll wohl verschwörerisch aussehen.
    »Wir sind hier im Feld, Leo. Auf ein Wort: Wollen Sie wirklich Ihr ganzes Leben lang Slawenärsche mustern?«
    Der Angesprochene regt sich nicht, aber er kapiert langsam, wo das hinführt. Auf keinen Fall anmerken lassen!
    »Wann haben Sie sich denn von der Penne verdrückt? Um ’25 vermutlich?«
    Der Obersturmführer nickt.
    »Also bitte! Jetzt machen Sie sich mal keinen Kopf um die paar Jahre Systemzeit. Das ist ein Furz der Weltgeschichte. Dass da so manches aus dem Ruder gelaufen ist, muss ich Ihnen ja wohl nicht erklären. Wer hat sich

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