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Flutgrab

Flutgrab

Titel: Flutgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meister Derek
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packte Rungholts Arm und zog ihn mit aller Kraft zu sich her.
    Rungholt stöhnte. Er schaute über den First, und es schwindelte ihn noch schlimmer. Die Schindeln waren glitschig und feucht, teilweise mit Moos besetzt. Diesmal würde er nicht durchs Dach brechen, sondern einfach über die Traufe stürzen. Hinabfallen ohne Halt. Keine Butter würde ihn retten.
    »Lass dich mit den Füßen voran runter.« Marek hielt ihn, während er sein Bein über den First schwang.
    »Du schaffst das.« Sinje war bereits auf der anderen Seite.
    Sich an Marek klammernd, zog Rungholt das andere Bein nach und rutschte ein Stück, musste sich mit den Armen abstoßen, um über das nasse Holz nach unten zu gleiten. Vergeblich versuchte er, die Traufe zu sehen, irgendwas hinter und unter sich auszumachen. Sein Körper war einfach zu massig, um daran vorbeizuschielen. Einzig Sinje konnte er erahnen. Sie war gebückt die Schindeln hinabgegangen, hockte auf Traufenhöhe am Giebel und spähte nach unten in die Engelsgrube.
    »Kommt her!«, drang ihr Ruf durch den Regen. Kurz darauf war Marek auf Rungholts Höhe. »Sie sind raus. Sie sind auf dem Dach«, schrie er gegen den Wind.
    »Das dauert alles zu lange, wir kommen hier …«
    Marek unterbrach Rungholt, indem er seinem Freund einen Stoß versetzte.
    Rungholt schrie auf, fluchte und rutschte drei Klafter abwärts, riss unterwegs Schindeln ab und schlitterte bis zur Traufe. »Marek«, belferte er, und seine Blicke sprangen panisch hin und her.
    »Hier lang.« Sinje packte Rungholt, zog den Knienden zu sich zum Giebel. Völlig durcheinander ließ er es mit sich machen und hockte plötzlich neben ihr und starrte auf die Engelsgrube hinunter.
    Marek schloss auf und überblickte sofort die Lage. Unter ihnen – zweieinhalb Klafter tief – standen Regenfässer. Und drei Pferde. Die Kaltblüter der Riddere warteten schnaubend vor Rungholts Haus im Regen.
    »Rungholt!«, zerriss Kerkrings Ruf das Regenpladdern. »Bleibt stehen! Sonst erkläre ich hiermit, dass Ihr vorvluchtig seid. Stellt Euch dem Hohen Gericht Lübecks.«
    Rungholt riss den Kopf herum. Zwei der Leibwächter kraxelten bereits auf sie zu, hielten sich schräg gegen Wind und Dach und schoben sich unaufhaltsam zu ihnen vor. Hinter dem First ragte Kerkrings massige Gestalt in den blitzflackernden Himmel. Er hielt sich am First fest, mochte seinen Stock nicht loslassen, schlug jedoch auch die Hände weg, die ihn stützen wollten.
    »Einen Teufel werd ich«, knurrte Rungholt bei seinem Anblick leise und wandte sich seinen Mitstreitern zu. »Sagt nichts«, hielt er die beiden zurück, die ihn zum Sprung drängen wollten. »Ich bin vom Dach gefallen, ich bin vom Baum gefallen, fall ich jetzt eben vom Giebel. Wer stößt …«
    Bevor er ausgesprochen hatte, stemmte sich Sinje gegen seinen Hintern und stieß ihn über die Kante.
    Rungholt fiel den Kaltblütern entgegen, prallte auf den Rücken eines der Rappen, versuchte sich im Abrutschen am Sattel zu halten. Es gelang! Auf halbem Weg in den Matsch verfing er sich im Sattelzeug. Den Fuß im Steigbügel, den Kopf im Morast, riss er sofort die Hände hoch, wartete auf den Tritt, den Huf, der seinen Kopf zermalmen würde, aber das Pferd trippelte wiehernd seitwärts. Es stieg nicht, schüttelte sich lediglich. Er wurde hin und her geschleudert, schrie und versuchte irgendwie seine Pfunde hochzustemmen und den Sattel zu packen. Vergebens.
    Aus dem Augenwinkel sah er, wie Marek mit einem gekonnten Sprung auf dem Rücken eines Braunen landete. Er winkte Sinje, aber die Heilerin zögerte. Erst als die Riddere nach ihr griffen, überwand sie ihre Angst.
    Mit einem Aufschrei stürzte sie auf das rotbraune Pferd, rutschte ab. Sie landete unsanft im Matsch, verlor den Kinderschädel, der aufbrach und im Regen liegen blieb.
    »Sinje!«, rief Marek.
    Sie kam schon wieder auf die Beine. »Geht schon«, keuchte sie und zog sich aufs Pferd. Rungholt hing noch immer kopfüber im Steigbügel, versuchte einen Blick auf die Riddere zu werfen und bemerkte dann den Schädel. Keine zwei Armlängen von ihm entfernt lag er da.
    Nicht wissend, was er eigentlich tat, betäubt vom Wiehern und den Rufen und dem Dreck, der ihm um die Ohren flog, versuchte er, nach dem Kopf zu greifen.
    »Lass es«, drang Mareks Warnung zu ihm, und er wurde gewahr, dass die Riddere nur wegen ihrer schweren Waffen und den Kettenhemden noch zögerten, ihnen nachzusetzen. Einer schnallte jedoch bereits sein Schwert ab und visierte Marek

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