FOOD CRASH
Region, die ca. 2,5 Schweine pro Jahr und Mastplatz mästen. Der nächste Artikel empfiehlt unter der Überschrift »Mit guten Argumenten in die Offensive gehen« den Bauern, sich in die öffentliche Diskussion einzubringen, damit die baugesetzlichen Möglichkeiten erhalten bleiben, die all das ermöglichen.
Und dann kommt das Interview mit Herrn Franz-Josef Möllers. Der ist selbst Schweinemäster, Präsident des Westfälisch-Lippeschen Landwirtschaftsverbandes, des Bauernverbandes in diesem Bundesland, und er dürfte ein Herz und eine Seele mit dem neuen Landwirtschaftsminister des Nachbarlandes Niedersachsen sein. Herr Möllers nämlich empfiehlt Wachstum, allerdings mit Maß. Denn wachsen muss man doch, nicht wahr?
Liebe Leser, dies ist kein Buch über die agrarpolitischen Probleme Norddeutschlands. Doch wenn unsere Politiker, unsere Wirtschaftsvertreter und die Vertreter des bäuerlichen Berufsstandes der Welt unser Landwirtschaftssystem zur Nachahmung empfehlen, um damit die Ernährungsprobleme künftiger Generationen zu lösen, dann kommen wir nicht umhin, uns anzusehen, wie dieses System aussieht und funktioniert. Ich weiß nicht, wie’s Ihnen damit ergeht. Mich macht es sprachlos, dass jemand ernsthaft glaubt, das sei die Richtung, in die es gehen muss!
Planetary Boundaries –
Wie viel unser Planet noch aushält
Im September 2009 veröffentlichte das renommierte Wissenschaftsmagazin
Nature
einen Beitrag mit dem Titel »A safe operating space for humanity« [83] . Die Liste der Autoren, zu denen auch der Direktor des Potsdamer Institutes für Klimafolgenabschätzung, Hans Joachim Schellnhuber, gehört, liest sich wie ein Who’s who der Geo- und Umweltwissenschaften. Es geht ihnen um die Gefährdung unserer Lebensbedingungen durch menschliches Einwirken. Sie beschreiben, welche günstigen Umweltbedingungen im seit 10 000 Jahre andauernden Erdzeitalter »Holozän« für die Existenz des Menschen bislang herrschen. Sie seien sehr stabil, und natürliche Regelungsmechanismen hätten dafür gesorgt, dass die Schwankungen bei Parametern wie Durchschnittstemperaturen, Frischwasserverfügbarkeit oder biochemischen Stoff-Flüssen in recht engen Grenzen gehalten wurden.
Der Beginn des Industriezeitalters markiert nun den Beginn eines neuen Erdzeitalters, das die Autoren »Anthropozän« nennen, weil menschliche Aktivität wirkungsvoller wird als natürliche Regelung. Damit würden die Grenzen der bisherigen Schwankungsbreiten überschritten, und es sei abzusehen, dass der stabile Zustand des Holozäns mit nachteiligen, ja sogar katastrophalen Folgen für die Lebensbedingungen der Menschheit verändert wird. Entgegen den allmählichen Übergängen natürlicher Vorgänge, wie sie während des Holozäns geherrscht hätten, sei mit abrupten Änderungen zu rechnen, wenn Belastungsgrenzen überschritten werden. Träten diese Folgen ein, so seien sie für mehrere Jahrtausende nicht mehr rückgängig zu machen.
Die Wissenschaftler definieren neun Parameter, deren Entwicklung sie für das Funktionieren des globalen Ökosystems für entscheidend halten:
1. Klimawandel
2. Verlust an Biodiversität
3. Stickstoff- und Phosphatkreislauf
4. Verminderung der Ozonschicht
5. Versauerung der Ozeane
6. Globaler Frischwasserverbrauch
7. Änderung der Landnutzung
8. Aufladung der Atmosphäre mit Kleinstpartikeln
9. Umweltverschmutzung mit chemischen Substanzen.
Quelle:
Nature,
Übersetzung: Peter Röhrig
Für jeden dieser Parameter benennen sie Obergrenzen, innerhalb derer sich die Umweltbedingungen für uns Menschen sicher gestalten können, deren Überschreitung aber dem globalen Ökosystem irreparablen Schaden zufügt. Das aus dem Artikel entnommene Schaubild zeigt, wie nahe die tatsächliche Belastung diesen Grenzen schon gekommen ist bzw. dass bei den ersten drei Parametern das Maximum bereits überschritten wurde. Eine Quantifizierung bei den Parametern acht und neun steht noch aus.
Für unser Thema von Bedeutung ist, dass allenfalls mit Ausnahme der Punkte vier und acht alle Parameter primär mit der Landwirtschaft verbunden sind. Und dass die Belastungen durchweg von der industriellen, konventionellen, Input-intensiven Landwirtschaft verursacht werden.
Heilsversprechen aus dem Labor
Die Veröffentlichung von diplomatischem Schriftverkehr durch die Enthüllungsplattform
WikiLeaks,
die im Dezember 2010 für Furore sorgte, förderte allerlei Taktlosigkeiten ans Tageslicht, deren Kenntnis allenfalls für die
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