Forbidden
abgenommen, obwohl er damit auf dieser Seite des Schultors einen Verweis riskiert.
»Hallo, Maya!« Sein Lächeln wird breiter. Er wirkt sehr glatt und gewandt, sehr selbstbewusst. Mit solchen Auftritten hat er seit Jahren Übung. Er hält vor mir an, so nahe vor mir, dass ich einen Schritt zurück mache. »Wie geht es dir? Wir haben schon ewig nicht mehr miteinander geredet!«
Er tut so, als wären wir alte Freunde, obwohl er bis jetzt in der Schule kaum ein Wort mit mir gewechselt hat. Ich zwinge mich, seinem Blick standzuhalten, und lächle. Ich hatte unrecht: Seine Augen sind ganz anders als die von Lochan – das Grün ist mit Braun vermengt. Seine Haare sind braun. Ich weiß nicht, warum ich da jemals irgendwelche Ähnlichkeiten gesehen habe.
»Musst du gleich nach Hause?«, fragte er. »Oder hast du Zeit für einen Drink bei Smiley’s ?«
Mann, der verliert ja keine Zeit. »Ich muss meinen kleinen Bruder und meine kleine Schwester abholen«, antworte ich. Was auch stimmt.
»Hör zu, ich will ehrlich zu dir sein.« Er stellt seinen Rucksack auf dem Boden ab, um klarzumachen, dass es sich jetzt um ein echtes Gespräch handelt, und streicht sich die Haare aus den Augen. »Du bist ein großartiges Mädchen, weißt du. Und ich hab immer schon, weißt du, was für dich übriggehabt. Ich dachte nicht, dass es dir auch so geht, deshalb hab ich bisher nichts gesagt. Aber was soll’s, na ja, carpe diem eben und so.«
Glaubt er, dass er mich mit seinem Latein beeindrucken kann?
»Ich hab immer gedacht, wir könnten gute Freunde sein. Aber weißt du was? Ich glaube, das zwischen uns könnte noch stärker sein. Also, alles, was ich sagen will – also, vielleicht könnten wir beide uns, weißt du, mal etwas besser kennenlernen?«
Wenn er noch ein einziges Mal »weißt du« sagt, fange ich zu schreien an, das schwöre ich.
»Ich würde mich wirklich geehrt fühlen, wenn ich dich mal zum Abendessen ausführen dürfte. Glaubst du, es besteht da vielleicht auch nur die entfernteste Möglichkeit, dass ich dich dazu bringen kann, Ja zu sagen?« Er lässt wieder seine sämtlichen Zähne vor mir aufblitzen. Fast könnte man das für ein echtes, liebevolles Lächeln halten. Oh ja, das beherrscht er sehr gut.
Ich tue so, als müsste ich einen Moment nachdenken. Sein Lächeln hält an. Ich bin beeindruckt. »Okay, ich glaube …«
Das Lächeln wird noch breiter. »Das ist großartig. Wirklich großartig. Würde dir Freitag passen?«
»Freitag ist in Ordnung.«
»Cool. Was magst du denn gern? Japanisch, thailändisch, mexikanisch, libanesisch?«
»Pizza tut’s auch für mich.«
Seine Augen leuchten auf. »Ich weiß da ein Restaurant – die beste italienische Küche weit und breit. Dann komm ich so um sieben bei dir vorbei?«
Ich will schon protestieren und sagen, dass es vielleicht besser ist, wir treffen uns vor der Schule. Aber dann kommt mir der Gedanke, dass es vielleicht keine schlechte Sache ist, wenn er mich zu Hause abholt.
»In Ordnung. Sieben Uhr. Am Freitag.« Ich lächle wieder. Meine Mundwinkel tun mir allmählich weh.
Er legt den Kopf zur Seite und zwinkert mir zu. »Du musst mir noch deine Adresse geben!«
Nico DiMarco zieht einen Stift heraus, während ich in meinen Taschen wühle und schließlich einen zerknitterten Kassenbonfinde. Ich schreibe meine Adresse und Telefonnummer auf und reiche ihm den Zettel. Als ich das tue, berührt er einen Moment meine Finger und knipst ein weiteres 100-Watt-Lächeln an. »Ich freu mich drauf.«
Allmählich denke ich, vielleicht hab ich ja wirklich meinen Spaß dabei, und wenn es nur dazu da ist, um am nächsten Tag mit Francie darüber lachen zu können. Diesmal bringe ich ein echtes Lächeln zustande und sage: »Ja, ich mich auch.«
Francie springt hinter dem nächsten Telefonhäuschen hervor. »Der Wahnsinn, der Wahnsinn! Du musst mir alles erzählen!«
Ich zucke zusammen und fahre mit den Händen an die Ohren. »He, Vorsicht! Oder willst du, dass ich einen Herzinfarkt kriege?«
»Du wirst rot! Oh mein Gott, du hast Ja gesagt, oder?«
Ich schildere ihr kurz unser Gespräch. Francie packt mich an den Schultern, schüttelt mich kräftig und fängt an zu kreischen. Eine Frau blickt sich alarmiert um.
»Beruhige dich!« Ich lache. »Er ist ein absoluter Idiot, Francie!«
»Ach ja? Als ob du ihn nicht anhimmeln würdest!«
»Okay, vielleicht finde ich ihn ein klein wenig attraktiv –«
»Ich wusste es! Du hast dich erst letzte Woche beklagt, dass
Weitere Kostenlose Bücher