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Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)

Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)

Titel: Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
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war: Halt still, halt bloß still! Dann fuhr ein Messer viel zu nahe bei
seiner Wange ins Holz, er zuckte zusammen, die Zuschauer schrien auf –
    Von dem lass ich mich nie mehr provozieren!, schwor er
sich und fasste die Griffe mit schweißigen Händen fester. Nie mehr! Wenn ich
das hier überstehe, dann –
    Juniper tauchte wieder vor ihm auf. Gott sei Dank, die
Sache war vorbei! Er wollte absteigen, aber Juniper schüttelte den Kopf. „Es
läuft gut, er wirft noch ’ne Runde, hat er gesagt.“
    „Scheiße, mir reicht’s!“
    „Ich bind dich fest, sonst fällst du runter.“
    „ Scheiße , wieso das denn?“
    „Horgest dreh die Scheibe jetzt. Mach einfach die
Augen zu, mach ich auch immer! Und die Kramper kriegen das Zittern.“
    „Ich auch, verdammt!“
    Aber was sollte er tun – sich weigern vor all den
Leuten?! Juniper schloss die Gurte um seine Hand- und Fußgelenke und löste die
Feststellung der Scheibe.
    „Sag ihm, er soll bloß nicht rückwärts werfen! Hast du
gehört?! Da mach ich nicht mit!“
    „Alles klar, nur die Ruhe, das macht er nie, wenn
einer an –“
    Dann übertönte ihn der Chef, als er das folgende,
besonders gefährliche Kunststück auch noch wortreich und pathetisch ankündigte.
Für Flucht war es zu spät.
    An der Rückseite der Scheibe begann Horgest die Kurbel
zu drehen, die das Ding langsam in Bewegung setzte – und schon hing er mit dem
Kopf nach unten … schwang langsam wieder herauf … Die Scheibe ächzte und eierte
auf der Nabe, aber Horgest kurbelte unbeirrt und ganz gleichmäßig – die
Voraussetzung dafür, dass diese Nummer überhaupt gelingen konnte. Drei
Umdrehungen wartete der Werfer ab, um sich auf das Tempo einzustellen, um es
spannend zu machen und vielleicht auch, um sein Opfer so richtig im eigenen
Saft schmoren zu lassen. Bei der zweiten Runde fiel James das Tuch vom Kopf,
und er hörte ein kollektives Aufstöhnen aus dem Publikum. Oh Gott. Er war
schwindelfrei und Achterbahn-erprobt, sogar mit Hamburger, Hot Dog und Bier im
Magen, aber das hier …
    Noch einmal hörte er einen wilden Trommelwirbel, dann
die Stimme des Chefs, ohne ein Wort zu verstehen – dann wurde es vollkommen
still. In der Stille hörte er das erste Messer auf sich zufliegen. Es schlug neben
seinem linken Fuß ins Holz.
    Obwohl die Drehung langsam war, flossen die
glotzäugigen Gesichter, die hell leuchtenden Fackeln, der sich rot verfärbende
Himmel vor seinen Augen ineinander, und auf einmal war er völlig sicher, dass
Firn ihn treffen würde, aber es war ihm egal. Ein ganz verrücktes Gefühl
überkam ihn, rückte all das – die Zuschauer, die fliegenden Messer, das Tock!
Tock! Tock!, mit dem sie um ihn herum einschlugen – an den Rand seiner
Aufmerksamkeit. Stattdessen fühlte er, dass der einzige ruhende Pol in dieser
kreiselnden Welt, diesen beiden kreiselnden Welten, in ihm lag … dass er
die Nabe war … er , irgendwo in einem dunklen Zwischenraum zwischen Hier
und Drüben.
    Erst als Juniper ihn von der Scheibe weg und vor die
Zuschauer führte, als er sich umsah und den groben Umriss aus Messern in der
Scheibe stecken sah, begriff er, dass er nicht getroffen worden war.
    „Ich wette, du hast die Hosen voll“, sagte Firn, als
sie sich verbeugten.
    „Ich wette, du kriegst heut noch die Fresse voll“,
erwiderte er inbrünstig.
    Das Publikum applaudierte begeistert, und sie
verbeugten sich noch mal, beide mit einem Grinsen voller Zähne, und dabei wurde
James auf einmal klar, dass er gerade seine ersten Chaval verdient – und gleich
wieder verloren hatte.
     
    3
    Zwei
junge Männer hatten sie nach der Vorstellung zu einem Platz am anderen Ende von
Kantabre geführt, zu einem erfreulich grünen Ort direkt am Zaun, vielleicht so
etwas wie die Dorfwiese, mit mannshohen Buchsbaumhecken und sogar einem Baum in
der Mitte. Hier durften sie für die Nacht lagern und sich mit Wasser aus dem
Bach versorgen, der an diesem Platz vorbeifloss – gutes Wasser, wie sie
versicherten, auch die Kantabrer nähmen ihr Trink- und Waschwasser daraus. Dann
verabschiedeten sie sich hastig, auch wenn sie offenbar gern noch länger
geblieben wären und den seltsamen Gästen zugesehen hätten, aber die Sonne sank
eben unter den Horizont. Sie und all die anderen, die sich schüchtern gaffend
um ihren Lagerplatz herumgedrückt hatten, verschwanden in verschiedene
Richtungen, und dann war der Stern von Montagu allein.
    Die sinkende Sonne, das aschegraue Abendlicht, das die
Kantabrer anscheinend so

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