Frame, Janet

Titel: Frame, Janet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wenn Eulen schrein

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bunten Kopftuch bedeckt war, zerwehte ihr dauergewelltes Haar; ihre offenen Mäntel flatterten, und ihre Gesichter waren verbissen und ohne Lächeln; und lederne Frühstückstaschen klemmten auf den Gepäckträgern ihrer Fahrräder, oder sie hatten Geld im Portemonnaie für Pasteten zum Mittagessen aus dem Laden in der Nähe, mit dem Fenster voller Fliegenschmutz und den riesigen leeren, verstaubten Weeties- und Kornies-Packungen und dem verzackten rosa Abreißblock mit Losen auf dem Ladentisch: Die Chance Ihres Lebens, erster Preis eine Waschmaschine und Trostpreis ein Staubsauger; weiter und weiter radelten sie, die Spinnereimädchen, ohne die Spinnerei schon zu sehen, angetrieben von einer geheimen Sirene in ihren Köpfen, die triumphierend durch die ganze Stadt gellte, wenn sie jedes letzte Stück ihrer Beute eingefangen hatte. Es schien, als führen die Spinnereimädchen in ein Nichts aus Nordwind hinein, oder den Nordwest, der ihnen mit heißem Staub aus der Ebene das Atmen schwer machte; und an manchen Tagen wurden sie vom Wind aus dem Süden gejagt und gehetzt, vom Schnee her, wie Francies Mutter immer sagte, aber Francie und Daphne wussten, dass die vielen Hundert Mädchen, davon einige in Francies Alter, Tag für Tag für Tag in einen dunklen, mit Wolle gefüllten Saal verbannt wurden, wo sie durch Berge dicker, staubig riechender Bündel hindurch mussten, grau und braun, grün und golden, und blau wie der Himmel, der ausgeschlossen war. Einige Mädchen bekamen Atembeschwerden von den Farben und starben.
    Plötzlich zog Francie, die zu weinen aufgehört hatte, ihre Bluse aus, die wie eine kleine Jacke geschnitten und wie eine Tapete gestreift und mit kleinen Rosen gemustert war, und genäht von Tante Nettie. Francie betrachtete sich im Spiegel.
    «Ich bin erwachsen», sagte sie.
    Sie hatte rosige Rundungen, wo Daphne nur kindliche Pünktchen hatte.
    «Ich bin erwachsen, und ich bin von der Schule abgegangen, weil nicht genug Geld da ist. Es gibt nicht viele Mädchen in meinem Alter, die schon aus der Schule sind, oder, Daphne? Und nicht viele, die schon mit einem Jungen im Feld waren, oder, Daffy? Und die den Gutschein eingeschickt haben, für das Buch, wie man Opernsängerin wird, oder, Daffy?»
    Daphne hätte sie verprügeln mögen, so wütend war sie, dass Francie erwachsen war. Sie machte den Knopf vorn an ihrem Kleid zu, damit Francie nichts sehen konnte, und fuhr mit dem Ärmel über den Spiegel, um den Anblick von sich und ihrer flachen Brust und ihren glatten braunen Haaren zu verwischen; aber nur ihr Atem wurde verwischt, wie Reif, und sie sah ihr Gesicht, aus dem ihr gierig die grünen Augen entgegenblickten. Und sie antwortete Francie:
    «Ich hab auch schon manche Sachen gemacht, die du nicht gemacht hast. Ich werde Geld gewinnen und zur Schule gehen und alles lernen, worauf es ankommt, und nie heiraten oder sterben oder reich werden. Ich kenne Wo die Bien’, saug ich mich ein, das ist ein Lied, das wir in der Schule hatten. Wo die Bien’, saug ich mich ein …»
    «Ach, das Lied kennt doch jedes Baby.»
    Und Francie begann zu singen:
«Wo die Bien’, saug ich mich ein,
Bette mich in Maiglöcklein,
Lausche da, wenn Eulen schrein.
Wenn Eulen schrein, wenn Eulen schrein.»
    «Das handelt von einem Luftgeist in einer Sommernacht, einer Nacht wie heute, auf dem Rasen beim Japonicastrauch und dem Rosenbogen, aber – Daffy?»
    «Was denn, Francie?»
    «Ich weiß nicht.»
    «Ich weiß auch nicht.»
    Und sie begannen beide zu weinen und nahmen sich in die Arme, und dann hörte Francie auf und schnäuzte sich, indem sie ein Nasenloch mit dem Finger zuhielt und schnaubte, wie ihr Vater, und der Rotz landete auf dem Spiegel. Sie wischte ihn weg.
    «Glaubst du wirklich, Dad schickt mich in die Spinnerei?»
    Daphne versuchte, ihr etwas Nettes zu sagen, eine belanglose Nettigkeit, wie sie ihre Mutter sagte, wenn die Schuluniform zerknittert war und es dreiviertel neun war und die Zeit nicht mehr reichte, um das Eisen aufzusetzen.
    «Die Falten gehen in der frischen Luft heraus, Kinderchen.»
    Ach, die liebe Luft, die ja doch kein Versprechen erfüllen konnte.
    Daphne sagte also geheimnisvoll zu Francie:
    «Man weiß nie, es passieren die seltsamsten Dinge.»
    Und darauf kam ihnen beiden ein roter und goldener und schwarzer Gedanke, und sie sahen sich an und sprachen ihn aus.
    «Ein Fahrrad»
    «mit einem Dynamo»
    «mit Rücklicht»
    «Vorderlicht»
    «rot lackiert, gold und schwarz»
    «mit Luftpumpe an