Frame, Janet
beim Gehen mit dem Arm darauf stützte, durch die Abnutzung fast so weich war wie ein Kissen; und Doris, das andere Mädchen jedes Mal, wenn sie überrascht war, also scheinbar in einem fort, ausrief:
«Ich werd’ verrückt! Ich werd’ verrückt!»
Francie hatte sich mit ihrem Lippenstift geschminkt, den sie beim Reservat im Gras gefunden hatte, und einen alten Mantel angezogen, der aus einem Paket mit Sachen von Tante Nettie stammte:
«Vielleicht können die Mädchen sie brauchen.»
«Auf Wiedersehen», sang Daphne ihr nach.
«Auf Wiedersehen», sagte Francie.
Und fügte im gleichen Tonfall wie Frauen im Film, die ihre Liebhaber zum letzten Mal entlassen, hinzu:
«Tschüss, Schulkind. »
Von da an kannte Daphne Francie nicht mehr wieder. Francie war ein Rätsel. Sie kaufte sich eine graue lange Hose und ging damit in die Stadt, noch dazu am Sonntag, und Bob Withers, der nicht zur Kirche ging, aber wusste, was die Leute dachten, wollte Francie verprügeln, weil sie am Sonntag eine Hose trug und das eine Schande war; aber er konnte es nicht. Sie war erwachsen.
«Alle tragen heutzutage welche», sagte Francie.
Und ihr Vater schaute verdutzt drein und wusste nicht, was er machen sollte, und sagte zu seiner Frau:
«Das Mädchen braucht Erziehung.»
Und er drohte, die Hose im Küchenherd zu verbrennen oder Francie in die Besserungsanstalt zu stecken, weil sie auf bestem Wege sei, wie die Frau in ihrer Straße zu werden, die eine Schlampe war und jeden Samstag Parties gab mit Männern und Alkohol. Und ihr Vater war beunruhigt und wurde jedes Mal, wenn er die Hose sah, böse, aber jetzt nicht mehr auf Francie, sondern nur noch auf ihre Mutter. Er schien mit jedem Tag wütender zu werden und sich mehr zu ängstigen, und die Rechnungen stapelten sich, immer eine über der anderen.
«Die Rechnung ist in dieser Woche höher, als sie sein dürfte», sagte er.
Und Amy Withers wurde rot und sagte, die Schokoladenkekse seien für Tante Nettie gewesen, die mit dem Postzug durchgekommen sei, und sie möge doch so gern Süßes, und in den Bahnhofsrestaurants bekomme man nie etwas anderes als mit gräulicher Creme gefüllte Röllchen oder alte Sandwiches oder Pasteten, und davon werde Tante Nettie schlecht, und das verderbe ihr die Reise.
Danach hackte Francies Vater auf etwas anderem herum, in der Art, wie jemand beim Stricken an den Fäden zupft, um ein Loch zu machen; doch ihr Vater bohrte an etwas in seinem Innern herum, an dem alle Jahre seines Lebens gestrickt hatten und dessen Muster, das Senkrecht und Waagerecht der Zeit, durcheinandergeraten und ganz anders geworden war, als er es sich erträumt hatte.
Doch Francie schien glücklich zu sein. Eines Tages wurde sie in ihrer Hose fotografiert. Sie ging die Straße entlang, und da hielt sie ein Mann an und drückte ihr einen Zettel mit einer Nummer darauf in die Hand, und es stellte sich heraus, dass er ein Foto von ihr in Hosen gemacht hatte. Als sie den Abzug bekam, zeigte sie ihn Daphne, die sagte:
«Du siehst aus, als hättest du geweint.»
Und vielleicht hatte Francie geweint, vielleicht war sie gar nicht so glücklich, wie es schien.
Daphne und Francie schliefen nicht mehr zusammen, obwohl sie immer noch vor demselben Spiegel Grimassen schnitten und lächelten und Sachen anprobierten. Francie hatte das Zimmer nach vorne. Und sie behandelte ihr Fahrrad, als sei es etwas ganz Gewöhnliches. Und sie redete nicht viel. Mrs Mawhinney schenkte ihr ein Abendkleid mit löchriger schwarzer Spitze am Saum, und Francie ging zu einem Tanzabend – einer Hopserei, wie sie es nannte –, und sie erzählte Daphne nicht alles davon, denn, sagte sie:
«Du würdest es ja doch nicht verstehen.»
«Doch, ich würde es schon verstehen, Francie, wirklich, ganz bestimmt. Los, erzähl es mir.»
Aber Francie blickte in die Ferne und sagte:
«Also gut, Daphne, ich werde es dir erzählen, von Frau zu Frau. Du bist bestimmt nicht schockiert?»
«Auf keinen Fall, niemals. Ich war doch auch nicht schockiert, als du mir von dem Postboten und Mae West erzählt hast, oder?»
Doch Francie überlegte es sich wieder anders und erzählte es ihr doch nicht. Sie sagte, sie habe getanzt, und sie finde, den Two Step könne sie ausgezeichnet, obwohl sie den Maxina eigentlich lieber möge. Sie nannte stolz die Namen der Tänze, so wie manche Leute die Namen von Freunden und Verwandten erwähnen, auf deren Bekanntschaft sie stolz sind.
«Mein Onkel, der Bankdirektor.»
«Mein Vetter, der
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