Frame, Janet
auf eine tote und abtötende Weise reisen, indem man einfach am Fleck bleibt?
«Toby, da ist noch etwas gebratenes Brot, wenn du magst.»
«Nein, danke.»
Er hatte selbst etwas von gebratenem Brot, fand er, wie er von seinem Traum durchtränkt dasaß.
24
Drei Monate lang, bis Weihnachten, arbeitete Toby am Abbruch des alten Peterkin Hotels. Sein Vater half ihm dabei, anfangs oder vielmehr überhaupt nicht, weil er es gern tat, sondern weil Toby, als er eines Abends müde und von Kalkstaub bedeckt nach Hause kam, als hätte ihm jemand im Dunkeln aufgelauert und einen Sack schmutziges Roggenmehl über ihn ausgeleert, verbittert zu seiner Mutter sagte:
«Nun guck dir Dad an. Was siehst du?»
Seine Mutter schaute hin, gab aber keine Antwort. Bob saß zusammengesunken da und war eingeschlafen, sein Kriminalroman war zu Boden gefallen, und sein Mund stand offen, schmutzig und dunkelrot, wie ein Abflussrohr. Seine unteren Zähne waren schlecht. Er hätte sie längst machen lassen müssen.
«Reine Faulheit», sagte Toby. «Während ich den ganzen Tag schufte und Geld zu verdienen suche, um mich selbständig zu machen. Warum kann er mir nicht hin und wieder helfen? Wenn ich kein Geld verdiene, muss ich meinen Anteil am Haus verkaufen, und was wird dann aus euch?»
«Ja», dachte Amy. «Was wird dann aus uns?»
Sie war an Tobys Drohungen gewöhnt, aber sie machten ihr Angst, und es verwirrte sie, wenn sie sich auszudenken versuchte, wohin man gehen konnte und wo, an welchem Ort, wohl die Antwort auf alle Ängste und Streitigkeiten und Frieden zu finden wäre. Sicher spricht die Bibel von so einem Ort, dachte sie. Sicher wird die Bibel uns helfen, und Beten, denn wir sind nicht mehr jung und können nicht so schnell denken, und ich kann kaum mehr ein paar Meter gehen, ohne stehen zu bleiben und Atem zu schöpfen.
«Du wirst doch nicht verkaufen, Toby. Jetzt, wo dein Vater und deine Mutter alt werden?»
«Natürlich will ich nicht verkaufen. Freiwillig nicht. Aber es kann sein, dass ich dazu gezwungen werde, wenn alles so weitergeht, wenn der Faulpelz da mir nicht hilft, das Gebäude termingerecht abzureißen.»
«Toby. Dein Vater ist kein Faulpelz. Er ist in Rente. Dies ist sein Lebensabend.»
Bob Withers wachte plötzlich auf. Er fuhr sich im Mund herum, schniefte und hob das Buch vom Kaminvorleger auf. Der seltsame Mord in Hogden Park. Dann sagte er:
«Was ist los? Worüber streitet ihr, dauernd streitet ihr wegen irgendwas. Und warum ist das Wetter nicht an, du weißt doch, dass ich den Wetterbericht nicht verpassen will.»
Amy Withers sagte nicht: «Du hast doch geschlafen und hättest ihn gar nicht gehört», sondern sie drehte gehorsam das Radio an, und es sang ihnen etwas vor.
Wenn die Sonne am Morgen über den Hügel schaut
und die Blumen auf dem Spottdrossel-Hügel küsst.
«Vorbei», sagte Bob Withers anklagend. «Stell aus.»
Er hörte gern den täglichen Wetterbericht. Er schimpfte auf den Wettermann und lachte über ihn, weil er mit einer Murmel im Mund sprach, denn Bob konnte ohnehin mit einem einzigen Blick sagen, ob es am nächsten Tag schön wurde oder regnete; aber er hatte das Gefühl, dass es sich heutzutage gehörte, alles vorgesetzt und von anderen Leuten erdacht zu bekommen. Das Anhören des Wetterberichts gab Bob ein Gefühl der Sicherheit in diesen sonst so unsicheren und beängstigenden Zeiten, die er zur Unterscheidung von den alten Zeiten moderne Zeiten oder die heutige Zeit oder heutzutage nannte.
«Wer», sagte er, «kann sagen, ob nicht ein Sturm oder ein Hurrikan kommt oder die Welt morgen in Millionen Teile zerbricht? Ich will meine Zukunft kennen. Ich bin nicht abergläubisch, aber ich möchte wissen, was mich erwartet, nur damit ich Bescheid weiß.»
«Ich verkaufe meinen Anteil, Dad. Wenn du mir nicht beim Peterkin Hotel hilfst. Du kannst mir doch sicher wenigstens ein paar Tage helfen?»
Amy blickte von einem zum andern, sie wollte beiden zugleich beistehen, aber konnte sich nicht entscheiden, was sie sagen sollte. Sie setzte eine ruhige, hoffnungsvolle Miene auf, aber die Angst schlich sich immer wieder in ihre Augen. Sie war müde. Selig sind die Friedfertigen, dachte sie.
«Was sagst du dazu, Mum?»
«Ja, was sagst du dazu, Mum?»
Amy machte wie üblich eine muntere Miene und lächelte.
«Ich sage, es ist Zeit für eine Tasse Tee, eine schöne Tasse Tee, und für die Kokosnussplätzchen, die ich heute Nachmittag gebacken habe.»
Tee? Kokosnussplätzchen? Haltet
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