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Framstag Sam

Framstag Sam

Titel: Framstag Sam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul van Herck
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fertig. So geht das eben, wenn man eine Zeitmaschine hat. Sam reiste so weit in die Vergangenheit zurück wie niemand zuvor und beobachtete Jehovah bei der Arbeit. Er interviewte die ersten Menschen in einer eher komischen Situation in der Nähe eines Apfelbaums. Sie hatten natürlich noch keine Namen, deswegen nannte er sie Adam und Eva.
    Er stand mit Kain und Abel vor dem Altar.
    Er war in Bethlehem dabei (als Ochse verkleidet).
    Er war Kellner beim letzten Abendmahl.
    Er befand sich zwischen der Handvoll Zuschauer bei Golgatha.
    Und er wartete keineswegs darauf, daß sein Buch erst dann erschien, als er wieder in die Gegenwart zurückgekehrt war. Er publizierte es durch die Jahrhunderte hinweg, Scheibchen für Scheibchen, immer unter anderen Pseudonymen, wie etwa Jesaja, Lukas, Johannes oder Josua.
    Als Sam endlich wieder in seine Zeit zurückkehrte, war er steinreich. Sein Buch war Tausende von Malen neu aufgelegt worden und in zahlreichen Sprachen erhältlich. Im Laufe der Zeit hatte man die einzelnen Kapitel zusammengetragen und in einem dicken Sammelband veröffentlicht, der unter dem Titel Die Bibel auf der Welt seinesgleichen suchte… Und niemand (abgesehen vom Schriftstellerverband) hatte die leiseste Ahnung, wer dieses Buch geschrieben hatte. Obwohl er es noch nicht wußte (Sam war seit seiner Rückkehr noch nicht einmal ausgegangen), besaß er ein fettes Bankkonto.
    Am nächsten Morgen, er war noch ein wenig müde, fiel ihm Julie wieder ein. Sam telefonierte die Villa der Vandermastens an, aber niemand nahm ab.
    Dann lief er Deleu über den Weg.
    »Du!« sagte Deleu in einem Tonfall, der Sam ganz und gar nicht gefiel. Außerdem befanden sie sich in einem stillen Gäßchen. »Du hast ja was Schönes angerichtet, was?«
    »Was Schönes?« stammelte Sam. »Was meinen Sie damit?«
    »Mit der Bibel, die du geschrieben hast, du Arschloch!«
    »Eine geschichtliche Studie, Deleu«, sagte Sam bescheiden. »Ich verstehe nicht, was…«
    »Oh, du verstehst nicht? Aber du hast einen Vertrag unterschrieben, der besagt, daß du auf keinen Fall den Lauf der Geschichte ändern willst.«
    Sam lachte unbekümmert. »Das habe ich ja auch gar nicht.«
    »Ach, tatsächlich nicht? Und was ist das?« Deleu wies auf ein großes, beeindruckendes Gebäude, das die nächste Ecke einnahm. Es sah ziemlich alt aus und verfügte über eine große Anzahl hoher Fenster – und einen Turm.
    »Wa-wa-was habe ich denn damit zu tun?« fragte Sam zusammenzuckend. Ihm fiel allerdings auf, daß er das Gebäude zum ersten Mal sah.
    »Das ist eine Kirche«, sagte Deleu düster.
    »Eine Kirche?« wiederholte Sam verständnislos. Das Wort hatte einen seltsamen Klang.
    »Es gibt Tausende davon! Gar nicht zu reden von den Tempeln der Protestanten und den jüdischen Synagogen. Und das ist deine Schuld!«
    »Na und? Es ist doch ein schönes Gebäude.«
    »Du verstehst mich nicht. Hättest du dieses Buch nicht herausgebracht, wäre Christus ebenso ein gewöhnlicher Prophet geblieben wie alle anderen; ein Mensch mit ein paar Jüngern, den man schnell wieder vergißt. Und nun ist er zum Fundament einer gewaltigen Bewegung geworden!«
    »Na, um so besser«, sagte Sam. »Das Himmelreich existiert nämlich wirklich. Ich muß es wissen, denn ich bin ja dagewesen.«
    »Das weiß ich selbst«, sagte Deleu. »Ich war nämlich auch schon da. Aber das tut jetzt nichts zur Sache.« Er zog ein Geschichtsbuch (
    Terug, von Martony und van Herck, Verlag De Sikkel, Antwerpen) aus der Tasche und öffnete es. »Hier. Sieh dir das an! Die Kreuzzüge. Jahrhunderte der grausamsten Kriege im Namen der Religion.« Er blätterte weiter. »Und hier. Die Religionskriege. Noch mehr Elend. Die Inquisition. Und du bist schuld daran. Na, sagt dir das was?«
    Sam war sprachlos.
    »Ich kann es nicht glauben«, stammelte er.
    »Aber so ist es nun einmal. Und weißt du, was das Schlimmste ist?«
    »Was denn?«
    »Daß die Zeitmaschinen abgeschafft wurden. Ich muß dir deinen Apparat abnehmen und vernichten.«
    »Nur über meine Leiche«, sagte Sam entschieden und umklammerte das Gerät mit festem Griff.
    »Wie du willst«, sagte Deleu mit einem grimmigen Lächeln. Er zog einen schweren Revolver und schoß Sam zweimal mitten durchs Herz. Dann entnahm er Sams leblosen Fingern die Zeitmaschine, sprach ein kurzes Gebet und machte sich pfeifend aus dem Staube.
     Julie kam zu Sams Beerdigung und weinte heiße Tränen. Deleu war ebenfalls erschienen. Julie versetzte ihm einen Hieb mit dem

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