Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho
Kleider, schlug sich an die Brust, beschmierte Gesicht und Kopf mit Asche und verharrte drei Tage lang im Dunklen, wo sie um ihn trauerte. Doch zuvor sorgte sie dafür, dass das Mädchen Gold und neue Kleider erhielt, und schickte sie nach Yaffo, von wo aus sie auf eine weit entlegene Insel reisen sollte.
Unterwegs würden RaEms Agenten, als Priester Amun-Res verkleidet, sie überwältigen, umbringen und den Leichnam liegen lassen. Natürlich hatte der richtige Priester das Mädchen verfolgen lassen. RaEm durfte nicht zulassen, dass man eine Verbindung zwischen dem beseitigten Hohe Priester und dem herrschenden Ko-Regenten Ägyptens zog.
Allerdings würde das Mädchen einen schnellen, schmerzlosen Tod sterben. RaEm würde persönlich dafür sorgen, dass sie betrauert und ihr Name in vielen Schriftrollen verzeichnet würde, damit sie für alle Zeit weiterlebte.
Nach Ablauf der drei Tage verwandelte sich RaEm zurück in Semenchkare, ließ ihren Tragsessel rufen und brach auf zu Da-duas Audienzsaal.
Sie hatte ihren Verbündeten verloren; sie brauchte einen neuen.
Es war Zeit zu handeln. In einem Monat würde das goldene Totem in die Stadt einziehen. RaEm wusste nicht, ob Echnaton noch so viel Zeit blieb. Wenn er ermordet wurde, ohne dass sie selbst den Mord in Auftrag gegeben hatte, dann würde man sie ebenfalls zum Feind erklären. Eigentlich hätte ihr Priester Horetamun diesen Mord ausführen und dann ihr, dem über Ägypten herrschenden Pharao, zuschreiben sollen. So wie Hat-schepsut mit ihrem Neffen Thutmosis verfahren war, hätte RaEm den kleinen Tuti unter Hausarrest gestellt und seine Regentschaft an sich gerissen.
Doch man hatte ihr Werkzeug entdeckt. Jetzt musste sie bald nach Ägypten zurückkehren, sie musste mit Gold beladen zurückkehren und mit einer triumphierenden, Kriegsbeute heimführenden Armee, dem Symbol eines längst untergegangenen Ägyptens.
Es war höchste Zeit; Horetamun war seit beinahe einem Monat tot.
Als die Regenfälle endgültig einsetzten, stand ich auf meinem Balkon und mahlte mein Getreide, da ich keine Sklavin hatte. Das Wetter hatte uns schon länger geneckt, mit etwas Nieselregen oder einem kurzen Schauer hie und da. Und fast jeden Nachmittag mit einer kleinen, vom Wind geschobenen Wolkenfront. Die ganze Woche hindurch war es stetig abgekühlt. Die Felder waren umgepflügt und bepflanzt; die Trauben zu
Wein zerstampft; die Oliven eingelegt; die Granatäpfel gepflückt; und das Getreide geerntet.
Jetzt begann die Regenzeit.
Es war meine Zeit »auf dem Stroh«. Ich sah dem Regen zu und hätte am liebsten geweint. Was lächerlich war, da alles gut, sehr gut lief. Besser als in jedem anderen Zeitalter, in dem ich bisher gelebt hatte.
»Du brauchst ein Hobby«, sagte ich mir laut. »Eines, das dich davon abhält, Selbstgespräche zu führen.«
Mir fehlte meine Kunst, das Staunen über etwas Selbsterschaffenes. Brot zählte nicht als kreatives Werk, auch wenn ich ziemlich gut im Backen geworden war. Ich hörte ein Klopfen an der Tür, darum legte ich den Stein ab und lief hin. Draußen im Regen stand die Transuse, tanzend und mit einem Lächeln auf den Lippen.
Richtig, sie tanzte gern im Regen. Fußabdrücke Gottes oder so.
»Avgay’el lädt dich zum ersten Krempeln ein«, sagte sie. »Heute Nachmittag.«
Ich starrte sie an; das Mädchen wandelte sich immer mehr zur Frau. Nicht nur das, sie war ausgesprochen liebreizend, wenn sie sich bewegte. Hatte sie überhaupt Knochen im Leib?
»Wann?«
»Heute Nachmittag.«
»B’seder, aber wann?«
»Jetzt.«
»Äh, also, soll ich irgendwas mitbringen?«
»Wir krempeln«, sagte sie. »Kommst du?«
Warum nicht. Ich zog die Tür hinter mir zu und folgte ihr hinaus in den Regen.
Ich stapfte vor mich hin, sie tanzte. Selbst im Gehen tanzte sie. Sie bemerkte nicht die Blicke der Männer, die sich nach ihr umdrehten und ihre Freunde auf diese Frau aufmerksam machten.
Vor uns sah ich eine Gruppe von Giborim. Sie war noch ein Kind, selbst wenn sie sich wie flüssiges Öl bewegte. »Geh lieber ein Stück weit normal«, flüsterte ich ihr zu. Sie tanzte. Die Soldaten hatten sie noch nicht bemerkt. Unter ihnen war auch der Klingone. Vielleicht konnten wir ihnen irgendwie ausweichen?
Donner.
Mit einem Schlag steigerte sich der Regen von einem normalen, mittelmäßigen Schauer zu einem monumentalen Wolkenbruch. Ich sah mich nach einer Möglichkeit zum Unterstellen um, doch die Transuse jubilierte verzückt. Sie begann im schwächer
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