Franley, Mark
vorsichtig seinen Kopf zu untersuchen.
Vier Stunden später betrat Mike, diesmal mit einem hässlich-weißen Kopfverband, erneut die Kirche. »Ein Gutes hatte dein Unfall.« Natalie war hinter ihrem Partner in das Halbdunkel des Eingangsbereiches getreten und zeigte nun auf ein Gemälde, das seitlich von ihnen hing.
»Und was?«, fragte Mike, dessen Blick zwar ihrer Hand gefolgt war, aber nichts Besonderes erkennen konnte.
Ohne zu antworten, ging Natalie an ihm vorbei und blieb erst kurz vor dem großen Gemälde stehen, dann rief sie ihm zu: »Natürlich hat Karl ein weiteres Mal die Spurensicherung durch diese heiligen Hallen gejagt und tatsächlich ...«, nun winkte sie Mike zu sich und deutete auf das fehlende Auge eines kleinen Engels, »die Kugel steckte dahinter im Sandstein. Hier wurde ein Schuss abgefeuert!«
Mike betrachtete das restliche Bild und die Wand daneben, aber es blieb bei diesem einen Einschuss.
»Sonst haben sie nichts gefunden!« Natalie hatte seinen suchenden Blick bemerkt.
»Und was ist mit dem Pfarrer? Die Gerichtsmedizin müsste doch langsam erste Erkenntnisse haben«, fragte Mike zurück und zog, als seine Partnerin nur mit den Schultern zuckte, sein Handy heraus. Nach einigen Freizeichen ertönte die Stimme von Dr. Gruber und der hatte es wie immer nicht eilig zum Wesentlichen zu kommen. Mike setzte sich auf eine der hintersten Kirchenbänke und hörte einfach nur zu.
Nach dem Gespräch stand er auf und bat seine Partnerin, sich vor das Bild zu stellen. Er selbst stellte sich in einer Linie, aber ein paar Schritte entfernt, zu Natalie und dem Bild, dann zog er seine Waffe und zielte auf ihre Schulter.
»Hey, geht‘s noch?«, beschwerte sich diese gespielt, da sie wusste, dass er nur etwas überprüfen wollte. Statt zu antworten, ging Mike ein wenig in die Knie und zielte erneut. Anschließend verkündete er: »Der Schläger von heute Morgen scheidet als Täter schon einmal aus. Der Höhe des Einschusses in dem Bild nach, muss der Täter kleiner als der Pfarrer gewesen sein, und dieser ist nur 1,79 Meter groß. Hätte der Typ von heute Morgen auf dessen Schulter geschossen, müsste die Schussbahn fast waagrecht verlaufen, der Engel hängt aber deutlich höher!«
Wie um das zu überprüfen, drehte sich Natalie um und betrachtete das Bild, dann sagte sie: »Wir suchen also einen Mann, der ungefähr so groß ist wie ich!«
»Oder eine Frau«, fügte Mike hinzu.
»Aber wie sollte eine Frau den Pfarrer an diese Glocke hängen?«, erwiderte Natalie, doch Mike ließ diesen Gedanken nicht fallen: »Mit einer Schusswaffe am Kopf tut man so einiges, was man sonst nicht machen würde ... auch sich fesseln lassen.«
Die Kommissarin gab sich geschlagen und fragte: »O. K., und was machen wir jetzt?«
Mike dachte einen Augenblick über die Frage nach und bestimmte dann: »Wir sehen uns die Privatwohnung des Pfarrers an!«
–14–
»Hier muss es sein!«, verkündete Mike, nachdem er sich von der Zentrale die Meldeadresse des Pfarrers hatte geben lassen. Der fünfstöckige Altbau sah gepflegt aus, was sich auch im Treppenhaus bestätigte, und nachdem sie von einer Bewohnerin erfahren hatten, dass sich die gesuchte Wohnung im ersten Stock befand, standen sie kurz darauf vor der richtigen Tür. Natalie wollte sich gerade das Türschloss ansehen, als Mike sie unsanft zur Seite schubste. »Hey, was soll ...« Die Kommissarin verstummte augenblicklich, als sie sah, dass ihr Partner seine Waffe gezogen hatte und zur Tür nickte. Tatsächlich war diese zwar verschlossen, wies aber deutliche Spuren eines Einbruchs auf. Mike wartete, bis auch Natalie ihre Pistole in der Hand hatte, und drückte dann mit dem Fuß gegen die Tür, die zwar kurz knackte, danach aber nach innen aufschwang. Die beiden Kommissare warfen sich noch einen Kontrollblick zu und traten anschließend lautlos in den dunklen, altmodisch eingerichteten Flur, an dessen Ende eine weitere teilweise verglaste Tür vermutlich ins Wohnzimmer führte. Auf halbem Weg dorthin gab es auf jeder Seite je eine weitere Tür. Mike deutete Natalie, dass sie gleichzeitig, jeder auf seiner Seite, den dahinterliegenden Raum kontrollieren sollten. Lautlos zählte er mit den Fingern von drei rückwärts, dann drückten sie gleichzeitig die beiden Türen auf. Mike hatte das Badezimmer erwischt und ein kurzer Blick genügte, um festzustellen, dass es leer war. Eigentlich hatte er seine Partnerin unterstützen wollen, aber auch diese war bereits wieder
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