Franley, Mark
dass ihr nichts habt«, kam es dumpf aus den Nebenraum. Was Karl dazu sagte, konnte man nicht verstehen, da er offenbar leiser als sein oberster Chef sprach.
Mike hielt einen Moment inne, dann nahm er Haltung an und klopfte an die Tür. Allerdings wartete er dieses Mal, bis man ihn hereinrief, und öffnete dann erst die Tür.
Der eigentlich sonst so gefasste Polizeichef stand mit rotem Kopf vor Karls Schreibtisch und sah Mike an, als wäre dieser verrückt, gerade hier jetzt aufzutauchen. Karl saß dagegen mit verzweifeltem Gesichtsausdruck in seinem Stuhl und schien froh, nun etwas Unterstützung zu bekommen.
Nachdem ihr oberster Chef begriffen hatte, wer Mike war, ging er ansatzlos und ohne jede Begrüßung auf ihn los. Fast schon bellend, fragte er: »Was machen Sie denn hier? Sollten Sie nicht da draußen sein und einen Serienmörder jagen?« Dann kniff er die Augen zusammen: »Wissen Sie eigentlich, was bei mir los ist? Ein Ex-Lehrer, ein aktiver Pfarrer und jetzt ein anerkannter Arzt. Und jedes Mal, wenn der Innenminister anruft, und das tut er ungefähr alle paar Stunden, muss ich sagen, dass wir keine Ahnung haben.«
Mike sah dem wütenden Mann einige Augenblicke in die Augen, dann fragte er, ohne auf die Ansprache einzugehen: »Irgendwie hängen da die Russen mit drin, ich würde gerne diesen Herrn Petrov vorladen.«
Karl und der Polizeichef zuckten bei dem Namen Petrov etwas zusammen und noch bevor einer der beiden etwas fragen konnte, begann Mike sein Ansinnen zu erklären. »Der Mann, der mich in der Kirche niedergestreckt hat, war mit ziemlicher Sicherheit einer seiner Männer. Und heute Morgen in der Villa der Ravensteins gab es einige Hinweise darauf, dass das Ehepaar zweimal Besuch hatte. Es sieht so aus, als wäre die Ehefrau von jemand anderem getötet worden, und dieser jemand war ein Profi!«
»Was heißt, das war ein Profi?«, fuhr der Polizeichef sofort aus der Haut. »Die anderen drei Morde wurden wohl von einer Hausfrau verübt, oder wie?«
Mike wusste nicht warum, doch statt darüber wütend zu werden, wie der Mann mit ihm sprach, empfand er Mitleid. Noch ruhiger und gefasster als vorher, erklärte er sachlich: »Nicht einmal das könnte ich ausschließen. Die drei Männer wurden, wie soll ich sagen, geplant, aber wütend ermordet. Frau Ravenstein dagegen, wurde schlicht zum Schweigen gebracht, und das mit Mitteln, die bevorzugt von der Mafia angewendet werden. Man hat sie mit einem Stahldraht erwürgt und so verhindert, dass wir etwas finden könnten, was wir untersuchen könnten. Es gibt bei ihr kein Projektil, keine Patronenhülse und keinen Stichkanal eines Messers. Alles was bleibt, ist ein farbiger Abdruck rund um ihren Hals.«
Seine beiden Vorgesetzten dachten kurz über das Gehörte nach, bis Karl schließlich das Wort ergriff: »Was du sagst, klingt schlüssig, aber mit welcher Begründung soll ich Petrov hierher zitieren?« Dann schüttelte er den Kopf: »Bring mir Fakten, so kann ich nichts machen!«
Nun war es Mike, der wütend wurde: »Warum nicht? Weil er ein Mafia-Boss ist? Jeden normalen Bürger würdest du sofort von einer Streife abholen lassen.«
An Karls Stelle antwortete nun der Polizeichef und, wie Mike fand, schon fast ein wenig kleinlaut: »Ich weiß, es ist für Sie schwer zu verstehen, aber in der Liga, in der Petrov spielt, herrschen andere Gesetze. Vorsichtig ausgedrückt, sind die Grenzen zwischen solchen Leuten wie Petrov und dem, was Sie als die normale Gesellschaft bezeichnen würden, nicht immer so klar definiert. Glauben Sie mir einfach, wenn ich sage, dass dieser Russe unserem Land einen Gefallen tut. Fällt sein System zusammen, wird es zu einer Schwemme an Möchtegern-Gangsterbossen kommen, oder anders gesagt: Es ist einfacher einen Wal zu beobachten, als einen Schwarm Heringe.«
Mike brauchte eine Weile, um das eben Gehörte zu verdauen, dann sagte er angriffslustig: »Wollen Sie mir etwas sagen, wir sollen wegschauen, wenn er ein Verbrechen verübt?«
Der Polizeichef hob beschwichtigend die Hände: »Nein, um Gottes willen. Petrov selbst wird einen Teufel tun und sich selbst die Hände schmutzig machen. Wenn Sie aber natürlich einen seiner Männer überführen, gelten die gleichen Gesetze, wie für jeden anderen auch. Ich will damit nur sagen, dass wir ihn selbst nicht ärgern sollten.«
Mikes Handy löste die entstandene Stille auf. Ohne auf das Display zu blicken, hob, er ab und meldete sich etwas zu aggressiv mit »Köstner!«, dann hörte er einfach
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