Franny Parker
Dunns?«
»Nummer vier, glaube ich.«
»Wozu willst du die denn?«, fragte ich und drehte mich nach Sidda um.
»Weil wir ihn zu der Party einladen«, sagte Sidda.Sie ging ihre Liste durch und hakte Lucas’ Namen schwungvoll ab.
»Aber ihr kennt ihn doch kaum!«, sagte ich.
Sidda machte eine wegwerfende Geste. »Er kommt doch in unsere Klasse in der Schule.«
»Ach, das finde ich aber eine gute Idee«, sagte Mama. »Macht ihn mit ein paar anderen bekannt.«
»Außerdem«, fuhr Sidda fort, »nur weil er deine Tiere mag, heißt das noch nicht, dass er dein Freund ist. Er ist nur höflich.«
»Also wirklich, Sidda«, schimpfte Mama und drohte ihr mit einer Gurke.
Ich war nicht auf den Kloß in meinem Hals gefasst, der mit Siddas Worten unvermittelt auftauchte. Ich hatte plötzlich das Bedürfnis, ihre Einladungen zu packen und zu zerreißen. Stattdessen wandte ich mich ab und tat so, als wäre ich mit den Mäusen beschäftigt. Sidda täuschte sich. Lucas war mein Freund.
Nach dem Essen trat Mama am Herd zu mir. Die Mäusemilch wurde gerade warm und ich rührte sie gedankenverloren um. Winzling schlief immer noch in meiner Tasche.
Mama setzte sich und beobachtete mich scharf. »Du siehst müde aus«, sagte sie und zog mich sanft auf ihren Schoß. Das machte sie oft mit Ben und ich gab nicht gerne zu, dass ich mich auch immer noch danach sehnte. Ich kuschelte mich in ihre Arme undschloss die Augen. »Überlass die Nachtschicht heut mal Dad und mir.«
»Aber du hast doch gesagt, dass ich für sie sorgen muss.«
»Ich weiß, aber schlafen muss jeder mal.«
Ich ließ mir das durch den Kopf gehen, auch, wie müde Mama manchmal am Morgen aussah, durch das Haus rannte, die Hände immer voll mit Frühstückstellern oder Rucksäcken oder Rechnungen. Wann hatte ich das letzte Mal angeboten, ihr zu helfen?
»Das macht euch nichts aus?«, fragte ich und stand auf, um die Mäusemilch vom Herd zu nehmen.
»Ich mag die pelzigen Viecher doch genauso gern wie du«, sagte sie.
»Eine Nacht ohne Mäusedienst wäre vielleicht nicht schlecht. Ich mach es dann morgen wieder«, versprach ich ihr.
»Das weiß ich doch. Jetzt leg sie schlafen und geh dann selbst ins Bett.«
Ich nahm die Fläschchen mit der Tiernahrung und war schon halb aus der Küche, da erwischte mich Sidda.
»Leg die für mich in den Postkasten, ja?« Sie hatte die Hände voll mit Partyeinladungen.
Ich nickte und klemmte sie unter den Arm.
»Und kipp bloß keine Mäusenahrung drüber!«
Am Postkasten blätterte ich den Stapel mit den lilaUmschlägen durch und hielt jeden in das funzelige Licht der Verandabeleuchtung, um die Adressen zu lesen. Die Einladung für Lucas kam fast zuletzt. Sie sah aus wie die anderen. Ich starrte eine Weile darauf und zögerte, dann klappte ich das rote Ärmchen am Postkasten hoch, damit der Briefträger wusste, dass er Post abholen musste, und legte die Umschläge in den Kasten. Alle außer einem. Die Einladung für Lucas steckte ich tief in die Tasche meiner Jeans. Ich hatte nicht vor, sie zu unterschlagen. Nicht wirklich. Ich brauchte nur noch etwas Zeit, um darüber nachzudenken. Es ging nämlich nicht nur um die Party. Wenn Lucas erst mal mit Sidda und den anderen rumhing, würde er dann immer noch mein Freund sein wollen?
Schließlich war ja der Postkasten von Lucas auch genau neben unserem. Da konnte ich die Einladung direkt reinlegen, wenn ich so weit war. Die anderen Briefe würden mindestens einen oder zwei Tage brauchen, um anzukommen. Und ich würde dem Postboten ersparen, sie hin- und herzutragen.
Nachdem ich das beschlossen hatte, klappte ich den Postkasten zu. Erst jetzt fiel mir der von den Dunns ins Auge. Ihrer war schwarz. Ganz schwarz. Die Buchstaben mit ihrem Namen waren weggewischt worden, von Mamas rotem Kunstwerk war nur noch ein schwacher Schimmer zu sehen.
Neu in der Runde
L indy Dunn war am Freitag ein regelrechter Hit bei den emsigen Bienen, ganz so, wie Mama und ich es vorausgesagt hatten. Sie hatte beim Eintreffen einen Laib Zitronenbrot unter dem Arm, setzte sich mitten zwischen die alten Frauen, als ob sie schon längst zu den Bienen gehörte, und ließ den Blick über das Patchworkmachwerk vor ihren Augen gleiten.
»Was für ein prächtiger Baum!«, sagte sie. Grandma Rae reichte ihr einen winzigen quadratischen Flicken, einen für Anfänger, wie der für mich. Lindy nähte daraus einen hübschen Zweig und vor unseren Augen nahm der Baum Gestalt an.
»Hoppla«, sagte Grandma und schob
Weitere Kostenlose Bücher