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Franzen, Jonathan

Franzen, Jonathan

Titel: Franzen, Jonathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freihheit
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über
William lache. Der, na ja, manchmal schon ein bisschen schwer zu ertragen war.
Aber kriege ich vielleicht die Chance, das für mich selber zu klären?»
    «Du bist
ihr also wichtig. Sie wollte nicht, dass du den Falschen heiratest.»
    «Ich
wollte ihn doch gar nicht heiraten! Das ist es doch!»
    Katz'
Blick wurde auf Jessicas Brüste gelenkt, die von ihren fest verschränkten Armen
weitgehend verborgen waren. Sie war kleinbrüstig wie ihre Mutter, aber weniger
gut proportioniert. Er spürte jetzt, dass seine Liebe zu Patty im weiteren Sinn auch ihrer Tochter galt, abzüglich des Wunsches, sie
zu vögeln. Er verstand jetzt, was Walter damit gemeint hatte, dass sie ein
junger Mensch sei, der einem älteren Hoffnung für die Zukunft gebe. Jedenfalls
wirkte sie hellwach.
    «Du wirst
mal ein gutes Leben haben», sagte er. «Danke.»
    «Du hast
was drauf. Super, dich wiederzusehen.»
    «Ja, finde
ich auch», sagte sie. «Ich weiß gar nicht mehr, wann ich dich zuletzt gesehen
habe. Vielleicht, als ich noch an der Highschool war?»
    «Du hast
in einer Suppenküche gearbeitet. Dein Dad ist mit
mir da hingegangen.»
    «Stimmt,
die Jahre, in denen ich in meinen Lebenslauf investiert habe. Ich hatte so
ungefähr siebzehn außerschulische Aktivitäten. Ich war wie Mutter Teresa auf
Speed.»
    Katz nahm
sich noch von den Nudeln, denen Oliven und eine Art Blattsalat beigemischt
waren. Ja, Rukola: Er war wieder wohlbehalten im Schoß des Bürgertums
gelandet. Er fragte Jessica, was sie täte, wenn ihre Eltern sich trennen
sollten.
    «Was,
keine Ahnung», sagte sie. «Ich hoffe, sie tun es nicht. Meinst du, sie tun es?
Hat Dad dir so was gesagt?»
    «Ich würde
es nicht ausschließen.»
    «Tja, dann
wäre ich wohl in bester Gesellschaft. Die Hälfte meiner Freunde kommt aus
kaputten Familien. Ich hätte eben nie gedacht, dass das auch uns passieren
könnte. Erst, als Lalitha dahergekommen ist.»
    «Du weißt
ja, es gehören immer zwei dazu. Du solltest ihr nicht die ganze Schuld geben.»
    «Ach, ich
gebe auch Dad die
Schuld, das kannst du mir glauben. Auf jeden Fall. Ich höre es immer in seiner
Stimme, und es ist einfach so ... verwirrend. Sofaisch. Also, ich
habe immer gedacht, ich kenne ihn richtig gut. Aber anscheinend doch nicht.»
    «Und deine
Mom?»
    «Die ist
definitiv auch unglücklich darüber.»
    «Nein, was
wäre, wenn sie diejenige wäre, die geht? Wie fändest du das?»
    Jessicas
Verblüffung über diese Frage zerstreute jeden Gedanken, dass Patty sich ihr anvertraut hatte. «Ich glaube nicht, dass sie das tun würde»,
sagte sie. «Außer, Dad bringt sie
dazu.»
    «Sie ist
so weit glücklich?»
    «Also, Joey sagt, sie ist es nicht. Ich glaube, sie hat Joey eine Menge erzählt, was sie mir nicht erzählt hat. Oder vielleicht
denkt Joey sich auch Sachen aus, um gemein zu
mir zu sein. Ich meine, sie macht sich definitiv über Dad lustig, ständig, aber das hat nichts zu bedeuten. Sie macht sich über
jeden lustig - bestimmt auch über mich, wenn ich nicht in der Nähe bin. Sie
findet uns alle zum Totlachen, und darüber ärgere ich mich definitiv schwarz.
Aber eigentlich mag sie ihre Familie. Ich glaube nicht, dass sie sich
vorstellen kann, irgendwas zu ändern.»
    Katz
überlegte, ob das stimmen konnte. Vier Jahre zuvor hatte ihm Patty selbst gesagt, dass sie kein Interesse daran habe, Walter zu
verlassen. Doch der Prophet in Katz' Hose behauptete störrisch etwas anderes,
und Joey war beim Thema Glück seiner Mutter
vielleicht doch verlässlicher als seine Schwester.
    «Deine Mom
ist ein merkwürdiger Mensch, oder?»
    «Sie tut
mir leid», sagte Jessica, «wenn ich nicht gerade sauer auf sie bin. Sie ist so
klug, aber sie hat nie so richtig was aus sich gemacht, außer eine gute Mom zu
sein. Eins weiß ich mit Sicherheit: Ich bleibe
jedenfalls mal nicht die ganze Zeit bei meinen Kindern.»
    «Du willst
also Kinder. Ungeachtet der Krise der Weltbevölkerung.»
    Sie sah
ihn mit ihren aufgerissenen Augen an und errötete. «Eins oder vielleicht zwei.
Sollte ich mal den Richtigen finden. Was in New York nicht sehr wahrscheinlich
ist.»
    «New York
ist ein hartes Pflaster.»
    «Toll,
vielen Dank. Vielen Dank, dass du das gesagt hast. In meinem ganzen Leben habe
ich mich noch nicht so runtergemacht und unsichtbar und total gedisst gefühlt
wie in den letzten acht Monaten. Ich habe gedacht, in New York kann man gut
jemanden kennenlernen. Aber die Typen sind alle entweder Loser, Idioten oder
verheiratet. Es ist

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