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Franzen, Jonathan

Franzen, Jonathan

Titel: Franzen, Jonathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freihheit
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hielt
ihrem Blick stand, versuchte ihr zu zeigen, dass er es ernst meinte - versuchte
zu spüren, dass er es ernst meinte -, aber
das schien sie nur aufzuregen. Kopfschüttelnd zog sie sich in eine Ecke der
Küche zurück.
    «Wie kommt
ihr miteinander aus, du und Walter?», sagte er unfreundlich.
    «Geht dich
nichts an.»
    «Das höre
ich immer wieder. Was bedeutet es?» Sie errötete ein wenig. «Es bedeutet, dass
es dich nichts angeht.»
    «Walter
sagt, nicht so toll.»
    «Tja, das
stimmt wohl. Meistens.» Wieder errötete sie. «Aber kümmere du dich mal nur um
Walter, ja? Kümmere dich um deinen besten Freund. Du hast deine Entscheidung
schon getroffen. Hast mir sehr klargemacht, wessen Glück dir mehr am Herzen
liegt. Du hattest deine Chance bei mir, und du hast dich für ihn entschieden.»
    Katz
merkte, wie er allmählich die Fassung verlor, und das war höchst unangenehm.
Ein Druck in den Ohren, ein aufsteigender Zorn, das Bedürfnis zu streiten. Es
war, als wäre er plötzlich Walter.
    «Du hast
mich fortgeschickt», sagte er.
    «Hahaha!
Tag nach Philadelphia fahren>?»
    «Das zu
sagen hat eine Minute gedauert. Dreißig Sekunden. Und dann hast du es eine
geschlagene Stunde lang -»
    «Versaut.
Ich weiß. Ich weiß ich weiß ich weiß. Ich weiß, wer es versaut hat. Ich weiß,
dass ich es gewesen bin! Aber, Richard, du wusstest, dass es
für mich schwerer war. Du hättest mir einen Rettungsanker zuwerfen können! Zum
Beispiel, indem du diese eine Minute lang nicht über den
armen Walter und sein armes Feingefühl geredet hättest, sondern einmal über mich\ Deshalb
sage ich, du hast deine Entscheidung schon getroffen. Womöglich hast du es ja
gar nicht gewusst, dass du sie getroffen hast, aber du hast sie getroffen.
Dann leb jetzt auch damit.»
    «Patty.»
    «Vielleicht
versaue ich ja immer alles, aber immerhin hatte ich die letzten Jahre Zeit zum
Nachdenken, und ich bin mir über manches klargeworden. Ich habe eine etwas
bessere Vorstellung davon, was du für einer bist und wie du tickst. Ich kann
mir vorstellen, wie schwer es für dich ist, dass unsere kleine bengalische
Freundin sich nicht für dich interessiert. Wie schrrrrrecklich dich das
destabilisieren muss. Was ist
die Welt doch auf den Kopf gestellt! Total verkorkst! Du könntest ja immer
noch versuchen, dich an Jessica heranzumachen, schon jetzt viel Glück damit.
Und wenn du wirklich nicht mehr weiterweißt, dann solltest du es vielleicht am
besten mal bei Emily in der
Projektentwicklung versuchen. Aber Walter steht nicht auf sie, also kann ich
mir auch nicht vorstellen, dass sie für dich besonders interessant ist.»
    Katz war
jetzt auf hundertachtzig, bebte am ganzen Leib. Als wäre er auf Koks, das stark
mit fiesem Meth verschnitten war.
    «Ich bin
deinetwegen hier», sagte er.
    «Hahaha!
Ich glaube dir kein Wort. Das glaubst du ja selbst nicht. Du bist so ein
schlechter Lügner.»
    «Warum
wäre ich wohl sonst hier?»
    «Das weiß
ich nicht. Aus Sorge um Biodiversität und eine nachhaltige
Bevölkerungsentwicklung?»
    Er
erinnerte sich, wie unangenehm es gewesen war, mit ihr am Telefon zu streiten.
Wie extrem unangenehm und wie mörderisch es seine Geduld auf die Probe gestellt
hatte. Woran er sich nicht mehr erinnern konnte, war, warum er sich das hatte
gefallen lassen. Vermutlich, weil sie ihn so gewollt hatte, weil sie ihm
nachgelaufen war. Und das fehlte jetzt.
    «Ich habe
so viel Zeit damit verbracht, sauer auf dich zu sein», sagte sie. «Hast du eine
Vorstellung davon? Ich habe dir diese ganzen E-Mails geschickt, auf die du nie
reagiert hast, ich habe dieses demütigend einseitige Gespräch mit dir geführt.
Hast du die E-Mails überhaupt gelesen?»
    «Die
meisten.»
    «Ha. Ich
weiß nicht, ob es das schlimmer oder besser macht. Wahrscheinlich spielt es gar
keine Rolle, weil sowieso alles nur in meinem Kopf stattfand. Ich habe drei
Jahre damit verbracht, etwas zu wollen, von dem ich wusste, dass es mich
niemals glücklich machen würde. Aber das hat mich nicht davon abgehalten, es
zu wollen. Du warst wie eine schlechte Droge, nach der ich immerzu verlangt
habe. Mein ganzes Leben war eine Art Trauern um eine Droge, von der ich wusste,
dass sie schlecht für mich war. Und tatsächlich erst gestern, als ich dich
gesehen habe, ist mir bewusstgeworden, dass ich die Droge doch nicht brauchte.
Auf einmal war es in etwa so: wegen

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