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Franzen, Jonathan

Franzen, Jonathan

Titel: Franzen, Jonathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freihheit
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Walter hier.>»
    «Nein»,
sagte er. «Wegen dir.»
    Sie hörte
gar nicht hin. «Ich fühle mich so alt, Richard. Nur weil jemand mit seinem
Leben nichts Gutes anfängt, heißt das doch nicht, dass es nicht trotzdem
vergeht. Sein Leben vergeht dadurch nur noch schneller.»
    «Du siehst
nicht alt aus, sondern toll.»
    «Ja, und
nur das zählt, was? Ich bin zu einer dieser Frauen geworden, die ins
Okay-Aussehen einen Haufen Arbeit stecken. Wenn ich einfach so weitermache und
eine schöne Leiche abgebe, dann habe ich das ganze Problem ziemlich gut
gelöst.»
    «Komm mit
mir.»
    Sie
schüttelte den Kopf.
    «Komm
einfach mit mir. Wir gehen irgendwohin, und Walter kann seine Freiheit haben.»
    «Nein»,
sagte sie, «obwohl es schön ist, dich das endlich sagen zu hören. Ich kann es
rückwirkend auf die letzten drei Jahre beziehen und mir aus dem, was vielleicht
gewesen wäre, eine noch bessere Phantasie zimmern. Es wird mein ohnehin schon
reiches Phantasieleben noch weiter bereichern. Jetzt kann ich mir vorstellen,
wie ich in deiner Wohnung sitze, während du durch die Welt tourst und Neunzehnjährige
vögelst, oder dich begleite und dann eure Wölfiingsmutter bin - du weißt schon,
Milch und Kekse morgens um drei -, oder deine Yoko zu sein versuche und mir von
allen die Schuld in die Schuhe schieben lasse, weil du so ausgelutscht und lasch
geworden bist, und dann schreckliche Szenen mache und dir ganz allmählich die
Augen dafür öffne, wie schlimm es ist, dass ich Teil deines Lebens bin. Das
sollte doch auf etliche Monate für Tagträume reichen.»
    «Ich
verstehe nicht, was du willst.»
    «Glaub mir,
wenn ich das selbst verstünde, würden wir dieses Gespräch nicht führen. Ich
dachte ja, ich wüsste, was ich will. Ich wusste, es ist nichts Gutes, aber ich
dachte, ich weiß es. Und jetzt bist du hier, und es ist, als wäre überhaupt
keine Zeit vergangen.»
    «Nur dass
Walter sich in das Mädchen verliebt hat.»
    Sie
nickte. «Das stimmt. Und weißt du was? Es zeigt sich, dass das ganz
außerordentlich schmerzhaft für mich ist. Ganz verheerend schmerzhaft.» Tränen
traten ihr in die Augen, und sie wandte sich rasch ab, um diesen Anblick zu
verbergen.
    Katz hatte
so manche tränenreiche Szene in seinem Leben durchgestanden, nun aber musste er
zum ersten Mal mit ansehen, wie eine Frau aus Liebe zu einem anderen weinte. Es
gefiel ihm kein bisschen.
    «Also, am
Donnerstagabend kam er aus West Virginia nach Hause», sagte Patty. «Ich kann es
dir ja erzählen, wo wir doch alte Freunde sind, wie? Am Donnerstagabend kam er
aus West Virginia nach Hause, und er kam nach oben in mein Zimmer, und was dann
passiert ist, Richard, war das, was ich immer gewollt hatte. Immer gewollt
hatte. Mein ganzes Erwachsenenleben hindurch. Ich habe kaum sein Gesicht
wiedererkannt! Es war, als hätte er den Verstand verloren. Aber widerfahren ist
mir das nur, weil er schon weg war. Es war wie ein kleines Lebewohl. Ein
kleines Abschiedsgeschenk, um mir zu zeigen, was ich nie wieder haben soll.
Weil ich ihn zu lange zu unglücklich gemacht habe. Und jetzt ist er endlich
für etwas Besseres bereit, aber mit mir wird er es nicht haben, weil ich ihn zu
lange zu unglücklich gemacht habe.»
    Nach dem,
was Katz da hörte, war er achtundvierzig Stunden zu spät gekommen.
Achtundvierzig Stunden. Unglaublich. «Du kannst es noch immer haben», sagte er.
«Mach ihn glücklich, sei eine gute Ehefrau. Er wird das Mädchen vergessen.»
    «Vielleicht.»
Sie fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen. «Wäre ich ein vernünftiger,
ungebrochener Mensch, würde ich das wahrscheinlich versuchen. Weil ich, wie du
weißt, immer gewinnen wollte. Ich war immer eine Kämpfernatur. Aber ich habe eine
Art Allergie dagegen entwickelt, das zu tun, was vernünftig ist. Ich habe mein
Leben damit verbracht, aus Frustration über mich aus der Haut zu fahren.»
    «Genau das
liebe ich an dir.»
    «Ach,
jetzt auch noch Liebe. Liebe. Richard Katz redet von Liebe. Das muss doch für mich das Zeichen sein, ins Bett zu gehen.»
    Darauf
konnte nur der Abgang folgen; er versuchte nicht, sie aufzuhalten. Sein
Vertrauen in seine Instinkte war allerdings so groß, dass er sich, als er zehn
Minuten später selbst nach oben ging, noch immer vorstellte, sie erwarte ihn
vielleicht in seinem Bett. Stattdessen lag auf seinem Kissen ein dickes,
ungebundenes Manuskript mit ihrem Namen auf der ersten Seite. Der Titel lautete
«Es wurden Fehler gemacht».
    Er
lächelte darüber. Dann schob

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