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Franzen, Jonathan

Franzen, Jonathan

Titel: Franzen, Jonathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freihheit
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also: Schick
mir einfach Gewicht, denn wir werden nach Gewicht bezahlt, ist das zu glauben.
Und ich: Das sind dreißig Jahre alte Laster, die sind nicht für Sandstürme oder
den Sommer im Nahen Osten gebaut, die bleiben liegen, und wenn du versuchst,
Konvois durch einen Aufstand zu fahren, willst du nicht, dass dein Laster
liegenbleibt. Und jetzt habe ich jede Menge Ausgaben, aber keine Einnahmen.»
    Hätte
Jenna ihm zugehört, hätte er es sich vielleicht überlegt, das ihr gegenüber
zuzugeben, doch sie zerrte gerade an ihrem Bord-Videobildschirm, versuchte
gereizt, ihn aus seiner Staumulde zu ziehen. Galant kam er ihr zu Hilfe.
    «Also,
entschuldige», sagte sie, «du hast gerade gesagt...? Dass du nicht bezahlt
wirst oder so?»
    «Oh, nein.
Ich werde auf jeden Fall bezahlt. Wahrscheinlich mache ich am Ende sogar mehr
als Nick in diesem Jahr.»
    «Das
bezweifle ich, ehrlich gesagt.»
    «Na,
jedenfalls wird es eine Menge.»
    «Nick ist
in einem völlig anderen Vergütungsuniversum.»
    Das war zu
viel für Joey. «Warum bin ich eigentlich hier?», sagte er. «Willst du mich
überhaupt hier haben? Bisher hast du mich entweder ignoriert oder über Nick
gesprochen, mit dem du, wie ich dachte, nicht mehr zusammen bist.»
    Jenna
zuckte die Achseln. «Ich hab dir doch gesagt, ich bin brummig. Aber wenn ich dir
einen kleinen Rat geben darf? Mich interessieren deine Geschäfte nicht so
brennend. Dass du hier bist und nicht Nick, liegt einzig und allein daran, dass
ich die Nase voll davon hatte, ihn Tag und Nacht nur über Geld reden zu hören.»
    «Ich hab
gedacht, du magst Geld.»
    «Das heißt
aber nicht, dass ich gern darüber reden höre. Du bist doch derjenige, der damit
angefangen hat.»
    «Entschuldige,
dass ich damit angefangen habe!»
    «Na schön.
Entschuldigung angenommen. Aber noch was? Ich sehe nicht ein, warum ich Nick
nicht erwähnen darf, wenn du die ganze Zeit über deine Schnecke redest.»
    «Ich rede
über sie, weil du nach ihr fragst.»

«Ich weiß
nicht, was da der Unterschied sein soll.»
    «Und
außerdem ist sie noch meine Freundin.»
    «Stimmt.
Das ist wohl ein Unterschied.» Und plötzlich lehnte sie sich zu ihm hin und bot
ihren Mund dem seinen dar. Erst das feinste Darüberstreichen, dann eine
Weichheit fast wie warme Schlagsahne - und dann das pralle Fleisch. Ihre Lippen
fühlten sich ganz genauso schön, genauso vielschichtig belebt und kostbar an,
wie sie in seinen Augen immer ausgesehen hatten. Er überließ sich dem Kuss,
doch sie wich zurück und lächelte beifällig. «Glücklicher Junge», sagte sie.
    Als eine Stewardess kam, um ihre Bestellung fürs Abendessen aufzunehmen, bat er um Rind.
Er hatte vor, während der gesamten Reise ausschließlich Rind zu essen, da es,
so die Theorie, ein wenig stopfte; er hoffte, es bis Paraguay zu schaffen,
bevor er im Badezimmer auf Ringjagd würde gehen müssen. Jenna sah sich beim
Essen Fluch der Karibik an, und er setzte sich den
Kopfhörer auf und sah es mit ihr, lehnte sich, statt den eigenen Schirm
auszuklappen, linkisch in ihren Raum, doch es gab keine weiteren Küsse, und
der einzige Nachteil der Business-Class-Sitze - das fand er heraus, als der
Film zu Ende war und sie sich unter ihren jeweiligen Steppdecken ausstreckten -
bestand darin, dass kein Kuscheln, kein zufälliger Kontakt möglich war.
    Er wusste
nicht, wie er einschlafen sollte, aber dann war es auf einmal Morgen, und das
Frühstück wurde gereicht, und dann waren sie in Argentinien. Es war nicht
annähernd so exotisch, wie er es sich vorgestellt hatte. Außer dass alles auf
Spanisch war und mehr Leute rauchten, schien die Zivilisation dort wie überall
zu sein. Die Fensterscheiben und Bodenfliesen, Plastiksitze und Beleuchtungen
waren genau die gleichen, und beim Flug nach Bariloche erfolgte das Boarding wie bei jedem amerikanischen Anschlussflug mit den hinteren Reihen
zuerst, und an der 727 oder den Fabriken, Feldern und Autobahnen, die er durchs
Fenster sehen konnte, war nichts großartig anders. Erde war immer noch Erde,
auch hier wuchsen Pflanzen darin. Die meisten Passagiere in den Ersten Klasse
sprachen Englisch, und sechs davon - ein englisches Paar und eine
amerikanische Mutter mit drei Kindern - gesellten sich zu Joey und Jenna, als
sie ihr mit Priority-Schildchen versehenes Gepäck zu dem bequemen weißen
Kleinbus der Estancia El Triunfo schoben, der in einer Parkverbotszone vor dem
Flughafen von Bariloche auf sie wartete.
    Der
Fahrer, ein ernster junger Mann mit

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