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Franzen, Jonathan

Franzen, Jonathan

Titel: Franzen, Jonathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freihheit
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das wird Connie nicht verstehen, wenn du es also, na, bei ihrem nächsten
Anruf einfach nicht erwähnen würdest, wäre das das Freundlichste, was du für
alle Beteiligten tun könntest.»
    «Du bist
so ein Scheißkerl, Joey, ich will schon gar nicht mehr mit dir reden. Mit dir
ist irgendwas passiert, davon dreht sich mir schlicht der Magen um. Sollte
Connie mich anrufen, während du weg bist, weiß ich nicht, was ich sagen werde.
Wahrscheinlich sage ich ihr gar nichts. Aber sie ruft mich ja auch nur deshalb
an, weil sie nicht oft genug von dir hört, und ich habe die Schnauze voll
davon, auf diese Weise mittendrin zu stecken. Also mach, was du willst,
verdammt, aber lass mich bitte
außen vor.»
    Nachdem er
Jonathan geschworen hatte, nicht mit Jenna zu schlafen, fühlte Joey sich gegen
alle Eventualitäten in Argentinien abgesichert. Passierte nichts, würde das
seine Ehrenhaftigkeit beweisen. Passierte doch etwas, brauchte er nicht
bekümmert und enttäuscht zu sein, dass nichts passiert war. Es würde die Frage
beantworten, die für ihn noch im Raum stand, nämlich ob er ein weicher oder ein
harter Mensch war und was die Zukunft für ihn bereithielt. Diese Zukunft machte
ihn neugierig. Nach der fiesen SMS zu urteilen, sah es nicht danach aus, als
würde Jonathan, so oder so, an ihr teilhaben. Und ganz klar, die SMS versetzte
ihm einen Stich, doch Joey hatte das gnadenlose Moralisieren seines Freundes
satt.
    Im
Flugzeug, in der Ungestörtheit ihrer riesigen Sitze und unter dem Einfluss
eines zweiten großen Drinks, ließ Jenna sich herab, ihre Sonnenbrille
abzunehmen und Konversation mit ihm zu treiben. Joey erzählte ihr von seiner
kürzlich unternommenen Reise nach Polen, wo er der Fata
Morgana der Pladsky-Aio-Ersatzteile hinterhergejagt war, und
seiner Entdeckung, dass bis auf einige wenige der vermeintlich unzähligen
Händler, die diese Ersatzteile übers Internet anboten, allesamt entweder
Schwindler waren oder ihre Ware von derselben einen Verkaufsstelle in Lodz
bezogen, in der Joey und sein nutzlosester aller nutzlosen Dolmetscher
erschreckend wenig gefunden hatten, was überhaupt käuflich erworben werden konnte,
egal, zu welchem Preis. Heckleuchten, Kotflügel, Räumplatten, ein paar
Batteriekästen und Kühlergrille, aber kaum Motoren- und Aufhängungsteile, die
für die Instandhaltung eines seit 1985 nicht mehr produzierten Fahrzeugs
wesentlich waren.
    «Das
Internet ist Schrott, findest du nicht?», sagte Jenna. Sie hatte sämtliche
Mandeln aus ihrer Nussschale geklaubt und klaubte nun die aus Joeys.
    «Dermaßen Schrott, dermaßen», sagte er.
    «Nick hat
immer gesagt, internationaler E-Commerce ist was für Loser. Eigentlich alles
Finanzielle im E-Bereich, außer es ist firmeneigen. Er sagt, freie Information
ist per definitionem wertlos. So nach dem Motto, wenn ein chinesischer Händler
im Internet gelistet ist, kann man einfach schon deswegen sagen, dass er nichts
taugt.»
    «Klar,
weiß ich ja, das ist mir durchaus bewusst», sagte Joey, der nichts von Nick
hören wollte. «Aber bei Lkw-Ersatzteilen sollte es doch eher wie bei eBay oder
so laufen. Einfach als effiziente Form, Käufer mit Verkäufern
zusammenzubringen, die sie sonst nicht finden würden.»
    «Ich weiß
nur, dass Nick nie was übers Internet kauft. Er traut nicht mal PayPal. Und der kennt sich, wie du weißt, bei solchen Sachen ziemlich gut
aus.»
    «Ja, und
genau deshalb war ich in Polen. Weil man solche Dinge persönlich regeln muss.»
    «Genau,
das sagt Nick auch.»
    Es
irritierte ihn, wie sie die Mandeln irgendwie offenmäulig kaute, und wie ihre
Finger, so reizend sie waren, methodisch in seiner Nussschale stöberten,
irritierte ihn auch. «Ich dachte, du trinkst nicht gern», sagte er.
    «Hihi. Ich
habe in letzter Zeit daran gearbeitet, dass ich mehr vertrage, und große
Fortschritte erzielt.»
    «Na, wie
auch immer», sagte er, «jetzt müssen in Paraguay ein paar richtig gute Sachen
abgehen, sonst weiß ich nicht, was ich tun soll. Ich habe ein Vermögen dafür
ausgegeben, den polnischen Schrott zu verschicken, und jetzt höre ich von
meinem Partner Kenny, dass es
nicht mal genug war, um einen Teil bezahlt zu bekommen. Das Zeug steht auf
irgendeiner Ziegenweide vor Kirkuk und ist wahrscheinlich nicht mal bewacht.
Und Kenny ist sauer auf mich, weil ich
stattdessen nicht irgendwelche Teile von anderen Lastern geschickt habe, auch
wenn die ja total nutzlos wären, weil sie nicht vom selben Modell und
Hersteller sind. Und Kenny

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