Franzen, Jonathan
der
Baumbesetzer, der Fight Club- Anhänger
und der PETAisten gelangt, von denen einer dann den Link zu FreiRaum auf der
Webseite der Waldsängerberg-Stiftung ausfindig gemacht hatte. Und über Nacht
war FreiRaum trotz des Verlusts seiner Mittel und seiner musikalischen
Hauptattraktion zu einer soliden Fan-Plattform und, in der Person Walters, zu einem
Helden gekommen.
Es war
lange her, dass er viel gekichert hatte, jetzt aber kicherte er unablässig und
stöhnte dann auf, weil ihm die Rippen wehtaten. Eines Nachmittags zog er los
und kam mit einem gebrauchten weißen Econoline-Transporter und einer Sprühdose
grüner Farbe wieder und schrieb auf Flanken und Rückseite des Wagens in kruden
Lettern F rei R aum . Er wollte die Initiative jetzt mittels seines eigenen
Geldes aus dem anstehenden Erlös des Hausverkaufs finanziell über den Sommer
bringen, Infomaterial drucken, den Praktikanten wenigstens einen Hungerlohn
zahlen und den antretenden Bands einen Geldpreis bieten, doch Lalitha erwartete
potenzielle scheidungsbedingte rechtliche Probleme und wandte sich dagegen.
Woraufhin Joey, nachdem er von den Sommerplänen seines Vaters erfahren hatte,
FreiRaum vollkommen unerwartet einen Scheck über 100 ooo Dollar ausstellte.
«Das ist
doch lächerlich, Joey», sagte Walter. «Das kann ich nicht annehmen.»
«Klar
kannst du das», sagte Joey. «Der Rest geht an die Veteranen, aber Connie und
ich finden deine Sache auch interessant. Du hast dich doch um mich gekümmert,
als ich klein war, oder?»
«Ja, weil
du mein Kind warst. So etwas tun Eltern. Wir
erwarten keine Rückzahlung. Dieses Konzept hast du offenbar nie so recht
verstanden.»
«Aber ist
es nicht komisch, dass ich das machen kann? Ist das nicht ein ziemlich guter
Witz? Es ist doch bloß Monopolygeld. Es bedeutet mir nichts.»
«Ich habe
eigene Ersparnisse, die ich ausgeben könnte, wenn ich wollte.»
«Na, die
kannst du dir fürs Alter aufsparen», sagte Joey. «Es ist ja nicht so, dass ich,
wenn ich Geld mal auf richtige Weise verdiene, alles der Wohlfahrt geben werde.
Das sind jetzt besondere Umstände.»
Walter war
so stolz auf Joey, so dankbar, nicht mehr gegen ihn ankämpfen zu müssen, und
daher so geneigt, ihn den starken Max markieren zu lassen, dass er sich auch
nicht gegen den Scheck wehrte. Sein einziger echter Fehler war, es Jessica
gegenüber zu erwähnen. Sie hatte endlich wieder mit ihm gesprochen, nachdem er
im Krankenhaus gelandet war, aber ihr Ton machte deutlich, dass sie es noch
nicht über sich brachte, mit Lalitha freundschaftlich zu verkehren. Auch was
er in Whitmanville gesagt hatte, beeindruckte sie nicht. «Selbst wenn wir mal
außer Acht lassen, dass genau die Art
von Spruch ist, die wir alle kontraproduktiv fanden», sagte sie, «hast du dir,
glaube ich, nicht den richtigen Feind ausgesucht. Du sendest eine wenig
hilfreiche Botschaft aus, wenn du die Umwelt gegen ungebildete Menschen
ausspielst, die doch nur ein besseres Leben führen wollen. Ich weiß ja, dass du
diese Leute nicht magst. Aber du musst versuchen, es zu verbergen, anstatt es
an die große Glocke zu hängen.» In einem späteren Telefonat ließ sie eine
schnippische Bemerkung zum Republikanismus ihres Bruders fallen, worauf Walter
betonte, dass Joey, seit er Connie geheiratet habe, ein anderer Mensch geworden
sei. Außerdem habe Joey, sagte er, einen finanziell bedeutenden Beitrag zu
FreiRaum geleistet.
«Und woher
hat er das Geld?», sagte Jessica sogleich.
«Ach, so
viel ist es gar nicht», ruderte Walter zurück, als er seinen Fehler bemerkt
hatte. «Du weißt doch, wir sind eine winzige Initiative, da ist alles relativ.
Ich meine bloß, dass er uns, symbolisch sozusagen, überhaupt etwas gibt - das
sagt einiges darüber aus, wie sehr er sich verändert hat.»
«Hm.»
«Also, an
deinen Beitrag kommt das nicht annähernd ran. Deiner war riesig. Dass du das
Wochenende mit uns zusammen gewesen bist und mitgeholfen hast, das Konzept zu
erarbeiten. Das war riesig.»
«Und was
nun?», sagte sie. «Lässt du dir jetzt die Haare wachsen und läufst mit einem Dorag
rum? Fährst in deinem Transporter durch die Gegend? Machst das
ganze Midlife-Ding? Müssen wir uns jetzt auf so was freuen? Weil ich dann nämlich
gern die kleine, leise Stimme wäre, die sagt: Ich habe dich gemocht, wie du
früher warst.»
«Ich
verspreche dir, dass ich mir die Haare nicht wachsen lasse. Ich verspreche,
kein Dorag zu tragen. Ich werde dir nicht
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