Franzen, Jonathan
aggressiven Ganzfeldverteidigung und stellten
fest, dass sie damit glänzenden Erfolg hatten. Shawna sicherte einen Abpraller
und warf ihn Patty zu, die jedoch in der Ecke eingekesselt wurde und gleich
wieder abgab. Sie bekam den Ball erneut und geriet damit ins Aus. Sie bekam
den Ball erneut und spielte ihn einer Verteidigerin direkt in die Hände, so als
machte sie ihr ein kleines Geschenk. Die Trainerin forderte eine Auszeit und
sagte Patty, sie solle sich beim Ballgewinn nach einem gegnerischen Angriff weiter
vorn im Feld anbieten; aber auch dort erwarteten die Bruins sie schon. Ein langer Pass glitt ihr
aus den Händen, und der Ball landete in den Sitzreihen. Sie kämpfte gegen den
Kloß in ihrem Hals an, versuchte wütend zu werden, und schon wurde ein
Angreiferfoul gegen sie gepfiffen. Es fehlte ihr an Sprungkraft bei den
Distanzwürfen. Zweimal verlor sie den Ball in der Zone, und die Trainerin nahm
sie kurz aus dem Spiel, um mit ihr zu sprechen.
«Wo ist
mein Mädchen? Wo ist meine Spielführerin?»
«Ich hab's
heute Abend nicht in mir.»
«Doch,
natürlich hast du das, du musst es nur finden. Es ist da. Finde es.»
«Ja.»
«Schrei
mich an. Lass es raus.»
Patty
schüttelte den Kopf. «Ich möchte es nicht rauslassen.»
Die
Trainerin, vor ihr in der Hocke sitzend, spähte ihr von unten ins Gesicht, und
Patty zwang sich mit einer gewaltigen Willensanstrengung, ihrem Blick zu
begegnen.
«Wer ist
unsere Spielführerin?»
«Ich.»
«Schrei
es.»
«Kann ich
nicht.»
«Willst
du, dass ich dich auf die Bank setze? Ist es das, was du willst?»
«Nein!»
«Dann geh
jetzt da raus. Wir brauchen dich. Was immer es ist, wir können später drüber
reden. Alles klar?»
«Ja.»
Diese neue
Transfusion speiste, ohne auch nur ein einziges Mal durch Pattys Körper zu zirkulieren, auf direktem Weg die Blutung. Ihren
Mannschaftskameradinnen zuliebe blieb sie im Spiel, aber sie verfiel in ihre
alte Gewohnheit, selbstlos zu agieren und den Spielzügen zu folgen, anstatt
sie anzuführen, und zu passen, anstatt selbst auf den Korb zu werfen, ja nach
einer Weile verfiel sie sogar in ihre noch ältere Gewohnheit, nahe der
Dreierlinie herumzulungern und es mit Distanzwürfen zu versuchen, von denen
manche an einem anderen Abend vielleicht geglückt wären, nicht aber an diesem.
Wie schwer es ist, sich auf einem Basketballfeld zu verstecken! Wieder und
wieder zog Patty in der Verteidigung den Kürzeren, und mit jeder Niederlage
schien die nächste nur noch wahrscheinlicher zu werden. Was sie erlebte, wurde
ihr später, als sie Bekanntschaft mit ernsthaften Depressionen machte,
zunehmend vertraut, aber an jenem Februarabend war es eine beängstigende neue
Erfahrung für sie zu merken, wie das Spiel, völlig außerhalb ihrer Kontrolle,
um sie herum weiterwirbelte, und zu ahnen, dass alles, was geschah, jedes
Näherkommen und Sich-Entfernen des Balls, jeder dumpfe Aufprall ihrer Füße auf
dem Boden, jeder neue Versuch, eine vollaufkonzentrierte und entschlossene
Bruin zu decken, jedes kernige Halbzeitschulterklopfen einer
Mannschaftskameradin, einzig und allein den Sinn hatte, ihr die eigene
schlechte Leistung und die Leere ihrer Zukunft und die Vergeblichkeit allen Bemühens
vor Augen zu führen.
Gegen Ende
des dritten Viertels, als die Gophers mit 25
Punkten zurücklagen, nahm die Trainerin sie schließlich aus dem Spiel. Sobald
sie wohlbehalten auf der Bank saß, lebte sie ein wenig auf. Sie fand ihre
Stimme wieder, feuerte ihre Mannschaft an, verteilte Abklatscher wie ein
eifriger Neuling, und innerlich schwelgte sie in dem demütigenden Gefühl, bei
einem Spiel, dessen Star sie hätte sein sollen, nur noch als Cheerleader gebraucht zu werden, begrüßte die Scham, die der allzu taktvolle
Trost ihrer mitleidigen Mannschaftskameradinnen in ihr auslöste. So
hundsmiserabel, wie sie gewesen war, hatte sie es absolut verdient, fand sie,
derart gedemütigt und beschämt zu werden. Den ganzen Tag war es ihr nicht
besser gegangen als jetzt, da sie sich in dieser Scheiße suhlte.
Hinterher
in der Kabine ließ sie die Predigt der Trainerin mit fest verschlossenen Ohren
über sich ergehen, setzte sich dann auf eine Bank und schluchzte eine halbe
Stunde. Ihre Freundinnen waren rücksichtsvoll genug, sie das auch tun zu
lassen.
In ihrem
Daunenanorak, die Gophersmütze auf dem Kopf, ging sie zum Northrop-Auditorium,
weil sie hoffte, der Blackmun-Vortrag sei vielleicht aus irgendeinem Grund noch
nicht vorbei, aber das Gebäude
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