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Franzosenliebchen

Franzosenliebchen

Titel: Franzosenliebchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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der meisten Siedlungsbewohner
sind Sie ein Held. Herzlichen Glückwunsch. Wird Ihnen vorm
Kriegsgericht bloß nicht viel nutzen.«
    »Und Sie? Was
werfen die Franzosen Ihnen vor?« 
    »Die haben mich
von der Straße weg verhaftet.« Schneider erzählte,
dass er auf dem Weg zu einer Verabredung gewesen und unmittelbar
nach dem Verlassen seiner Wohnung von der französischen
Militärpolizei in Gewahrsam genommen worden sei. Man habe ihn
ohne weitere Erklärungen in das Gefängnis transportiert,
ihm mitgeteilt, dass er der Beteiligung an einem Mord
verdächtig sei, und nun sitze er hier.
    »Ihnen wird ein
Mord vorgeworfen?«, erschrak Goldstein. »Wen sollen Sie
denn umgebracht haben?«
    Schneider zog
nachdenklich an seiner Zigarette. Schließlich meinte er:
»Ach, was soll’s. Ist ohnehin kein Geheimnis. Die
Franzosen nehmen an, dass ich dabei war, als Kalle Soltau dran
glauben musste.«
    »Soltau? Wer ist
das?«
    »Einer meiner
früheren Kameraden.«
    »Und, waren Sie
bei dem Mord dabei?« Als Schneider nicht antwortete, schob
Goldstein nach: »Welchen Grund gab es, diesen Soltau
umzubringen?«
    Schneider verzog das
Gesicht und sagte schroff: »Herr Polizist, kümmern Sie
sich um Ihren Kram und ich mich um meinen, in Ordnung? Dann werden
wir uns prächtig verstehen.«
    Schneiders Reaktion
war eindeutig. Der Kerl hatte etwas mit dem Mord an diesem Soltau
zu tun. Die Franzosen hatten ihn also nicht zu Unrecht
eingebuchtet. Goldstein nahm sich vor, erst einmal alles zu tun, um
Schneiders Vertrauen zu gewinnen. Vielleicht würde er dann
mehr erfahren.
    Sie vermieden von nun
an das Thema. Dafür erfuhr Goldstein, dass Schneider ein
glühender Anhänger einer Fußballmannschaft namens
TuS Schalke 1877 war.  
    »Die kicken in
der Emscherkreisliga ganz oben mit«, erklärte Schneider.
»Seit zwei Jahren haben die einen klasse Mann, der
heißt Kuzzora. Der spielt seine Gegner aus, das glauben Sie nicht. Mit
dem steigen die in die Bezirksklasse auf, das ist sicher. Die
Schalker Jungs zeigen dann denen da oben, was Fußballspielen
ist, was Arbeiterjungs erreichen können.«
    Goldstein hatte zwar
schon von diesem Sport gehört, aber noch kein Spiel gesehen.
Schneider war in seiner Begeisterung nicht zu stoppen. »Wenn
wir hier rauskommen sollten, kommen Sie mal mit. Danach werden Sie
nicht mehr der Alte sein. Dann packt es auch Sie.«
    Je länger ihre
Unterhaltung dauerte, desto mehr zweifelte Goldstein, dass
Schneider ihn tatsächlich aushorchen sollte. Der Zellengenosse
zeigte nicht das geringste Interesse an seinen
Ermittlungen.
    »Na, das war es
dann wohl«, riss ihn Schneider aus seinen Gedanken.
»Das ist die letzte Kippe.« Mit Bedauern schaute er auf
die zu einem kleinen Ball zerknüllte Packung. »Ich werde
sie besonders genießen.« Tief sog er den Rauch ein.
Dann sagte er unvermittelt: »Sie müssen vor mir im
Übrigen keine Angst haben. Ich bin nicht hier, um Sie
auszuhorchen.«
    Goldstein zuckte
zusammen. »Wie kommen Sie auf diese Idee?«
    »Der Gedanke
liegt nahe. Sie befürchten, dass ich ein Spitzel bin. Ist doch
so, oder?«
    »Daran habe ich
in der Tat gedacht«, räumte Goldstein ein.
    Schneider nickte
befriedigt. »Mir ging es genauso. Schon merkwürdig, dass
uns die Franzosen in eine Zelle gesteckt haben. Ein Grund
könnte sein, dass in diesem Etablissement kein anderes Zimmer
mehr frei ist. Trotz der Festnahmen in den letzten Tagen ist das
allerdings nicht sehr wahrscheinlich. Möglicherweise wissen
die Franzmänner nicht, dass wir uns kennen, und unser nettes
Treffen hier ist der reine Zufall.« Abrupt wechselte
Schneider das Thema. »Sie haben übrigens mächtige
Freunde, wissen Sie das?«
    »Wie kommen Sie
darauf?« Goldstein hatte keine Ahnung, worauf Schneider
hinauswollte.
    »Wir haben
Befehl bekommen, auf Sie aufzupassen. Sie sollten den Franzosen
nicht in die Hände fallen.«
    Goldstein lachte laut
auf. »Das ist Ihnen gut gelungen. Aber wer hat Ihnen einen
solchen Befehl erteilt?«
    Schneider schien
beleidigt. »Wer konnte denn damit rechnen, dass Treppmann so
durchdrehte und dass dann auch noch ausgerechnet Sie sich
einmischen würden.« Er schnippte Zigarettenasche auf den
Boden.
    Draußen auf dem
Gang waren Schritte zu hören, die rasch näher kamen.
Schneider legte einen Finger auf seine Lippen, stand auf und
horchte an der Tür. Die Schritte entfernten sich wieder und
Schneider entspannte sich. »Kein Lauscher vor der
Tür.«
    »Wer ist
›wir‹?«, wollte Goldstein es nun genau

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