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Franzosenliebchen

Franzosenliebchen

Titel: Franzosenliebchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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tagsüber
machen. Nachts hält sich im Schrebergarten üblicherweise
keiner auf. Wir würden nur auffallen. Aber so kalt ist es ja
glücklicherweise nicht mehr. Wird bald Frühling. Wasser
ist draußen im Brunnen, Essen besorge ich.« Er
beäugte Goldstein kritisch. »Wenn ich du wäre,
würde ich mich waschen.«
    Erst jetzt fiel
Goldstein auf, dass seine Kopfhaut juckte. Der Kohlenstaub. Er
nickte und wollte die Tür
öffnen.   
    »Warte.«
Schneider stand auf und spähte durch ein winziges Fenster
neben der Tür. »Bevor du die Laube verlässt,
vergewissere dich immer, dass keine französische Streife in
der Nähe ist. Es wäre auch gut, wenn dich die anderen
Schrebergärtner nicht zu häufig sehen würden. Ich
glaube zwar nicht, dass einer quatscht, aber sicher ist sicher.
Mich kennen sie hier in der Anlage. Du aber fällst auf. Also
bleib am besten drinnen. Die Luft ist rein. Beeil dich.« Er
öffnete die Tür und Goldstein schlüpfte ins
Freie.
    Der Brunnen bestand
aus einem alten, abgeschnittenen Fass und einer Handpumpe.
Goldstein betätigte den Schwengel und frisches Wasser
strömte in das Fass. Er entledigte sich seiner Jacke, Hemd und
Pullover, schlug alles sorgfältig aus und steckte dann den
Kopf in das eiskalte Nass.
    Fünf Minuten
später kehrte er erfrischt in die Laube zurück. Schneider
hatte mittlerweile Feuer in einem alten Eisenofen entfacht und
einen Topf mit Wasser daraufgestellt. Als Goldstein sich setzte,
hielt der Herner triumphierend zwei Papiertüten hoch.
»Pfefferminzblätter. Ich gieße uns einen Tee auf.
Und Plätzchen. Etwas trocken, aber es wird gehen. Unser
zweites Frühstück sozusagen. Hau dich hin, wenn du
willst. Ich bin gleich fertig.«
    Die Plätzchen
ließen sich vorzüglich im Tee einweichen und
verschafften gemeinsam mit dem warmen Getränk wenigstens die
Illusion einer Mahlzeit. Nachdem sie die letzten Krümel
vertilgt hatten, stand Schneider auf und schnappte sich seine
Jacke.
    »Ich habe noch
etwas zu erledigen«, verkündete er. »Wird einige
Stunden dauern.« Er zeigte auf die Tür.
»Schließ hinter mir ab. Und bleib vom Fenster weg. Wenn
sich jemand nähern sollte, verhalte dich
ruhig.«
    »Was ist, wenn
der Eigentümer der Laube …«
    Schneider winkte ab.
»Keine Sorge. Der wird sich in den nächsten Tagen nicht
hier blicken lassen. Wir werden ganz ungestört bleiben.«
Mit diesen Worten verschwand er durch die Tür.
    Tatsächlich
dauerte es bis zum Abend, bis Schneider wieder auftauchte. Es war
bereits dunkel, als er klopfte und leise rief: »Mach auf, ich
bin es.«
    Goldstein öffnete
und ließ ihn eintreten.
    Schneider warf einen
Rucksack auf den Tisch. »Lebensmittel. Dürfte für
zwei Tage reichen. Und noch eine Decke.« Er zog seine Jacke
aus und warf sie auf einen Stuhl. »Wenn die Franzosen nach
uns suchen, tun sie das nicht besonders intensiv. Meine Freunde
haben keine Verstärkung der Streifen festgestellt. Es hat
keine Razzien gegeben. Fahndungsplakate hängen keine.
Wäre vielleicht auch etwas früh.« Er zuckte mit den
Schultern. »Hättest du etwas dagegen, wenn ich mich
jetzt etwas ausruhe? Bin heute schließlich früh
aufgestanden.«
    Der Polizist
schüttelte als Antwort nur den Kopf, worauf es sich Schneider
auf dem Sofa bequem machte. Schon bald war lautes Schnarchen zu
hören. Goldstein wickelte sich in die zweite Decke und nahm
auf einem der Stühle Platz.    
    Lautes Klopfen
ließ ihn aufschrecken. Er musste eingenickt sein. Schneider
war erwacht und sprang auf. Er legte den Zeigefinger auf den Mund
und schlich zur Tür. Dort lauschte er. Erst jetzt vernahm
Goldstern, dass das Klopfen einem bestimmten Rhythmus folgte.
Schneider wartete und öffnete schließlich. Der Mann, der
unmittelbar darauf die Laube betrat, war Wilfried Saborski. Ihm
folgten zwei weitere Männer, die Goldstein nicht kannte.
Schneider begrüßte die Besucher mit einem stummen
Nicken.
    »Ich dachte, die
Franzosen hätten euch eingebuchtet.« Saborskis Stimme
triefte vor Ironie.
    Goldstein hegte keinen
Zweifel, dass Saborski von ihrer Flucht wusste.
    »Haben sie auch.
Aber wir konnten abhauen.« Schneider knetete nervös
seine Hände.
    »Tatsächlich? So
einfach?« Saborskis Spott war ätzend.
    »Einfach war es
nicht. Aber wir hatten Glück.«
    »So? Nennt man
das jetzt Glück? Wäre Verrat nicht das richtigere
Wort?«
    Schneider wurde
bleich. »Wie meinst du das?«
    »Du hast mich
schon verstanden.«
    Goldstern schaltete
sich ein. »Der Wagen hatte einen Motorschaden.

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