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Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)

Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)

Titel: Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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uns zwischen herumfliegenden Socken bei ihm auf dem Fußboden, oder das Leben ist schon vorbei!
    »Es macht mir nichts aus, wenn bei dir nicht aufgeräumt ist«, sagte ich, vor Sehnsucht brennend. »Ich mach’ einfach die Augen zu!«
    »Nein, es geht nicht«, sagte Simon ungeduldig. »Kann sein, dass bei mir zu Hause jemand ist.«
    »Aha«, sagte ich, »deine Aufwartefrau vermutlich.«
    »Wahrscheinlich liegen die Dinge bei mir so ähnlich wie bei dir«, sagte Simon. »Müssen wir uns den letzten Tag mit Geständnissen verderben?«
    »Nein, natürlich nicht«, sagte ich erschrocken.
    Was mochte dieser Simon von Zyrene für Geheimnisse haben? Womöglich lebten ein paar thailändische Klosterfrauen oder andere Melissengeister hinter seinem Gemäuer?
    Das Auto war zum Bersten voll. Nicht eine Briefmarke hätte mehr hineingepasst. Vorne neben mir hockte das dralle Paulchen in seinem Sitz und schlief. Fünf Monate Muttermilch rund um die Uhr hatten bewirkt, dass sich die Anschnallgurte kaum noch schließen ließen. Hinten hockten Frau Schmalz-Stange und Sascha, eingezwängt von Spielsachen, Fressalien und anderem Gepäck. Sascha klemmte in einem Kindersitz, der ziemlich sperrig war. Frau Schmalz-Stange hatte ihn extra mitgebracht. Im Kofferraum war das Gepäck für vier Personen und vier Jahreszeiten, konnte man doch nicht vorhersagen, wie das Wetter in Südfrankreich sein würde! Außer den üblichen Siebensachen hatte ich noch drei verschiedene Konzertkleider – für jede Temperatur nämlich eines! – mit und ohne Petticoat eingepackt, außerdem Noten, Schuhe, Kleid, Lutschpastillen, Krimis für die Proben, Stimmgabel, das Übliche. Auf dem Dach flatterte der Kinderwagen mit. Er war schon etwas marode, und das Futter winkte fröhlich allen Autofahrern hinterher. Klaus hatte mir noch in letzter Minute seine Tonbandausrüstung aufgedrängt. Ich solle unbedingt Aufnahmen machen lassen, wenn er selbst schon nicht mitfahren könne. Als unverheirateter Klinikarzt hatte er nämlich in der Weihnachtszeit pausenlos Nachtdienst. Mir war das mehr als recht.
    Auch seine Fotoausrüstung und die Videokamera lagen also eingebettet zwischen Pampers und Paulchens Lammfell hinten auf der Ladefläche. Wir waren überladener als jeder Türkenopel auf der Fahrt zum Bosporus.
    Als wir etwa achtzig Kilometer gefahren waren, hatte Sascha keine Lust mehr. Seine Benjamin-Blümchen-Kassetten langweilten ihn inzwischen.
    Ich dachte mit Schrecken an die restlichen tausend Meilen, die der überfüllte Kasten noch würde zurücklegen müssen. Sascha fing an zu nörgeln, was ich zu überhören versuchte. Ich dachte mit selig verklärtem Blick an Simon Reich.
    »Mama, ich hab’ Dooorst!«
    Sascha hatte beschlossen, ein bisschen renitent zu sein. Frau Schmalz-Stange kramte in ihrem Picknickkorb nach einem Getränk.
    Sie fand Mineralwasser und öffnete zischend die Flasche.
    Ich hörte das Wasser in einen Becher gluckern. Sascha wartete so lange, bis seine Mutter ihm den vollen Becher unter die Nase hielt, doch dann wollte er’s nicht trinken.
    »Nich das! Ich will Punica-Oase!«
    Frau Schmalz-Stange hatte nun keine Hand mehr frei, um Sascha die Punica-Oase aus dem Korb zu kramen. Sie musste erst das Wasser austrinken, die Flasche wieder verstauen und den Becher ebenfalls.
    Ich hörte sie lange kramen.
    »Mamaaa! Ich hab’ Dooorst!«
    Spätestens jetzt hätte ich dem renitenten Bengel eins auf die Rübe gehauen, aber Frau Schmalz-Stange entschuldigte sich, dass sie die Punica-Oase nicht finden könne.
    Ich fragte, ob ich mal anhalten solle.
    »Mamaaa! Ich will anhalten!«, sagte Sascha in seinem Kindersitz.
    »Wenn es möglich wäre«, sagte Frau Schmalz-Stange zu mir.
    Ich versprach, auf den nächsten Rastplatz zu fahren. Wir waren immerhin schon bis Aachen gekommen. Wenn das kein Grund zum Saufen war!
    »Mamaaa!« Sascha hatte ungeahnte Möglichkeiten, ins Fortissimo zu gehen. Das hätte ich dem stillen Benjamin-Blümchen-Bengel gar nicht zugetraut!
    »Mamaaa, ich will SOFORT anhalten!«
    »Ja, Sascha. Auf dem nächsten Rastplatz halten wir an.«
    »Ich hab’ Doooorst!!«
    Frau Schmalz-Stange suchte nun in hektischer Betriebsamkeit die Punica-Oase. Schließlich fand sie die kleinen Trinkpäckchen irgendwo.
    Na bitte, dachte ich, dann schaffen wir es ja noch bis zur Grenze.
    Auf der Rückbank wurde heftig rumort.
    »Mamaaa! Leg das woanders hin! Das ist mir zu eng!«
    »Aber Sascha, ich muss doch nur kurz die Punica-Oase rausholen, dann räume

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