Frauen, die Geschichte machten
Margaretes Vater Maximilian,
hatte von dem Reichtum seiner Frau derart profitiert, dass er alles daransetzte, auch seine Nachkommen erfahren zu lassen,
was es mit dem geflügelten Wort auf sich hatte: »Bella gerant alii, tu, felix Austria, nube!« – Kriege mögen andere führen,
du, glückliches Österreich, heirate!
Glücklich oder doch erfolgreich waren er und die Seinen damit dann auch in ungeahntem Maße, allerdings ging es ohne Unglück
natürlich nicht vonstatten. Und das war, wie so oft, ungerecht verteilt. Unsere Margarete, geboren am 10. Januar 1480 im Schloss
auf dem Coudenberg in Brüssel, hatte jedenfalls einen unverhältnismäßig großen Teil davon zu tragen: Sie war gerade zwei |109| Jahre alt, als ihre erst 25-jährige Mutter bei einem Sturz vom Pferd ums Leben kam. Und kaum ein Jahr später war Margarete
Braut. Dem zehn Jahre älteren, wenig ansehnlichen französischen Thronfolger und späteren König Karl VIII. formal angetraut,
wurde sie als Kleinkind aus ihrer heimischen Umgebung gerissen und an den Pariser Hof geschickt. Dort geriet sie unter die
Fuchtel der zwar klugen und wohlmeinenden, aber strengen Schwägerin Anne de Beaujeu (1461–1522), die der Kleinen eine ausgezeichnete
Erziehung angedeihen ließ und sie auf ihre künftigen Pflichten gründlich vorbereitete. Dem Vater Maximilian schrieb die Königin
in spe einmal: »Ich will nach Hause, und wäre es in bloßem Hemd.« Und beinahe kam es dann auch so. Ehe Margarete nämlich wirklich
ehefähig geworden war, überlegten es sich Schwägerin Anne und der auserwählte Gemahl anders. Karl heiratete die Erbin der
Bretagne und schickte 1491 seine nun überflüssige deutsche, oder genauer: österreichische »Frau« dem Vater zurück. Die Ehe
ließ er für nichtig erklären, denn sie sei »nicht vollzogen« worden, lateinisch hieß das, sie sei
non consumatum
geblieben. Dass Maximilian Frankreich daraufhin mit Krieg überzog, konnte die Wunde nicht heilen, die dem Stolz der inzwischen
12-jährigen Tochter geschlagen worden war.
Ihre Ziehmutter Anne blieb für sie trotz oder wegen der erfahrenen Strenge ein Leben lang Vorbild. Sie hatte der jungen Margarete
gezeigt, dass sich eine Frau durchaus in der politischen, von Männern dominierten Welt behaupten konnte, wenn sie es geschickt
und entschlossen anstellte. Ein Grundstein war damit gelegt, doch die Feinheiten hatte die verstoßene Habsburgerin erst noch
zu lernen. Vorläufig gab allein ihr Vater weiter die Richtung vor, der kurz nach Margaretes Heimkehr 1493 Kaiser geworden
war und auf Ausbau seiner Macht sann. Zunächst sorgte er dafür, dass Margaretes zwei Jahre älterer Bruder Philipp, genannt
der Schöne, im mütterlichen Erbe bestätigt und als Herzog von Burgund anerkannt wurde. Zu diesem Herzogtum gehörten die wohlhabenden
Niederlande, um die es dem Kaiser vor allem ging und die Margarete zum Schicksal werden sollten.
Maximilian hatte auf der Iberischen Halbinsel geeignete Ehekandidaten für seine Kinder Philipp und Margarete entdeckt: Die
Tochter sollte mit Johann (Juan), dem Erben der katholischen Könige Ferdinand von Aragón und Isabella von Kastilien-León,
verheiratet werden, der Sohn mit dessen Schwester Johanna (Juana), beide im selben Alter. Gefragt wurden die Kandidaten nicht
lange, ging es doch im Grunde um ein familiär abgefedertes Bündnis der spanischen mit der deutschen Krone gegen Frankreich;
auf Gefühle konnte da keine Rücksicht genommen werden. 1496 kam das Doppelgeschäft zustande, und im Jahr darauf segelte Margarete
ihrem unbekannten Bräutigam entgegen. Um ein Haar hätte sie ihn nicht erreicht, denn die Biskaya zeigte sich von ihrer stürmischsten
Seite. Die 17-Jährige schloss bereits mit dem Leben ab und formulierte |110| ihren Grabspruch: »Hier ruht Margret, die zweimal gar / vermählet und doch Jungfrau war.«
So schlimm kam es dann aber doch nicht: Am 6. März 1497 in Santander gelandet, sah Margarete zwar mit Bangen der Begegnung
mit ihrem zukünftigen Ehemann entgegen, den sie in Burgos treffen sollte. Die Furcht aber war wie weggeblasen, als die jungen
Leute einander ansichtig wurden: Von seiner Seite aus war es unübersehbar Liebe auf den ersten Blick, und auch für sie war
es eine freudige Überraschung, dass ihr nicht wieder ein so kümmerlicher Mann wie seinerzeit Karl VIII. zugedacht worden war.
Die Hochzeit folgte schon am 4. April. Die Flitterwochen wollten keine Ende nehmen. Ein
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