Frauen lügen
Finale gekommen.«
»Hast du auch wieder recht.« Seufzend lässt sich Silja auf ihren Bürostuhl fallen. »Und was machen wir jetzt?«
»Das Übliche eben. Anwohner befragen, Spuren auswerten. Ich habe vorhin schon mit den Kollegen von der Inselfeuerwehr gesprochen. Du kennst ja das Brandstifterphänomen: Häufig sind sie als Erste am Tatort und helfen besonders engagiert mit.«
»Und? Gab’s was Auffälliges?«
»Nichts. Der Einzige, der was gesehen hat, ist Fred Hübner. Und warum sollte der ein Auto anstecken?«
»Noch dazu vor der eigenen Haustür. So blöd ist der nicht. Aber merkwürdig ist es schon, dass er in die Sache verwickelt ist. Vielleicht ist ihm der Stoff für seine Artikel ausgegangen.« Siljas Tonfall ist ironisch, aber in ihrer Stimme liegt ein Rest Ernsthaftigkeit.
»Das glaubst du doch selbst nicht. Übrigens habe ich noch eine Neuigkeit, die du nicht glauben wirst …«
Wieder klingt Sven wie der Weihnachtsmann höchstpersönlich. Diesmal braucht Silja allerdings nicht lange, um den Grund für seine erwartungsvollen Blicke zu erraten.
»Nein! Wirklich?«
»Ja, wirklich. Hab’s gerade reinbekommen. Wir richten eine Sonderkommission ein. Anordnung aus Flensburg. Schließlich ist Gefahr im Verzug. Und damit die Gefahr möglichst bald gebannt werden kann, bekommen wir Unterstützung.«
»Aus Flensburg?«
»Woher sonst.«
»Aber nicht vom Kollegen Bastian Kreuzer?«
»Doch. Vom allseits geschätzten Kollegen Bastian Kreuzer.«
»Brandermittlungen sind doch ein ganz anderes Resort«, wirft Silja ungläubig ein.
»Bastian hat bei denen ein paar Jahre gearbeitet – bevor er zur Mordkommission kam. Wusstest du das nicht?«
Silja schüttelt den Kopf.
»Und weil Bastian sich hier auf Sylt mittlerweile recht gut auskennt und in Flensburg gerade kein Jack the Ripper unterwegs ist«, fährt Sven fort, »wird er ausnahmsweise von der Mordkommission für unsere Ermittlungen ausgeliehen.«
»Weiß er es schon?«
»Keine Ahnung. Hängt davon ab, ob er ans Telefon gegangen ist, als die Flensburger ihn angerufen haben. Aber vielleicht willst du es ja gleich mal versuchen. Wenn er die Nummer seiner Süßen sieht, hebt er sicher sofort ab.«
»Na, das will ich schwer hoffen«, antwortet Silja Blanck und zieht eilig ihr Handy aus der Tasche.
Mittwoch, 17 . August, 7.23 Uhr,
Hotel
Friesenperle
, Rantum
Winzige Schweißtropfen stehen auf Albert Dornfeldts Stirn, und das Hemd, das er erst vor zwei Stunden nach einer ausgiebigen Dusche übergestreift hat, klebt an seinem Rücken. Tief über den Schreibtisch gebeugt sitzt er in seinem Büro und wühlt sich durch Stapel von Unterlagen. Handwerkerrechnungen, Wartungsquittungen. Nichts Großes, aber auch Kleinvieh macht Mist, und über die Jahre ist einiges zusammengekommen. Der Erwerb und die Renovierung seines Apartments im Osten der Insel haben sich durch Dornfeldts aktive Rechnungspolitik erheblich vergünstigt, und es wäre doch schade, wenn davon etwas an die Öffentlichkeit dringen oder gar seinem Chef Jonas Michelsen zu Ohren kommen würde.
Albert Dornfeldt weiß genau, dass ihn vor acht Uhr niemand im Büro stören wird. Selbst die übereifrige, aber zum Glück sehr gutgläubige Buchhalterin, die er vor einem Jahr nach äußerst sorgfältiger Begutachtung eingestellt hat, kommt immer erst gegen halb neun. Selbstverständlich ist längst alles, was vor dem Hotelmanager liegt, von ihr geprüft worden, nie hat sie etwas beanstandet, eigentlich sollte ihm das als Rückversicherung genügen. Und bisher hat es das auch getan.
Aber das gestrige Gespräch mit dieser zickigen Kriminalkommissarin hat Albert Dornfeldt aufgestört. Nicht dass die Polizei, nur weil sie unfähig ist, einen simplen Brandstifter zu stellen, plötzlich auf die Idee kommen sollte, alle Unterlagen der Hotelbuchhaltung noch einmal durchzusehen. Wer kann schon wissen, woran sie sich dann plötzlich stoßen würde. Besser wird es sein, er lässt alle zweideutigen Belege verschwinden. Die Behörde wird sich ja kaum die Mühe machen, die im Hotel verbliebenen Unterlagen mit den Steuererklärungen der letzten Jahre abzugleichen, schließlich liest man allenthalben von Arbeitskräftemangel und Überlastungserscheinungen auch und gerade bei der Polizei.
Mit einer energischen Bewegung schließt Dornfeldt den letzten der fünf Ordner, die auf seinem Schreibtisch liegen. Schnell rafft er die aussortierten Belege zusammen und stopft sie in seine Aktentasche, die über ein
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