Frauen lügen
gelaufen.«
»Ist mir auch schon aufgefallen. Sie kann also noch nicht lange tot sein. Sie ist auch noch ganz warm, fühl mal.«
Sachte berührt Bastian Kreuzer Susanne Michelsens Unterarm mit dem Handrücken.
»Stimmt, du hast recht. Die Körpertemperatur ist wie unsere.«
»Die Kollegen waren wenige Minuten nach dem Schuss hier, ich habe sie schon gefragt. Der Notruf kam von einem Nachbarn, und ein Streifenwagen war zufällig direkt um die Ecke. Ladendiebstahl oder so.«
»Wenn also – nur mal angenommen – Fred Hübner fünf Minuten früher hier gewesen wäre, dann hätte er den Mörder dieser Frau noch treffen können«, überlegt Bastian laut.
»Falls er es nicht selbst gewesen ist.«
»Warum sollte er dann wiedergekommen sein?«
»Vielleicht hat er die Waffe entsorgt. Die Kollegen haben gesucht, aber nichts gefunden.«
»Wundert dich das, Sven? Wenn ich jemanden erschieße, lasse ich die Waffe auch nicht neben der Leiche liegen.«
»Aber du kommst auch nicht drei Minuten später wieder zurück, um der Polizei bei der Arbeit zuzusehen, oder?«
»Nee, eher nicht. Aber ich würde sowieso niemanden in meiner eigenen Bude umlegen. Und schon gar keine blonde Schönheit in so einem schnuckeligen Seidenkimono. Sieht so aus, als hätten die was miteinander gehabt, oder was meinst du?«
»Silja wird’s schon rauskriegen. Eines weiß ich aber jetzt schon. Zufällig war die Michelsen nicht hier. Fred Hübner kannte sie eindeutig – und zwar gut. Er hat in den ersten Sekunden des Schocks immer wieder ihren Vornamen gestammelt, haben die Kollegen gesagt.«
»Und klang er glaubwürdig?«
»Sie sagen ja«, antwortet Sven, während er langsam auf eine weit geöffnete Damenhandtasche zugeht, die neben dem Bett auf dem Boden steht. »Wir müssen sofort ihr Handy checken, das liegt doch wahrscheinlich da drin. Ich will jetzt nur nichts anfassen.«
»Wo bleiben die Jungs von der Spurensicherung überhaupt?«
»Müssen gleich hier sein. Ich hab sie alarmiert, bevor wir losgefahren sind.«
Sven Winterbergs Stimme ist leise, und er ist nicht ganz bei der Sache, sondern bereits mit dem Inhalt der Tasche beschäftigt. Mit Daumen und Zeigefinger spreizt er jetzt ein Seitenfach auf und pfeift durch die Zähne.
»Du, da ist noch ein zweites Handy. Das ist doch merkwürdig, oder?«
»Vielleicht ein geschäftliches und ein privates. Oder eins für den Ehemann und eins für den Liebhaber. Was wissen wir schon über die Sitten bei den Reichen«, murmelt Bastian, während er sich zurück zur Tür wendet. »Ich gehe kurz mal nach unten. Da sitzen nämlich noch zwei Vögel, die vielleicht was beobachtet haben. Die will ich mir gleich zur Brust nehmen.«
»Okay, ich warte hier auf die Spurensicherung und sehe mich noch ein bisschen um. Ist vielleicht nützlich, kurz mit der Toten allein zu sein. Wer weiß, ob sie mir nicht noch was verrät.«
»Ganz wie du meinst, Kollege. Ich drück dir die Daumen«, ruft Bastian über die Schulter, während er polternd die Treppe hinunterläuft.
Die Teenager im Bulli fahren hoch, als habe der Kommissar sie aus dem Tiefschlaf gerissen. Bastian setzt sich zu ihnen, schließt die Tür des Wagens und erkundigt sich mit amüsierter Stimme: »Und was hattet ihr beiden noch gleich eingeworfen?«
»Hey, das ist unsere Sache, ja. Geht Sie gar nichts an«, mault der Dunkelhaarige.
»Da wäre ich mir nicht so sicher. Wie alt seid ihr überhaupt?«
»Sechzehn.« Der Dunkelhaarige.
»Fünfzehn.« Der Rote.
»Aha. Also, was war’s? Ich warte.«
»Mushrooms, Alter. Pilze, wenn du’s genau wissen willst.«
Bastian stöhnt. Dann beugt er sich weit über den Tisch nach vorn.
»Jetzt hört mir mal beide gut zu, ja. Wie’s aussieht seid ihr meine einzigen Zeugen. Ihr seid also wichtig, ist das klar?«
»Logisch«, nuschelt der Rothaarige und zupft an seinen Locken.
Dem Dunkelhaarigen klappen gerade wieder die Augenlider herunter, und er beginnt bedrohlich auf seiner Bank zu schwanken.
Bastian springt auf und rüttelt den Jungen hart an den Schultern.
»Du hast für heute genug geschlafen, verstanden? Wie heißt du überhaupt?«
»Tomtom. Ey, voll strange, das Zeug«, kommt es leise zurück.
»Tomtom, klar doch. Und ich bin Else«, schnauzt Bastian in das Ohr des Jungen. »Hey, aufwachen, habe ich gesagt. Und den vollen Namen, aber ein bisschen plötzlich.«
Der Dunkelhaarige fährt zusammen, richtet sich mühsam auf und blinzelt unter schweren Lidern hervor. Mit belegter Stimme murmelt
Weitere Kostenlose Bücher