Frauen lügen
Immerhin.
»Im Grunde genommen schon. Gibt es etwas Wichtiges?«
»Die Beerdigung ist übermorgen.«
»Weiß ich schon.«
»Und am nächsten Tag sind wir beim Notar.«
»Gratuliere, das ging ja schnell.«
»War auch ein ordentliches Stück Arbeit …«
»Das glaube ich gern«, unterbricht Dornfeldt eilig seine Gesprächspartnerin, während er sich um einen harmlosen Gesichtsausdruck bemüht. Schnell fügt er hinzu: »Na, dann ist ja alles geklärt. Wir sprechen uns morgen noch mal. Bis dahin alles Gute.«
Die beiden Ermittler mustern ihn aufmerksam. Erwarten sie jetzt, dass er sie über die Identität der Anruferin in Kenntnis setzt? Besser wäre es vielleicht. Mit harmloser Miene erklärt er: »Das war meine Schwester. Sie hat es privat nicht leicht und ist ein bisschen angespannt.«
»So etwas Ähnliches haben wir uns schon gedacht«, antwortet der Kommissar höhnisch, als er Dornfeldt die Pranke zum Abschied reicht. »Schönen Tag noch, Herr Dornfeldt, und grüßen Sie Ihre Schwester unbekannterweise von uns, wenn sie wieder mal anruft.«
Montag, 22 . August, 13.55 Uhr,
Pizzeria
Tino
, Westerland
»Wir könnten das mit der Schwester überprüfen«, schlägt Silja vor, während sie das Hotel verlassen.
»Warum sollen wir uns ohne Not lächerlich machen? Ist doch egal, wen der vorschiebt. Helfen würde nur die Überwachung seines Telefons. Und das kriegen wir nie im Leben durch. Die Bispingen war ohnehin schon skeptisch, als ich ihr heute Morgen mit der Handwerkergeschichte kam. Und vielleicht hat sie sogar recht. Selbst wenn ein Handwerker die ersten beiden Brände gelegt haben sollte, um sich an diesem Dornfeldt zu rächen, indem er dessen Machenschaften aufdeckt – die Michelsen wird er nicht auch noch umgebracht haben …«
Bastian Kreuzer zieht den Schlüssel aus der Tasche und öffnet die Türen des Dienstwagens. Als Silja auf dem Beifahrersitz Platz genommen hat, erklärt er, ohne sie anzusehen: »Mittagspause. Ich fahre jetzt zu Tino nach Westerland. Wenn du mitwillst, können wir dort die Besprechung machen. Sonst in einer Stunde im Büro.«
»Ich komme mit.« Auch Silja blickt starr geradeaus.
Bastian Kreuzer startet den Wagen und rast über die Landstraße zurück zur Inselhauptstadt. Silja hat den Kopf abgewandt und mustert die Landschaft seitlich der Straße mit einer Intensität, als sehe sie das alles zum ersten Mal. Während der gesamten Fahrt fällt kein Wort. Erst in der Pizzeria, nachdem beide ihre Bestellung aufgegeben haben, bricht Bastian das Schweigen.
»Wir müssen uns mehr um diesen Jonas Michelsen kümmern. Es ist
seine
Frau, die umgebracht wurde und
ihr
Speisesaal, den man angesteckt hat. Als das Auto in Wenningstedt brannte, konnte man
sie
mit
ihrem
Liebhaber auf dessen Terrasse sitzen sehen. Und Michelsen ist es schließlich auch, der diesen Dornfeldt als Manager eingestellt hat, und wenn der ihn bescheißt, indem er falsche Rechnungen ausstellen lässt, dann ist es Michelsens eigener finanzieller Verlust.«
Silja holt tief Luft. Sie weiß, dass es unklug ist, was sie jetzt sagen will, weil es Bastian nur noch mehr provozieren wird, aber sie kann nicht anders.
»Der Typ war’s nicht, davon bin ich fest überzeugt. Je länger ich darüber nachdenke, umso mehr zweifle ich. Er hängt mit drin, ohne Frage, aber da muss es noch etwas anderes geben, was wir nicht wissen. Und es wird langsam Zeit, dass wir dahinterkommen, was das ist!«
Mit Wucht lässt Bastian Kreuzer seine Faust auf den Tisch knallen. Der Brotkorb springt, die Gläser klirren, die anderen Gäste sehen neugierig zu ihnen herüber.
»Verdammt nochmal, Silja, jetzt hör endlich mit dieser Scheiße auf«, poltert Bastian los, als der Kellner durch die Schwingtür aus der Küche kommt und ihren Tisch ansteuert. Während er den Salat für Silja und die Pizza für Bastian serviert, blicken die Ermittler sich zum ersten Mal an diesem Tag in die Augen. Eine tiefe Ratlosigkeit vermischt mit einer gehörigen Portion Wut steht beiden ins Gesicht geschrieben.
»Wann kommt eigentlich Sven zurück?«, erkundigt sich schließlich Silja, als habe es den Ausbruch Bastians nicht gegeben.
»Morgen früh. Wird auch Zeit.« Gierig schiebt sich Bastian den ersten Bissen von seiner Pizza in den Mund. »Verdammt, ist das heiß! Der Käse wirft ja noch Blasen.«
»Vielleicht nimmst du erst mal was von meinem Salat. Auch dein Körper braucht Vitamine.« Die Bemerkung ist Silja einfach so herausgerutscht, ein Relikt aus
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