Frauen rächen besser: Roman (German Edition)
im Leben, da fragt man sich, was man verbrochen hat, dass einen das Schicksal derart prügelt.
Und peinlich war es noch dazu.
Ich hatte nämlich am Vorabend nach dem unfreiwilligen Bad im Pool meine nassen Klamotten auf den Balkon gehängt und ein Nachthemd angezogen – mit nichts darunter. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich ja nicht ahnen können, dass man mich am nächsten Morgen aus dem Bett heben müsste wie ein Baby – nicht so klein, aber so hilflos. Und so etwas ist umso peinlicher, wenn es jemand macht, den man gut kennt. Das passt irgendwie nicht zusammen, mit diesen Menschen steht man normalerweise auf einer Stufe, vor denen will man nicht darniederliegen wie ein alter, sabbernder Waschlappen.
Ich genierte mich jedenfalls in Grund und Boden, als Isa und Roxie mich ins Badezimmer schleppten, mir bei der Morgentoilette halfen und mich anzogen.
Fehlte nur noch, dass sie mich wickelten.
Und auch damit war mir noch nicht viel geholfen, denn die nächste Frage drängte sich mit nervtötender Logik auf: Was weiter? Ich konnte mich kaum bewegen, und selbst wenn ich es bis zum Speisesaal schaffte, wie sollte ich dann frühstücken? Die Arme nur zu heben war schon eine Qual, aber wie sollte ich das erst mit einer Kaffeetasse in der Hand zustande bringen? Und wer weiß, vielleicht konnte ich nicht einmal richtig schlucken? Ich konnte mich schon sehen, wie sie mir die Tasse an die Lippen hielten und mir die braune Soße aus den Mundwinkeln lief wie bei einem Baby, dem man Mamas Busen abgewöhnen will.
»Ich glaube, ich brauche eine Schmerztablette«, sagte ich deshalb.
»Ich glaube, du brauchst eher einen Arzt«, brachte Roxie es auf den Punkt.
»Hm, ich weiß nicht, der verpasst dir wahrscheinlich nur eine Spritze, aber deiner verkrampften Muskulatur hilft das auch nicht weiter«, meinte Isa nachdenklich.
»Und was zum Teufel soll ich dann machen?«, fragte ich verzweifelt. Ich hockte auf meinem Bett und war den Tränen nahe.
»Hm«, machte Isa wieder. »Ich weiß, was dir helfen könnte. Ein Hamam.«
»Was ist das? Irgend so ein Wunderheiler?«, fragte ich.
»Quatsch, das ist ein türkisches Bad«, klärte Isa uns auf.
»Ich glaube nicht, dass es mit einem heißen Bad getan ist«, erwiderte ich skeptisch.
»Um das Bad geht es gar nicht, sondern um die Massagen. Die wirken manchmal Wunder.«
Ein Wunder war genau das, was ich brauchte. Und vor allem: Zu einer Massage muss man selber absolut nichts beitragen, man braucht nur dazuliegen und sich durchkneten zu lassen. Das war im Moment auch das Einzige, wozu ich imstande war.
»Haben die hier so was?«, fragte ich hoffnungsvoll.
»Ja, ich habe draußen an der Einkaufsstraße ein Reklameschild gesehen. Es sind bloß ein paar hundert Meter von hier.«
»Also gut, versuchen wir es. Ihr müsst mir aber ein bisschen helfen.«
Das bisschen Helfen sah dann so aus, dass ich meine Arme über ihre Schultern legte und sie mich schleppen mussten, und hätte Isa mir nicht meine neuen Gucci-Sandaletten angezogen, hätte ich sogar meine Füße nachschleifen lassen, so heftig waren meine Schmerzen. So aber blieb mir nichts anderes übrig, als brav einen Fuß vor den anderen zu setzen, wollte ich das edle Schuhwerk nicht zu Tode schleifen, und ich glaube, Isa hatte das auch so geplant.
Bei den ersten Schritten gab ich noch unkontrollierte Geräusche von mir, aber mit der Zeit wurde es besser, und wir kamen recht zügig voran. Eine geschätzte halbe Stunde und drei Pausen später hatten wir das Haupttor erreicht, und obwohl es noch gar nicht richtig heiß war, schwitzten Isa und Roxie wie zwei Bauarbeiter.
Und dann sagte Isa etwas, das mir zu denken hätte geben sollen.
»Übrigens, Heike, du wirst ein bisschen die Zähne zusammenbeißen müssen«, erwähnte sie beiläufig. »Am Anfang kann es nämlich etwas weh tun.«
Wie gesagt, das hätte mir zu denken geben sollen. Ich aber war zu sehr damit beschäftigt, die Bewegungsabläufe meiner Beine zu koordinieren, außerdem hätte ich zu diesem Zeitpunkt alles dafür getan, um wieder schmerzfrei zu werden, daher dachte ich nicht weiter über Isas Worte nach.
Ein Fehler, wie ich rückblickend sagen muss.
Es roch wirklich gut. Ungefähr so, als hätte jemand sämtliche Kräuter des Orients in einen Aufguss gemischt, und das ergab ein intensives Aroma. Genau genommen ein bisschen zu intensiv für meinen Geschmack, aber irgendwie roch es auch verdammt gesund, und genau das brauchte ich.
Isa hatte uns während unseres
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