Frauen verstehen mehr von Liebe
Schluß. Und weil das die ganze Ausbeute des Abends für ihn war und blieb, machte sich in seinem Inneren Enttäuschung breit, die auch nach außen drang, als sich zuletzt Veras Erwartung, er würde mit nach Ottobrunn fahren, nicht erfüllte. Als Vera, der gar nichts anderes in den Sinn gekommen wäre, das erkannte, schaltete sie schnell und fragte Sonja, ob sie bei ihr schlafen könne, was keiner Frage bedurfte.
Und zu ihrer eigenen Überraschung war die Enttäuschung, die sie empfand, kleiner, als sie gedacht hätte.
Die vier steckten in der nächsten Zeit viel zusammen. Oft trieben sie sich am Wasser herum, denn Sonja sollte ja schwimmen lernen. Als sehr anstellig erwies sie sich dabei aber nicht. Überrascht war Karl, der die Last mit ihr hatte, davon nicht so sehr. Schwimmen lernt man als Kind. Als Erwachsener hat man dabei die größten Schwierigkeiten. Radfahren lernt man auch als Kind – oder gar nicht mehr.
Die Übungen, deren Sonja bedürftig war, mußten an einsamen Stellen stattfinden, da sie einer größeren Öffentlichkeit verborgen bleiben sollten. Es läßt sich ja denken, daß Sonja nicht das Bedürfnis hatte, von allen möglichen Leuten ausgelacht zu werden. Einsame Uferstellen zu finden, war aber meistens gar nicht so einfach. Münchens Umgebung ist zwar reich an Seen, doch auch reich an Menschen, die sich Erholung am Wasser versprechen. Es kam daher oft vor, daß lange nach einem geeigneten Plätzchen für Sonja gesucht werden mußte. Mit der Zeit klapperten Sonja und ihr Lehrer, begleitet von Vera und Albert, eine ganze Reihe dieser Seen mit berühmten Namen an den Wochenenden ab und stellten fest, daß die Ufer nur nicht übervölkert waren, wenn es regnete. Wenn es aber goß, blieben auch die vier zu Hause.
Kein Sommer dauert ewig. Als der Herbst in Sichtweite kam, sagte einmal Karl zu Albert am Telefon: »Die lernt das nie!«
»Dann sag ihr das doch«, antwortete Albert reichlich ungnädig.
»Ich? Warum nicht du?«
»Bin ich ihr Schwimmlehrer? Du hast dich doch darum gerissen!«
»Das ist nicht wahr! Sie hat mich dazu bestimmt!«
»Und seitdem läßt du keine Gelegenheit ungenützt, um sie herumzubalzen wie ein Auerhahn.«
»Aha, daher pfeift der Wind. Dann frage ich dich, wer mir diesen Auftrag gegeben hat.«
»Man kann's auch übertreiben.«
»Und was machst du mit Vera? Guck doch in den Spiegel, dann siehst du einen Auerhahn, der alle anderen in den Schatten stellt.«
»Du bist ja verrückt! Ich mit Vera! Die interessiert mich doch überhaupt nicht ernstlich!«
»Dann laß die Finger davon!«
»Sieh mal einer an«, sagte daraufhin umgekehrt Albert zu Karl. »Daher pfeift der Wind.«
Und plötzlich mußte er lachen, und er fuhr fort: »Karl, merkst du, was für Idioten wir zwei sind?«
»Schon lange ahne ich das.«
»Du hängst dich bei Sonja rein – und warum? Um Vera eifersüchtig zu machen.«
»Und du dich bei Vera – und warum? Um dasselbe bei Sonja zu erzielen.«
»Das ist Idiotie!«
»Aber es war dein Plan!«
»Ja, zugegeben, doch der funktioniert nicht – oder genau verkehrt: eifersüchtig werden nicht Sonja und Vera aufeinander, sondern wir zwei! Was sagt man dazu?«
Karl seufzte.
»Schüsse, die nach hinten losgingen, sage ich dazu.«
»Neu ist mir bei der ganzen Sache, daß es dich auch ernstlich erwischt zu haben scheint. Das war doch nicht vorgesehen.«
»Ernstlich nicht, nein.«
»Aber inzwischen ist es passiert?«
»Leider.«
»Schon lange?«
»Beim ersten Besuch mit Vera im ›Palais-Keller‹ schon.«
Nach einer kleinen Pause seufzte Albert und sagte: »Karl, wir zwei sitzen in der Tinte. Wir haben denselben Blödsinn gemacht.«
»Nicht denselben«, stieß Karl hervor. »Einen wesentlichen Unterschied gibt's noch.«
»Welchen?«
»Du hast mit Vera geschlafen – ich mit Sonja nicht.«
Da dies aggressiv geklungen hatte, erwiderte Albert: »Aber Karl, konnte ich denn wissen, daß du daran einmal Anstoß nehmen würdest?«
»Jetzt weißt du's.«
»Und wie machen wir mit den beiden nun weiter?«
»Wir steigen um, was denn sonst? Ab sofort kümmere ich mich ganz offen um Vera und du dich um Sonja, die das Schwimmen ja auch von dir lernen kann.«
»Ach, hör doch damit auf! Die schafft das nie, sagst du doch selbst. Ich glaube, wir können die ganze Seglerei mit den beiden vergessen. Auch Vera spricht kaum mehr davon.«
»Dabei sind uns die ganze Zeit her alle Wochenenden verlorengegangen, an denen ich sie hätte malen
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