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Frederikes Hoellenfahrt

Frederikes Hoellenfahrt

Titel: Frederikes Hoellenfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henner Kotte
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Sie?«
    »Hans Tillmann-Nötzel.«
    »Herr Nötzel …«
    »Tillmann-Nötzel. Meine Mutter hat im Gewandhaus gespielt. Solokonzert.«
    »Ja.« Kurzzeitig geriet Schabowski aus dem Konzept. Sie nippte am Kaffee. Er schmeckte ihr nicht. »Herr Tillmann-Nötzel, was haben die Kidnapper gesagt? Was ist Ihnen im Gedächtnis geblieben?«
    »Hinlegen! Schnauze halten!«
    »Mehr nicht?«
    Der Alte dachte nach. »Eigentlich … nein. Rollläden runter! Licht aus! Solche Sachen eben. Befehle.«
    »Und warum hat man Sie mit der Verletzten zu uns geschickt?«
    »Keine Ahnung. Ich sollte es eben tun.« Tillmann-Nötzel nippte am Tee und hatte Ähnlichkeit mit einem trinkenden Vogel.
    »Wurden Sie gebeten, mir etwas auszurichten? Haben die Geiselnehmer Ihnen ihre Forderungen genannt?«
    Tillmann-Nötzel stutzte, überlegte lange und sagte: »Nein. Daran kann ich mich nicht erinnern. Oder doch? Ich hab keine Ahnung. Sie wissen, Alter und Stress. Ich bete nur, dass meine Prinzessinnen heil wieder rauskommen. Kathleen, Solveig und Marie, sie sind so begabt. Ich hätte drin bleiben müssen, und eine von ihnen wäre vielleicht gerettet gewesen.« Tillmann-Nötzel nahm die Hand vor die Augen. Vielleicht weinte er wirklich.
    »Man hat Sie konkret nur gebeten, die Verletzte nach draußen zu schaffen?«
    »Ja. Sie hatten wohl Angst, dass mein Herz das nicht aushält.« So wie der Harfenlehrer sich benahm, wäre das möglich, dachte Schabowski. »Deswegen mussten Kathleen, Solveig und Marie …« Tillmann-Nötzel schob auf einmal den Teebecher weit von sich. Er schwappte über.
    Die Kommissarin übersah die Lache und hoffte, dass ihre Stimme nicht zu professionell klang. »Herr Tillmann-Nötzel, jeder hätte in Ihrer Situation so gehandelt. Kidnappern sollte keiner widersprechen …«
    »Aber Kathleen, Solveig und Marie …« Wie eine Platte mit Sprung wiederholte der Alte die Namen.
    »Trinken Sie erst mal noch einen Schluck Tee.« Die Kommissarin nickte ihm aufmunternd zu. »Wissen Sie, wie die verletzte Frau hieß?«
    Tillmann-Nötzel schüttelte seinen Kopf. »Die bediente im Café. Kathleen, Solveig und Marie haben bei ihr Beam Cola bestellt, ich Bier. Wissen Sie, selten hatte ich so talentierte …«
    Michalk stand plötzlich vor der Tür und hatte eine Decke im Arm. »Die Einzige, die ich auftreiben konnte. Der Servicewagen ist noch nicht vor Ort.« Er hielt Agnes Schabowski ein braunes Gewirk mit beigen Streifen entgegen. Agnes Schabowski nahm es, es fühlte sich warm und weich an, obwohl es sehr dünn schien.
    »Michalk, wenn Sie draußen soweit alles erledigt haben, hätte ich Sie gern bei der Vernehmung des Zeugen dabei!« Schabowski wandte sich wieder Hans Tillmann-Nötzel zu. »Gleich geht es Ihnen besser. Die Decke ist warm.« Sie legte sie dem Alten um seine zitternden Schultern.
    Ein Martinshorn begann in unmittelbarer Nähe zu heulen.
    Ein Auto startete mit quietschenden Reifen. Einer der Sanitäter bat Schabowski um ein kurzes Gespräch. Die Kommissarin stieg aus dem Kleinbus.
    »Sie lebt?«
    »Noch. Sie versuchen alles. Mehr kann ich nicht sagen.«
    Schabowski nickte nachdenklich. »Schussverletzungen?«
    »Ja.«
    Die Kommissarin reichte dem Sanitäter die Hand. »Danke. Ihre Kollegen bleiben vor Ort?«
    »Natürlich.«
    »Zwanzig Geiseln und die Angestellten dazu. Da kann noch sonst was passieren.«
    »Vorstellen möchte ich es mir nicht.« Der Sanitäter reichte ihr auch endlich die Hand.
    »Ich auch nicht. Sie können mir glauben.«
    Wieder im Wagen hielt ihr Hans Tillmann-Nötzel den Teepott entgegen. »Ich könnte noch einen mit Schuss vertragen.«
    »Ich versuche mein Glück.« Schabowski nahm den Plastebecher. »Warten Sie hier. Ich bin gleich zurück.« Der Alte nickte und mummelte sich in die Decke. Schabowski zog die Tür zu und atmete durch. Sie hoffte auf einen schnellen Abschluss. Bereits jetzt zehrte der Fall an ihren Nerven. Sie würde die Geiselnahme mit Coolness und Leitungsstärke beenden, redete sie sich ein. Sie war die Chefin der Mordkommission I. Sie gab die Befehle. Kein anderer.
    Michalk kam ihr entgegen. Der Einsatzleiter der Feuerwehr starrte sie an, als wäre sie ihm eine Antwort schuldig. Hinter dem Absperrband winkten Leute. Vielleicht Verwandte oder Freunde. Vielleicht auch aus Scherz. Alle schienen etwas von ihr zu wollen. Sie hielt Michalk den Becher hin: »Einen Grog für den Zeugen.« Michalk delegierte die Aufgabe. Der Uniformierte lief los.
    Und dann kam er, Joseph Hönig,

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