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freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani

Titel: freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudio Paglieri
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müssen, ihn bearbeiten wie einen
     Sandsack, bis einem schließlich die Arme schmerzten.
    »… Sie dagegen haben hart zugefaßt, was auch der Bericht des Krankenhauses bestätigt. Die Beamten wissen, wo und wie sie zuschlagen
     müssen, womit ich keinesfalls, absolut in keinster Weise, die Tatsache rechtfertigen will, daß einer der Jungs ein Messer
     dabeihatte. Und ich bin sicher, daß dieser junge Mann es damals wie heute bereut, daß er dieses Messer, das er nicht einmal
     zu gebrauchen weiß, mitgeführt hat. |194| Denn er setzte es nicht einmal zur Selbstverteidigung ein, er stürzte schlichtweg zu Boden und verletzte den Beamten, der
     ihn schlug, da er sich instinktiv an ihm festklammerte, er verletzte ihn versehentlich. Daß er keinen Schaden anrichten wollte,
     ersieht man auch aus der Tatsache, daß er eine völlig harmlose Stelle getroffen hat, genauer gesagt, die Stelle, wo er den
     denkbar geringsten Schaden anrichten konnte: den Oberschenkel.«
    Der Anwalt machte eine Pause, schaute zuerst Valle, dann den Staatsanwalt an. Die letzten Worte hatte er in fast ironischem
     Ton vorgetragen, womit er durchblicken ließ, daß er noch viel mehr und noch ganz anderes hätte erzählen können. Er hatte beschlossen,
     die Version der Polizei nicht in Zweifel zu ziehen und eine Variante zu wählen, die den Interessen aller entgegenkam.
    Als der Kronprinz sich setzte und der Anklagevertreter begann, ein paar unzusammenhängende Sätze zu stammeln und die Höhe
     der geforderten Strafe zu beziffern, war für Luciani endgültig klar, daß man sich schon vor der Verhandlung abgesprochen hatte.
     Kein Kampfgeist, kein Feuer auf seiten des Staatsanwalts, dessen Aufgabe es gewesen wäre, vier Kriminelle hinter Gitter zu
     bringen, die – man mochte die Sache nun drehen und wenden, wie man wollte – einen Polizeikommissar überfallen und bedroht
     hatten und offenkundig gewillt gewesen waren, noch weiter zu gehen. Der Ankläger plädierte noch nicht einmal auf Mordversuch,
     sondern nur auf Schlägerei, unerlaubten Waffenbesitz, Nötigung, Widerstand gegen die Staatsgewalt und Körperverletzung. In
     der Summe: zwei Jahre Haft, die bei mildernden Umständen jedoch zur Bewährung ausgesetzt wurden. Allerdings beantragte er
     zusätzlich ein sattes Schmerzensgeld: hunderttausend Euro für Valle und zwanzigtausend für Luciani. Der Kommissar fing einen
     Blick des Kollegen auf und kapierte, warum dieser eine so milde Aussage abgelegt |195| hatte: Rebuffo würde schon dafür sorgen, daß das Schmerzensgeld in Rekordzeit eintraf und Valle in den Genuß einer ausgedehnten
     Rekonvaleszenz auf Kuba kam.
    Der Kronprinz ergriff wieder das Wort und leitete geschmeidig zu einem Gnadengesuch über. Es gab hier nichts mehr zu hören,
     nichts zu erfahren. Marco Luciani hatte Lust, in den Zeugenstand zu treten und ihnen allen ins Gesicht zu brüllen, daß sie
     ein Haufen von Schwindlern waren, daß es Leute wie sie waren, die das Land in den Ruin trieben, und daß ihresgleichen schuld
     war, wenn Unschuldige im Gefängnis verrotteten und die Schuldigen draußen waren, frei, jederzeit wieder zuzuschlagen, bis
     schließlich kein Mensch mehr an Recht und Gesetz glaubte. Dann dachte Luciani, daß auch er unter Eid die Unwahrheit gesagt
     hatte und daß er das nicht so schnell vergessen würde. Er verließ den Gerichtssaal, ohne den Richterspruch abzuwarten.
     
    Zur Mittagszeit versuchte er Sofia Lanni zu sprechen, doch eine Anrufbeantworterstimme sagte, daß sie im Moment nicht erreichbar
     sei. Für mich wird sie es nie sein, dachte der Kommissar zerknirscht. Er hatte sich am Abend vorher wohl gefühlt, in ihrer
     Nähe ging es ihm gut. Aber jetzt, bei wachem Verstand, sagte er sich immer wieder, daß diese Frau eine Nummer zu groß für
     ihn war, daß er sich von ihr fernhalten sollte, ehe er anfing, sich irgendwelche Illusionen zu machen.
    Dann versuchte er wieder die Brasilianerin anzurufen. Auch das ohne Erfolg.
    »Vielleicht war es ein Fehler, ihr zu vertrauen«, dachte er, während er das Büro verließ. »Ich hätte schlichtweg dafür sorgen
     müssen, daß man sie aufspürt; wenn Giampieri das wüßte, würde er einen ganz schönen Tanz machen.« Er kaufte ein wenig Brot,
     Tomaten und Salat und ging nach Hause, um sich umzuziehen. Er wollte die Krawatte und die |196| Schuhe loswerden, einen Happen essen und ein paar Stunden für sich sein – fernab von Präsidium und Kollegen, von Valle und
     den Anrufen des

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