Freibeuter der Leidenschaft
eifersüchtig war. Amanda musste nicht sehr erfahren sein, um zu wissen, dass Männer nicht viele Reize benötigten, um einen anderen als Rivalen anzusehen, ob nun in einem Wettkampf oder wegen einer Frau.
Erschauernd lächelte sie, denn es würde ihr nichts ausmachen, wenn er ein wenig eifersüchtig war.
Aber fielen ihm die Veränderungen in ihrer Beziehung auch so auf wie ihr? Sie fragte sich das. Aus irgendeinem Grund schien ihre Freundschaft enger zu werden. Es schien so viel Wärme zwischen ihnen zu geben. Die vielen Augenblicke, in denen sie einander nur schweigend ansahen und dasselbe dachten, konnte sie nicht einmal zählen – wenn sie sich stumm verstanden oder ein wissendes Lächeln teilten. Ein dutzend Mal am Tage drehte sie sich herum und sah Clive dastehen, wie er sie beobachtete, und dann lächelte er sie an, und in seinen Augen las sie Herzlichkeit, Bewunderung und Zuneigung. Amanda wusste, dass sie ihn liebte – sie würde nie damit aufhören –, aber er schien weit mehr für sie zu empfinden denn je.
Ganz bestimmt bildete sie sich das nicht nur ein.
Deshalb ist dies auch so schwer, dachte sie ehrlich verwirrt. Er war ihr Wohltäter, ihr Vormund, ihr Freund. Aber sie liebte ihn von Tag zu Tag mehr. Und die Tatsache, dass sie beide diese Zuneigung empfanden, dass er so männlich war und sie immer noch begehrte, verstärkte nur ihre Verwirrung. Sie wünschte, niemanden heiraten zu müssen. Sie wollte für immer sein Mündel sein, sodass alles so bleiben konnte wie es war und sich niemals änderte, selbst wenn es in Zeiten wie diesen, in der Kühle der Mitternacht, so verlockend war.
Sie zog die Knie fester an die Brust und musste an die Nacht denken, als er in ihrem Bett gewesen war, sie seinen Körper an ihrem gefühlt hatte, heiß und feucht, so nahe daran, ihr die Unschuld zu nehmen. Und jene Nacht auf dem Schiff, die sie für einen Traum gehalten hatte, als sie seinen Mund zwischen ihren Schenkeln gespürt hatte, seine Finger auf ihrer Haut. Amanda biss sich auf die Lippen, um nicht lauf aufzuschreien, und wünschte sich wieder einmal, dass sie ein Liebespaar sein könnten, wenigstens das. Aber er besaß einfach zu viel Ehrgefühl. Außerdem wusste sie inzwischen, dass es ihr das Herz brechen würde, wenn sie seine Geliebte wurde, sei es auch nur für kurze Zeit. Oder nicht?
Amanda nahm ein Kissen in ihre Arme und legte sich hin, presste es an sich und wünschte sich, an etwas anderes denken zu können, aber dafür war es zu spät. Es schien ihr, als würde sie jede Nacht einschlafen, um an seine Küsse und seine Nähe zu denken, und ihr Blut pulsierte heißer. Aber sie war jetzt eine Dame. Damen ertrugen solche Anflüge körperlichen Verlangens einfach, zumindest bis sie verheiratet waren.
Amanda konnte sich nicht vorstellen, mit einem Ehemann im Bett zu liegen. Der Einzige, mit dem sie sich das vorstellen konnte, war Clive. Aber er würde sie niemals heiraten, auch wenn sie jetzt beinahe eine richtige Dame war. Es schienen Jahre vergangen zu sein, seit jener Nacht, in der sie von Dulceas Zurückweisung erfahren hatte und dem darauffolgenden Tag, als er sich geweigert hatte, ihr Liebhaber zu werden.
Ihr fiel eine einfache Lösung ein, und sie war entsetzt. Was, wenn sie es noch einmal versuchte? Sie könnte Ashford Hall haben und überhaupt nicht heiraten – wenn Clive sie zu seiner Mätresse machte.
Das Kissen fiel zu Boden. Er begehrte sie, weigerte sich aber, seiner Leidenschaft nachzugeben, weil er es für besser hielt, wenn sie heiratete. Er verhielt sich edelmütig. Vermutlich war das tatsächlich besser – zumindest in den Augen der Gesellschaft –, und selbst ihr war klar, dass sie ihren neuen Traum, eine Dame zu werden, aufgeben müsste, wenn sie seine Mätresse wurde. Aber in Wahrheit wollte sie niemanden sonst heiraten.
Und dann hörte sie seine Schritte in der Halle.
Amanda erstarrte. Sie bezweifelte nicht, dass er nach unten ging, weil auch er nicht schlafen konnte – und sie kannte den Grund. Sie zögerte. Die Dame in ihr protestierte gegen das, was sie jetzt tun musste. Wenn sie jetzt aufstand, dann würde dieser Traum ein Ende haben.
Aber sie liebte und begehrte Clive, nicht Garret MacLachlan oder irgendjemanden sonst.
Amanda schluckte erschüttert. Sie glitt aus dem Bett, ging quer durchs Zimmer und öffnete die Tür.
Clive war schon an ihrem Zimmer vorbei. Er trug nur seine helle Hose, sein Oberkörper war ebenso nackt wie seine Füße. Aber er blieb stehen
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