Freibeuterin der Liebe - What a Pirate desires
interessiert, ihr zu helfen. Jetzt war nicht nur ihre Vergangenheit zerstört, sondern auch ihre Zukunft.
Schluchzend rollte sie sich in ihrer Koje zusammen.
»Mutter. Vater. Alicia.« Sie konnte kaum sprechen, aber sie musste es tun, sonst würde ihre Brust vor Schmerz explodieren. Als sie die Hand auf ihr Herz presste, hätte sie schwören können, die Scherben zu spüren. »Es tut mir leid. Es tut mir so leid. Bitte verzeiht mir, was ich getan habe und was aus mir geworden ist.«
Sie sprach weiter und weiter, um sich ihre überwältigenden Schuldgefühle von der Seele zu reden.
»Bitte hasst mich nicht«, flehte sie, denn sie könnte es nicht ertragen, wenn sie sie hassen würden, wie sie sich hasste.
16
Sam setzte sich in ihrer Koje auf und blinzelte den Schleier vor ihren Augen weg. Ihr war schwindlig, und ihr Kopf fühlte sich pelzig an. Sie musste eingeschlafen sein. Carracks hatte auf seiner Stange den Kopf ins Gefieder gesteckt und gab leise Schnarchgeräusche von sich. Ein Blick aus dem Bullauge zeigte, dass der Stand der Sonne sich nicht wesentlich verändert hatte, seit Sam in die Kabine heruntergekommen war, was bedeutete, dass sie nicht lange geschlafen hatte. Sie fühlte sich auch nicht erholt.
Als Sam aufstand, schien der Boden unter ihr zu schwanken. Sie schüttelte den Kopf, atmete ein paarmal tief und streckte die Arme nach oben.
»Genug des Selbstmitleids«, sagte sie laut, was ihr einen strafenden Blick ihres Papageis eintrug, bevor er den Kopf wieder in seine Federn steckte. »Es ist Zeit, einige Dinge zu erledigen.«
Als Erstes tauschte sie Hose und Männerhemd gegen ein lavendelfarbenes, bis zum Brustansatz dekolletiertes Kleid. Von jetzt an war sie Samantha Fine.
Sie holte den Sack aus grobem Leinen, den sie damals von der Plantage mitgenommen hatte, und stopfte, in dem Wunsch, Sam Steele loszuwerden, die Piratenkleidung, die sie eben noch getragen hatte, hinein. Dann ließ sie den Blick suchend durch die Kabine gleiten.
Die rehbraune Kappe hatte sie getragen, als sie unter falscher Flagge eine Galeone auf dem Weg nach Spanien gekapert hatten. Es war ihre profitabelste Prise gewesen, und Sam hatte ein hübsches Sümmchen für die Zukunft beiseitelegen können. Die Zukunft, die jetzt düster und trostlos vor ihr lag, dachte sie, als sie eine weitere Hose und die Kappe in den Sack stopfte.
Es gab Logbücher wegzuwerfen, doch Sam konnte nicht anders, als darin zu lesen. St. Lucia, Havanna, Tortuga, Portobello, St. Kitts waren nur einige der Stationen, die sie auf ihrer unermüdlichen Suche nach Dervish angesteuert hatte, um Gerechtigkeit zu üben. Sie merkte erst, dass sie weinte, als Tränen auf das Papier fielen und die Schrift unleserlich machten.
Als nur noch Seekarten in der Schublade lagen, stand Sam vom Tisch auf und machte sich auf die Suche nach noch verbliebenen Hinweisen auf Steele. Schon bald war der Sack von Büchern, Reiseberichten und Kleidungsstücken ausgebeult, die sie während ihres Piratenlebens getragen hatte. Nur noch eines war übrig.
Wehmütig drückte sie das rote Seidenkleid an die Brust. Das hatte sie getragen, als sie Luke aus dem Gefängnis befreit hatte. So klar, als wäre es erst am Tag zuvor gewesen,
sah sie im Geist den Piraten vor sich, der sie durch die Gitterstäbe grimmig anstarrte. Wie hätte sie wissen sollen, dass er ihr das Herz stehlen würde? Sie schniefte, und diesmal spürte sie die Tränen auf ihrem Gesicht, spürte sie warm an ihren Wangen hinabrinnen und manche von ihrem Kinn auf ihre Brust tropfen.
»Aus dem Weg, verdammt!«
Lukes heftige Worte drangen durch die Lukenklappe zu ihr herunter, so laut und deutlich, als stehe er vor ihr.
»Ihr geht da nicht runter! Sie hat gesagt, sie will Euch nicht in ihrer Nähe haben.«
Es folgte ein Moment der Stille, in dem Luke wahrscheinlich überlegte, ob er Joe niederschießen sollte. Auf jeden Fall würden die beiden einander mit finsterer Miene fixieren. Ihre Feindseligkeit war sogar dort unten zu spüren.
»Sie weiß doch gar nicht, was sie will!«, bellte Luke.
Nun, dachte Sam, als sie sich mit dem roten Seidenkleid die Nase putzte und es dann in den Sack steckte, dieses eine Mal hatte Luke recht.
Oliver Grant mochte sein Vermögen auf legale Weise erworben haben, doch er scheute sich nicht, auch nicht ganz saubere Mittel einzusetzen, um zu bekommen, was er wollte. In diesem Fall waren es Männer, die dafür bezahlt wurden, dass sie keine Fragen stellten und schnell
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