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Freiheit statt Kapitalismus

Freiheit statt Kapitalismus

Titel: Freiheit statt Kapitalismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sahra Wagenknecht
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auch der Nah- und Fernverkehr erfüllen ihre Aufgabe nur, wenn sie mit öffentlichen Geldern unterstützt werden. Andere dagegen können kostendeckend wirtschaften oder sogar mit Überschuss. Die Bezahlung der Beschäftigtenund des Managements sollte sich allerdings in solchen Bereichen nie am Überschuss orientieren, sondern immer an der Erfüllung des Versorgungsauftrags.
    Von den gemeinnützigen Versorgern sind die kommerziellen Großunternehmen zu unterscheiden, auch wenn sie unter das Kriterium der privaten Eigentumsunfähigkeit fallen. Kriterien der Unternehmensführung sollten hier die von Malik genannten sein: Innovationsleistung, Kundenzufriedenheit, Produktivität, Attraktivität des Unternehmens für gute Leute, Mitarbeiterbindung, als Investitionsbedingung auch: Gewinn. An diesen Kriterien sollte sich die Bezahlung der Führungskräfte orientieren, wobei sie an die durchschnittliche Lohnentwicklung im Unternehmen gebunden bleiben sollte, um jede Verführung zur Gewinnsteigerung durch Lohndumping auszuschließen. Das heißt: Wenn der Durchschnittslohn im Unternehmen sinkt, sinken auch die Bezüge der Führungskräfte, egal wie vorbildlich die übrigen Kennzahlen sind. Die Marktstellung, die Malik als weiteres wichtiges Kriterium erfolgreicher Unternehmensführung anführt, taugt für große Konzerne eher nicht, weil sie so oder so sehr hoch ist. Sie sollten nicht danach trachten, sie noch weiter auszubauen.
    Öffentliche Unternehmen können – anders als die privaten Giganten – wieder dazu gebracht werden, Unternehmenssteuern zu zahlen, auch höhere Sätze als die heutigen. Die Ausschüttung von Gewinnen an die öffentliche Hand dagegen sollte gesetzlich eng begrenzt werden und erheblich unter der heutigen Ausschüttungsquote liegen. Das würde erstens die eventuelle Versuchung mindern, solche Unternehmen als Geldkühe zu betrachten, mittels deren man politische Haushaltsprobleme lösen kann. Zweitens bliebe den Unternehmen dann weit mehr Spielraum für Forschung, Innovation und Investitionen.
    Zur Absicherung vernünftiger Prioritäten sollten die öffentlichen Unternehmen – ähnlich wie seinerzeit im hessischen Sozialisierungsprojekt vorgeschlagen – neben der öffentlichen Hand auch den Beschäftigten, Vertretern der Konsumenten bzw. Verbraucherschutzorganisationen sowie viertens Umweltverbänden reale Mitbestimmungsrechte in ihren Aufsichtsgremien einräumen, in denen über die grundlegende Unternehmensstrategie und große Investitionsprojekte entschiedenwird. Durch solche Strukturen kann verhindert werden, dass sich – obschon in öffentlicher Hand – erneut Wirtschaftsmacht verselbständigt und den allgemeinen Interessen entgegenstehende Ziele verfolgt.
    Auf dem Weg in die Leistungsgesellschaft
    Nehmen wir die oben angeführten Ziele des Wirtschaftens ernst, besteht Änderungsbedarf allerdings nicht nur in den etwa 100 oder 200 Firmen in Deutschland, die nach den genannten Kriterien als eigentumsunfähig zu klassifizieren wären, sondern auch in allen anderen Großunternehmen. Solange die Gewinne dieser Firmen Leuten zufließen, die an ihrer Erwirtschaftung kaum einen Anteil haben, kann von einer Leistungsgesellschaft keine Rede sein. Und solange die Ausschüttung an die Anteilseigner das Unternehmen um Mittel bringt, die es eigentlich für Forschung und Investitionen bräuchte, wird der technologische Fortschritt blockiert und Innovation gehemmt.
    Allerdings ist die Übernahme in die öffentliche Hand nicht die einzige Alternative zum Eigentum der dem Unternehmen entfremdeten Familienclans und zu Gewinnansprüchen funktionsloser Aktionäre. Eine andere Alternative ist, das Unternehmen denen zu übergeben, die in ihm arbeiten und deren Ideen, Engagement und Einsatz es seine Entwicklung und seinen Erfolg verdankt. Das schließt die bisherigen Eigentümer, sofern sie im Unternehmen arbeiten, ein, aber es beschränkt sich eben nicht auf sie.
    Die Möglichkeit des Eigentumserwerbs als wesentliche Motivation produktiver Arbeit ist eine alte liberale Idee. Für John Locke, den großen Philosophen der Aufklärung und Vater des Liberalismus, war die entscheidende Grundlage für die Entstehung von Eigentum die menschliche
Arbeit
: Durch Arbeit wird der geschaffene Wert für Locke zum Eigentum des Arbeiters. Diese Eigentumsauffassung hat sich bis heute in den Paragraphen des Bürgerlichen Gesetzbuchs erhalten. So legt § 950 Abs. 1 Satz 1 des BGB fest:
     
    »Wer durch Verarbeitung oder Umbildung eines

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