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Fremde am Meer

Fremde am Meer

Titel: Fremde am Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Olsson
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er sich auf seine Tätigkeit konzentriert. Sie knipst drauflos. Macht eine Aufnahme nach der anderen.
    »Ich habe das schon so oft gemacht, dass sich der Ablauf nicht variieren lässt«, sagt er lächelnd. »Ich mache es gern allein. Aber täuschen Sie sich nicht: Ansonsten kann ich nicht kochen. In einer normalen Küche bin ich hilflos.«
    Sie lacht und nimmt den Klang ihres Lachens wahr. Es fließt wie das Natürlichste auf der Welt aus ihr heraus. Woher kommt es? Sie ist sich nicht bewusst, es je zuvor gehört zu haben.
    Sie sitzen nebeneinander auf den niedrigen Stühlen, dem Meer zugewandt, ihre Teller auf dem Schoß. Die Kühlbox mit zwei kalten Bieren darauf steht zwischen ihnen.
    Sie hat immer noch ein Gefühl des Schwebens, als ob sie den Boden nicht richtig berührt. Sie schließt die Augen, blinzelt gegen die Sonne.
    Dann schaut sie ihn an. Sie ist sich keines Gedanken bewusst, sondern ganz Schwerelosigkeit und Licht.
    »Warum begleiten Sie mich nicht auf den letzten Teil der Reise?«, fragt er plötzlich. »Es wäre nur für ein paar Tage. Nächste Woche muss ich wieder in Auckland sein. Ich könnte Ihnen etwas zeigen, das Sie allein nicht finden würden.«
    Sie ist hilflos, denn nichts hält sie zurück.
    »Wenn wir Glück haben, sind die Pfuhlschnepfen noch da.«
    »Pfuhlschnepfen?«
    »Hier heißen sie Kuaka. Es sind Watvögel. Sie ziehen jedes Jahr von Alaska hierher und am Ende des Sommers wieder zurück. Der längste Vogelzug, den man kennt. Offenbar bewältigen sie mit Hilfe der Winde die ganze Strecke, bis zu zehn Tage oder länger, ohne Futter und Wasser. Als Watvögel gibt es für sie draußen auf dem Ozean nichts zu fressen. Dazu müssen sie Land erreichen. Ein riskantes Unterfangen. Doch irgendwie schaffen sie es immer wieder.«
    Er sieht hinaus auf die See, und sie studiert sein Profil.
    »Aber sie sind nicht der eigentliche Grund, warum ich dorthin will. Es ist der Ort selbst. Eine entlegene Halbinsel, beherrscht vom Meer. Ich möchte sie erkunden. Sie spüren.«
    Er hält inne.
    »Es wäre großartig, wenn Sie mitkommen.«
    »Ja«, hört sie sich sagen. »Ja, gern. Dazu hätte ich wirklich Lust.«
    Er dreht sich um und schaut sie an, und auf seinem Gesicht breitet sich ein strahlendes Lächeln aus.
    »Prima! Das wäre also geregelt. Dann packen wir mal zusammen und holen Ihr Auto. Die Straßen sind schmal und kurvenreich, und wir werden eine Weile brauchen, um nach Kawhia zu gelangen. Es gibt ein paar Motels da, und wir werden auch was Anständiges zu essen kriegen. Und eine warme Dusche. Aber später müssen wir im Zelt übernachten. Stört Sie das?«
    Sie war noch nie zelten, hat jedoch das Gefühl, sie könne einfach alles.
    Also schüttelt sie den Kopf. Zelten ist in Ordnung.
    Nichts könnte besser sein.

6
    Wie ein Kind, das zuerst nach dem buntesten, verlockendsten Weihnachtsgeschenk greift, hatte ich mir diese Erinnerung ausgesucht und andere übersprungen. Dabei gab es so vieles, was vorher geschehen war. So vieles, das sich ereignen musste, damit alles ein zusammenhängendes Ganzes wurde.
    Es war schon spät, und mir wurde klar, dass Ika nicht kommen würde. Ich würde tagelang Suppe essen. Das machte mir nichts aus, doch aus irgendeinem Grund war ich ein bisschen beunruhigt. Ich nahm den Topf vom Herd und meine Windjacke vom Haken neben der Tür und griff nach meiner Kamera, die immer auf der Kommode bereitlag. Das weiße Licht wurde grau, obwohl eine schwache untergehende Sonne versuchte, die Wolken am Horizont zu durchdringen. Ich schritt rasch aus, ein wenig fröstelnd zunächst. Der Strand war leer, soweit mein Blick reichte. Einzelne Tölpel und Möwen waren die einzigen Anzeichen von Leben. Ich zielte mit der Kamera auf sie und machte ein paar Schnappschüsse. Ich fragte mich, warum – ich hatte unzählige solcher Aufnahmen. Aber irgendetwas an dem spätnachmittäglichen Licht hier war unwiderstehlich. Das und der Anblick des sorglosen, friedlichen Vogelflugs am Himmel. Meine Hoffnung, das Wesentliche des Moments einzufangen. Es war Ebbe und der feste Sand kühl unter meinen Füßen.
    Als ich durch den Sucher aufs Meer schaute, dachte ich darüber nach, was es inzwischen für mich bedeutete. Stimmigkeit. Für mich repräsentierte es Einssein. Ganzheit. Beständigkeit. Und doch auch Flexibilität. Die See ließ sich vorübergehend von anderen Elementen beeinflussen, blieb aber stets sie selbst. Nach dieser Form von Flexibilität sehnte ich mich. Nach einem Gefühl der

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