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Fremde am Meer

Fremde am Meer

Titel: Fremde am Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Olsson
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Es ist so eine Art Kettenreaktion. Und ich bin immer nur Großzügigkeit und Wohlwollen begegnet. Im Übermaß manchmal. Wenn ich Probleme mit dem Wagen hatte, hat mir immer jemand geholfen, meistens sogar umsonst. Einmal wurde eingebrochen. Das war unangenehm, weil meine Kamera gestohlen wurde, aber die Bewohner des Ortes, wo es passiert war, haben sich irgendwie zusammengetan und all meine Sachen aufgetrieben und mir zurückgebracht. Ich habe keine Ahnung, wie, doch das ist wohl typisch, wenn die Leute sich untereinander gut kennen. Nach meiner Erfahrung sind die meisten Leute hier freundlich und hilfsbereit, wenn man sie respektiert. Mehr als in anderen Teilen der Welt, finde ich.«
    Er hatte sie gewarnt, es würde eine beschwerliche Reise werden, besonders jenseits der Siedlung Taharoa. Von da an gibt es keine richtigen Straßen mehr.
    Sie weiß nicht, wie sie sich das vorstellen soll, ist so ahnungslos, dass sie sich nicht einmal ängstigen kann. Ich muss ihm einfach vertrauen, denkt sie und betrachtet seine Hände auf dem Lenkrad. Er wirkt sehr entspannt und pfeift leise vor sich hin.
    Es ist früher Nachmittag, als sie Taharoa erreichen. Den Großteil der Strecke über haben sie die Straße für sich gehabt. Auch hier ist es sehr ruhig. Sie fahren an ausgedehnten schwarzen Sandflächen vorbei. Die ganze Landschaft sieht aus wie ein gigantischer Mondkrater.
    »Nicht hingucken«, sagt er, als er den Jeep geschickt von der Straße manövriert, um einem riesigen Laster, beladen mit einem Bulldozer, Platz zu machen. Ihr wird klar, dass der Laster nicht hätte anhalten oder ausweichen können. Schwarzer Staub trübt die Luft, als er an ihnen vorbeifährt.
    »Hier ist eine Grube, wo aus Eisensand Eisen gewonnen wird. Nicht unumstritten, wie die meisten Gruben in diesem Land.«
    Hinter Taharoa ist die Straße eigentlich nur noch eine Schotterpiste. Sie sitzt aufrecht da und versucht, die sich dahin schlängelnde Spur mit den Augen zu verfolgen, um auf alle Schlaglöcher und Kurven vorbereitet zu sein, und spürt, wie sich ihr Magen verkrampft. Sie ist nicht besorgt wegen seines Fahrstils, sondern hat nur Angst, ihre zunehmende Übelkeit nicht kontrollieren zu können.
    Aber bald haben sie die Grube hinter sich und sind auf offenem Gelände. Die Piste wird gerader. Die Landschaft ist eine windige Wildnis, die unbewohnt aussieht. Er kurbelt die Fenster herunter, und der Wind bläst durch den Jeep. Sie fühlt sich besser und entspannt sich auf ihrem Sitz.
    Zum Mittagessen halten sie auf einem Hügel, von dem aus sie in der Ferne das Meer sehen können.
    Hinterher legt sie sich ins Gras. Sie hat vergessen, wo sie sich befinden, wie sie hergekommen sind, sogar, wer sie ist. Sie hat keine Verbindung mehr zu irgendetwas anderem. Ihr bisheriges Leben erscheint ihr vage und weit weg. Sie ist einfach hier und hat das Gefühl, es könnte ewig dauern.
    Am späten Nachmittag gelangen sie zur Küste. Als sie aussteigen, sehen sie eine Ansammlung schlichter Holzhäuser mit rostigen Blechdächern. Sie sind klein und wirken verletzlich hier vor dem Hintergrund des endlosen Ozeans. Gleichzeitig strahlen sie etwas Tapferes und Unverwüstliches aus, als trotzten sie den Elementen schon sehr lange. Bis auf die Häuser entdeckt sie keinerlei Anzeichen von Zivilisation – keine Masten, die auf Stromversorgung oder Telefon hinweisen. Sie fragt sich, ob hier tatsächlich Menschen leben. Dann entdeckt sie jemanden, der zwischen zwei Häusern hindurchläuft, eine bloße Silhouette vor dem Himmel.
    Der Wind ist stärker geworden und fegt über die grasbewachsenen Hügel vor ihnen.
    »Fast da«, sagt er. »Nur noch ein kurzes Stück, dann halten wir an und bauen das Zelt auf.«
    »Wie können Sie so sicher sein, wo es hingeht?«, fragt sie. »Sie waren doch noch nie hier, oder?«
    Er grinst.
    »Intuition«, sagt er. »Männliche Intuition. Vertrauen Sie mir.«
    Und das tut sie, absolut.

21
    Es war ziemlich kalt geworden, doch seltsamerweise fror ich nicht, als ich vom Strand zu meinem Haus zurückwanderte. Ein paar Kerzen flackerten noch, und ich ließ sie herunterbrennen. Ein langer Tag lag hinter mir, und ich war müde. Aber nicht schläfrig. Ich verweilte einen Moment an der Küchentheke und schaute hinaus. Das Meer war jetzt auf ein bloßes Geräusch in totaler Finsternis reduziert, und als die Kerzen, eine nach der anderen, ausgingen, war es vollkommen dunkel geworden.
    Ich ging ins Schlafzimmer. Statt mich hinzulegen, öffnete ich einen

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