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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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von ihr aus. Man merkte schnell, daß sie Sinn für Humor, einen scharfen Verstand und dazu eine natürliche Liebenswürdigkeit besaß. Zu Ilsas Bedauern war bisher kein geeigneter junger Mann auf diese guten Eigenschaften aufmerksam geworden. Zumindest wußte sie von keinem.
    »Ich gestehe, daß ich mir den ganzen Morgen wie ein Tiger im Käfig vorgekommen bin«, verriet Fritzi, als sie ihre Speisekarte aufschlug. »Ich war wirklich froh, daß du diesen Lunch vorgeschlagen hast.«
    »Unsinn, keinen Lunch! Das ist für Vögelchen. Wir essen richtig zu Mittag. Schließlich sind wir hier in einem echt deutschen Lokal.«
    Übertrieben deutsch: Akkordeonspieler in Lederhosen und Tirolerhut, frische Blumen auf makellos weißen Tischdecken, auf Wandborden zahllose Bierkrüge und Kuckucksuhren, die zermürbend regelmäßig zwitscherten und bimmelten.
    Ilsa studierte die Karte durch eine randlose bifokale Brille, die sie an einer Kette am passenden Goldetui auf ihrem ausladenden Busen trug. »Ich sehe da einige Spezialitäten, Liebchen. Ich hoffe, du suchst dir etwas Anständiges aus. Bitte sei mir nicht böse, wenn ich das sage, aber ich finde, du bist zu dünn.«
    Fritzi verzog das Gesicht. »Du meinst, zu wenig Busen.«
    »Ach! Schrecklich, daß man heute alles so schamlos beim Namen nennt.«
    »Wir leben in einer neuen Zeit, Mama. Heute kann man ganz ungeniert von Beinen und Busen sprechen.«
    »Da bin ich anderer Meinung, und ich muß gestehen, daß ich überhaupt nichts von dieser sogenannten neuen Zeit verstehe. Also, sollen wir bestellen? Die Leber mit Knödeln ist ganz ausgezeichnet.« Ilsa deutete mit einer Kopfbewegung auf die Fische, die in einem beleuchteten Aquarium ihrem traurigen Ende entgegensahen. »Karpfen auch.«
    »Glaub mir, Mama, ich esse wirklich genug. Manchmal esse ich sogar wie ein Scheunendrescher. Aber wenn ich zunehme, dann leider nie an den richtigen Stellen.«
    Ilsa beugte sich vor und berührte Fritzis Hand. »Vor kurzem hab’ ich etwas bei Field’s gesehen, was vielleicht ganz nützlich sein könnte. Bald ist Weihnachten.«
    Erfreut nahm Ilsa zur Kenntnis, daß Fritzi eine vollständige Mahlzeit bestellte: Beefsteak, Kartoffeln, grüne Bohnen. Ilsa entschied sich für Nudelsuppe und Karpfen. Dazu bestellte sie eine Flasche Liebfrauenmilch, einen süßen Weißwein. Sie hob das Glas und stieß mit Fritzi an. »Prosit!« Der Wein, der ihr samtig die Kehle hinunterrann, hüllte die blankliegenden Nerven in einen schützenden Kokon. Sie machte sich Sorgen um Fritzis Zukunft in einem Beruf, der nicht sicher und nicht einmal angesehen war. Im Gegensatz zu deutschen Eltern früherer Zeiten konnten Ilsa und ihr Mann Fritzis Leben nicht direkt beeinflussen oder gar bestimmen. Ihre mütterliche Sorge verleitete sie aber, es wieder einmal zu versuchen.
    Noch bevor sie etwas sagen konnte, fragte Fritzi: »Hast du von Vetter Paul gehört?«
    »Nein, nur von Julie. Du kennst ja Pauli, immer unterwegs mit seiner Kamera. Julie schreibt, daß sie sich der Organisation von Mrs. Pankhurst angeschlossen hat und mit anderen Frauen marschiert und demonstriert.« Ilsas Gesichtsausdruck verriet wenig Begeisterung für die militanten britischen Suffragetten. »Sie ist stolz darauf, eine >neue Frau< zu sein, wie sie sich nennen. Ich hoffe bloß, daß sie sich nicht in Schwierigkeiten bringt. Ich bewundere ihren Idealismus, aber sie täte gut daran, auch an ihren Mann und ihre Kinder zu denken.«
    »Julie ist eine liebenswerte, mutige Frau. Ich bin so froh, daß Paul so glücklich mit ihr ist. Ich mag ihn wirklich sehr.«
    Ein sehnsüchtiger Ausdruck huschte über Fritzis Gesicht. Nachdem Paul aus Berlin zu seinen Verwandten nach Chicago gekommen war, hatte die damals dreizehnjährige Fritzi ihrer Mutter gestanden, daß sie ihren Vetter später heiraten werde. Ilsa mußte ihr leider sagen, daß in ehrbaren Familien Cousins ersten Grades einander nicht heiraten durften.
    Fritzi verfiel in Schweigen. Ilsa strich erneut über Fritzis Hand. »Ich wünschte so sehr, daß es dir besser ginge.«
    »Aber, Mama, es geht mir gut.«
    »Nein, nein, mir kannst du nichts vormachen. Die Liebe zu deinem Vater hat dich nach Hause geführt, weil Papa krank war, und dann bist du geblieben. Aber ich weiß, daß du eigentlich hin und her gerissen bist. Der Laienspieltruppe bist du wahrscheinlich überdrüs si g.«
    »Um ehrlich zu sein, ja.«
    »Die Arbeit im sozialen Bereich ist auch nicht das Rechte für dich.«
    »Es war wirklich nett

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